5. bis 8. September

Vorfreude in Mannheim auf Tauzieh-WM, der ersten in Deutschland

Mannheim kommt vor Besteisterung kaum noch zum Luftholen. Nach der Handball-EM im Januar steht das nächste Highlight an. Es ist in Deutschland die einzige WM in diesem Jahr - und die erste überhaupt im Tauziehen

Von 
Steffen Mack
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U23-Nationalteam mit Lokalpolitikern und Funktionären. Auch Christian Specht (vor dem Wasserturm) und Ralf Eisenhauer (2. v. r.) legen sich ins Zeug. © Michael Ruffler

Mannheim. Schon die Begrüßung ist alles andere als alltäglich. „Liebe Tauzieherinnen, liebe Tauzieher“, sagt Moderator Ralf Walther vom Sportdezernat. Mit diesen Worten dürfte er noch nie eine Veranstaltung eröffnet haben. Wie sich zeigen wird, ist das nur eine von vielen tollen Premieren.

Laut Walther haben sie lange in den Annalen der Kunsthalle geforscht, ob hier jemals mit einer Pressekonferenz für ein Sportturnier geworben wurde. Ohne eindeutiges Ergebnis. Aber mit Sicherheit lasse sich sagen, dass dies die erste Weltmeisterschaft sei. Auch Oberbürgermeister Christian Specht schwärmt von „Mannheim als Premieren-Stadt“. Zum ersten Mal wird hier eine Tauzieh-WM von 5. bis 8. September in Deutschland ausgetragen.

Turnierort ist am Alsenweg das Seppl-Herberger-Stadion

Warum, kann Ralf Bräuninger, Vorsitzender des Deutschen Rasenkraftsport- und Tauzieh-Verbandes, plausibel erklären. Mittlerweile seien ihre Nationalteams international recht erfolgreich. Daher würden sie zunehmend gefragt, wieso sie nicht mal die WM organisierten: „Weltmeister wollt ihr werden, aber die Weltmeisterschaft wollt ihr nicht.“

Für Mannheim hätten sie sich primär aus praktischen Gründen entschieden, so der in Reilingen lebende Bräuninger. Zum einen wegen der zentralen Lage und der guten Verkehrsanbindung, wenn man vom Riedbahn-Umbau absehe (dafür erntet er Gelächter), zum anderen wegen der vielen Hotels. Erwartet werden aus 25 Nationen rund 1500 Aktive, Angehörige und Fans nicht eingerechnet. In der Schweiz ist Tauziehen Volkssport. Auch in den Niederlanden und Großbritannien etwa hat es große Tradition.

Noch ein wenig dynamischer: Tauzieh-Turnier bei der Buga. © Christian Gerards

Sie rechneten damit, ihr Turnier vor rund 10 000 Zuschauern auszutragen, sagt Corsin Wörner, Sportdirektor des Tauzieh-Verbands. Gewogen wird - ein wichtiger Teil der Wettbewerbe mit strengen Gewichtsklassen - in der Herbert-Lucy-Halle am Alsenweg, gezogen im Seppl-Herberger-Stadion.

Davon zeigte sich der SV Waldhof zuletzt weniger begeistert. Zwar bekommt er von der Stadt dann einen komplett neuen Rasen spendiert, weil der alte ruiniert sein wird. Doch können die U21 sowie im Aufstiegsfall die U17 ihr Stadion voraussichtlich zehn Wochen nicht nutzen. Darauf vom „MM“ angesprochen, sagt Fachbereitsleiter Uwe Kaliske eine geeignete Ausweichstätte zu. Außerdem müsse das Spielfeld am Alsenweg ohnehin saniert werden.

Dass das Seppl-Herberger-Stadion für ganz großen Sport taugt, weiß wiederum Specht. Dort habe der SVW 1989 sein letztes Bundesliga-Heimspiel gegen die Bayern 1:0 gewonnen. Für ihn, auf dem Waldhof aufgewachsen, eine besondere Freude. Aber auch zum Tauziehen trägt das Stadtoberhaupt ein interessantes lokalhistorisches Faktum vor, das er aus dem „Mannheimer General-Anzeiger“, Vorläufer des „MM“, zitiert: Vor genau 100 Jahren wurden hier die Deutschen Athletikmeisterschaften ausgetragen, zu denen Tauzieh-Wettkämpfe gehörten.

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„Wir waren schon immer unserer Zeit voraus in Mannheim“, lacht Specht. Doch hätten diesen Sport damals nur Männer ausgeübt, das sei ja zum Glück längst vorbei. Heute gebe es sogar Mix-Teams, das gefalle ihm besonders. Bräuninger beziffert den Anteil der Frauen beim Tauziehen mit 25 bis 50 Prozent.

Eine von ihnen ist Fabien Elias vom ASV Ladenburg, die in der Kunsthalle mit dabei ist. Sie gehört zur U23, der großen deutschen Titelhoffnung. Die hat sogar Branchenführer Schweiz schon geschlagen.

Die Kraft dieses Teams bekommen Specht und Sportbürgermeister Ralf Eisenhauer dann beim Fototermin zu spüren. Obwohl beide aus der Lokalpolitik im Tauziehen sehr erprobt sind und mit Bräuninger und Wörner verstärkt werden, zwei langjährig aktiven Sportlern.

Freundlicherweise tun Elias und vier Teamkameraden wenigstens ein bisschen so, als zögen sie tatsächlich am Tau. Aber die Bilder etwa vom internationalen Jugendturnier, das - auch als WM-Testlauf - während der Buga auf Spinelli stattfand, sehen schon anders aus.

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Die einzige Weltmeisterschaft dieses Jahr in Deutschland

Auch Specht merkt man an, dass er nicht mit allen Kräften ziehen muss. Denn mittendrin verkündet er ein weiteres historisches Faktum, dass ihm gerade noch rechtzeitig eingefallen ist: Mannheim sei ja auch eine Hochburg der Seilindustrie gewesen, habe von Neckarau aus die gesamte kaiserliche Marine versorgt. Der Oberbürgermeister stellt die Frage in den Raum, ob die beim Tauziehen verwendeten, 35 Meter langen und 32 bis 35 Millimeter dicken Seile womöglich zumindest Mannheimer Wurzeln haben. Doch darauf weiß niemand eine Antwort.

Bräuninger steuert dafür bei, dass sportartübergreifend in Deutschland 2024 nur diese eine Weltmeisterschaft sei. Und Specht erinnert an die Handball-EM im Januar sowie an die Eishockey-WM in zwei Jahren, Eisenhauer an die Faustball-WM im Vorjahr. Am Tauziehen gefällt dem Sportbürgermeister der niederschwellige Zugang, das könnten alle mal etwa auf der Neckarwiese oder im Unteren Luisenpark probieren. Mannheim, du Stadt der Premieren!

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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