Mannheim. Im Herbst und Winter verfallen Mannheims Skateboarder, Scooter, BMXler in den Dämmerschlaf – zwangsläufig, denn es gibt keinen Ort, wo sie ihrer Sportart nachgehen können, wenn es draußen kalt, nass, dunkel ist. Bislang zumindest. Nun aber soll womöglich eine Skatehalle gebaut werden, in der das ganze Jahr über trainiert werden kann.
Ein Geldgeber steht schon länger parat, was noch fehlt, ist ein geeignetes Grundstück. Dieses könnte jetzt gefunden worden sein – und zwar auf dem Gelände der ehemaligen Esso-Tankstelle an der Feudenheimer Straße. Die schloss im vergangenen Oktober zur Überraschung vieler, nachdem die Stadt den Pachtvertrag nach 50 Jahren nicht verlängert hatte.
Nun könnten also dort die Skater zum Zuge kommen. „Das Gelände steht zur Verfügung“, sagt die Kinderbeauftragte der Stadt Mannheim, Birgit Schreiber. Sie betreut unter anderem die Initiative SAM, „Skater aus Mannheim“, einem losen Zusammenschluss von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, um die Belange der Skater zu vertreten. Es gebe einen Investor, der stünde „hundertprozentig“ hinter dem Projekt; das Grundstück halte er für perfekt. Noch im Januar soll ein Vor-Ort-Termin mit ihm und der Verwaltung stattfinden, bis März soll es einen ersten Architekten-Entwurf geben, den Verwaltung und Gemeinderatsgremien auf Realisierbarkeit prüfen können. Die groben Rahmendaten liegen laut Schreiber bei einem Investitionsvolumen von zwei Millionen Euro, einer Grundfläche von 1500 Quadratmetern und einer Bauzeit von einem halben Jahr.
Ein Wunsch seit Jahrzehnten
„Waaaahnsinn, endlich“ – die Freude in der Szene ist riesig. „Es wäre toll, wenn die Stadt Mannheim das Projekt unterstützen und fördern würde“, sagt Sebastian Wiesner, Vorstandsmitglied beim BMCC, dem Barbarians Mountain Cyclings Club, einem Verein für Freestyle-Radsport, der sein Outdoor-Trainingsgelände am Hans-Reschke-Ufer hat. Toll für Mannheim, aber auch toll für Skateboarder, Scooter, BMXler aus anderen Städten. „Eine solche Halle wird als Anziehungsmagnet weit über die Rhein-Neckar-Region hinauswirken“, ist Wiesner, der zwei Söhne hat, überzeugt. „Wir warten seit 30 Jahren auf solch eine Möglichkeit, das ist eine unheimliche Erleichterung und wird helfen, den Sport, auch auf professionellem Niveau, weiterzuentwickeln“, sagt BMCC-Geschäftsführer René Börner und verweist darauf, dass sowohl Skateboard als auch BMX inzwischen olympische Disziplinen sind.
Vor allem privates Engagement und eine Zufallsbekanntschaft haben dazu geführt, dass die Skatehalle ihrer Verwirklichung nun ein Stück näher gekommen sein könnte. Der Mannheimer Georg Tzevelekos hat zwei Kinder, die Tochter fährt Rollerskates, der Sohn Stuntscooter. Sie haben zahlreiche Hallen in Deutschland und im nahen Ausland kennengelernt – und sich irgendwann gefragt: „Warum gibt es das eigentlich nicht hier?“ Eine Halle müsste her! „Erst dachte ich, ich baue selbst eine, dann habe ich angefangen, einen Investor zu suchen“, erzählt Tzevelekos. Und tatsächlich lernt er diesen notwendigen Geldgeber in der Freestyle Academy in Stuttgart kennen. Tzevelekos entwirft eine Power-Point-Präsentation und einen Finanzierungsplan, wird bei Bürgermeistern in der Region vorstellig, um ein Grundstück zu finden. Empfangen wird er immer. „Passiert ist dann aber nichts.“ Bis er bei der Eröffnung des neuen Taylor Parks im vergangenen Sommer auf der Vogelstang, in dem es auch einen Bereich für Skater und Scooter-Fahrer gibt, Birgit Schreiber kennenlernt.
Der Hebel, den sie finden, um das Thema auf die politische Tagesordnung zu befördern, ist der Beteiligungshaushalt. Für den stellt die Stadt ein Budget von 500 000 Euro zur Verfügung; Bürger können Ideen einreichen – und so bringt ein Mitglied von „Skater aus Mannheim“, Luca Buettner, eben den Vorschlag einer Halle ein. Wobei es lediglich darum geht, wie im Antrag für den Beteiligungshaushalt betont wird, dass die Verwaltung hilft, einen geeigneten Standort zu finden.
Nach dem zweistufigen Abstimmungsverfahren – alle Bürger waren eingeladen, über die 180 Vorschläge online abzustimmen – landet die Skatehalle am Ende auf dem zehnten Platz. Entsprechend dem Bedarf und der Rangliste wird das Geld vom Gemeinderat abschließend auf die Ideen verteilt. Im Falle der Skatehalle, die von privater Seite gebaut werden soll, habe sich der Fachbereich Sport und Freizeit, so berichtet es Schreiber, nach möglichen Plätzen umgesehen – und einen auf dem ehemaligen Tankstellengelände gefunden.
Workshop
- Am 1. Februar, 13 Uhr, findet im Jugendhaus Schönau ein Workshop statt. Ziel ist, vorab – bevor die Planungen beginnen – die Interessenslagen zu klären: Soll die neue Halle allein auf den Breitensport ausgerichtet sein? Soll es einen Mix von Breitensport und Spitzensport geben? Muss die Halle gegebenenfalls auf zwei Etagen – eine für Scooter und Skater, eine für BMXler – gebaut werden? Sollen noch andere Sportarten möglich sein?
- Eine der nächstgelegenen Indoor-Hallen befindet sich in Rutesheim bei Stuttgart, die Freestyle Academy. Diese bietet außerdem noch Trampoline, Kletterwand, Riesenrutsche.
- Mitte Oktober vergangenen Jahres stellt die Esso-Tankstelle an der Feudenheimer Straße ihren Betrieb ein (wir berichteten). Dass die Stadt den Pachtvertrag nach 50 Jahren nicht verlängert, überrascht viele und verärgert manche. Das Gelände gehört zum so genannten Grünzug Nordost, ein Freiraumbereich, der vom Luisenpark aus über den Sportpark, die Feudenheimer Au, das Spinelli-Areal bis hin zu den Vogelstangseen reichen soll. Ein Teil dieses Grünzugs, darunter die Feudenheimer Au, gehört zum Kerngebiet der Bundesgartenschau 2023 – und die dürfte wenig Interesse an Zapfsäulen ausgerechnet in ihrem Eingangsbereich haben.
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