Mannheim. Zum Tag der Deutschen Einheit zog der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Steffen Bilger, in der Citykirche Konkordien fünf Lehren aus der Zeit der Wiedervereinigung. Diese könnten heute einen Schub für Politik und Gesellschaft bringen. Zum Festakt anlässlich des Feiertags hatten die CDU-Kreisverbände und -Gemeinderatsfraktionen aus Mannheim und Ludwigshafen eingeladen.
„Welche Relevanz kann die Politik zur Gestaltung der deutschen Einheit für einen Politiker haben, der wie ich heute Verantwortung trägt?“, überschrieb der Ludwigsburger Bundestagsabgeordnete seine Thesen. Deutschland benötige zum ersten mehr Mut und Veränderungsbereitschaft. „Viele tiefgreifende Entscheidungen waren bei der Wiedervereinigung im Rekordtempo zu treffen“, sagte er. Die Teilung habe 40 Jahre bestanden und deshalb gerade den Menschen im Osten viel Veränderungsbereitschaft abverlangt. Wege, die zuvor üblich und erfolgreich waren, hätten abrupt geendet. Dafür hätten sich Chancen und Freiheiten ergeben.
Heute würden die Menschen den Veränderungsdruck spüren, etwa beim Sozialstaat. „Der Leistungsgedanke muss wieder in den Mittelpunkt rücken. Es geht konkret darum, Menschen, die nicht arbeiten, es aber könnten, so zu unterstützen, dass sie in Arbeit kommen.“ Dabei seien mitunter Druck und Sanktionen notwendig. Daher arbeite die Bundesregierung an einer neuen Grundsicherung: „Das müssen wir im ,Herbst der Reformen‘ schnell umsetzen. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit.“ Auch die Rente sei zu sichern.
CDU-Spitzenvertreter fordert in Mannheim Neubau von Straßen
Das zweite Thema sei das Tempo: „Wir müssen uns wieder mehr daran erinnern, was möglich war.“ Nach der Wiedervereinigung seien im Osten 2000 Kilometer Autobahn neu- und ausgebaut worden. Aktuell würden im Bundestag auch wegen des schuldenfinanzierten Investitionsprogramms für Verteidigung und Infrastruktur viele Debatten geführt. „Bei einer so hohen Summe muss sich auch der Neubau von Straßen und Schienen im Haushalt 2026 und 2027 wiederfinden“, forderte er.
Die soziale Marktwirtschaft – Punkt drei – habe zum Erfolg der Einheit beigetragen. Diese sei immer eine Verbindung von Marktwirtschaft und sozialem Ausgleich gewesen. „Sie hat sich als beste Wirtschaftsordnung bewährt“, sagte Bilger – auch wenn es zwischenzeitlich Probleme mit der Arbeitslosigkeit und dem Wirtschaftswachstum gegeben habe: „Die Erzählung, dass ein kalter Kapitalismus durch die Wiedervereinigung im Osten Deutschlands Einzug gehalten habe, ist falsch.“
Heute stehe das Land mit der Globalisierung und der Digitalisierung vor neuen Fragestellungen. „Die Antworten auf diese neuen Herausforderungen müssen zwingend auf den Grundsätzen der sozialen Marktwirtschaft fußen. Das heißt: Ja zum Eigentum, zur freien Preisbildung und zum Wettbewerb, aber auch zu Wettbewerbskontrollen.“
Dazu käme als vierter Punkt der „unbedingte Einsatz“ für das Grundgesetz und die freiheitlich-demokratische Grundordnung. In der DDR sei die Achtung der Menschenrechte vor allem ein Lippenbekenntnis gewesen. „Die Erfahrung der zweiten Diktatur auf deutschem Boden war für die Deutschen im Osten eine bittere. Lassen Sie uns daher mit Mut und Entschlossenheit denjenigen gegenübertreten, die die DDR verklären und etwas anderes behaupten.“ Heute hätten wir es mit neuen autoritären Kräften zu tun – im Umgang mit anderen Ländern, aber auch in Deutschland. Daher müssten die Menschen für die Werte des Grundgesetzes eintreten gegen die, die es bekämpfen – egal, ob von rechts oder links oder aus islamistischem Gedankengut heraus.
Auch wenn es mitunter mühsam sei, so sei eine internationale Zusammenarbeit (Punkt fünf) für die europäische Einigung von großer Bedeutung. Ohne sie hätte es die Einheit nicht gegeben. So stehe Helmut Kohl als Kanzler der Einheit wie kein anderer für die Freundschaft und Verständigung mit den Nachbarländern. „Wir wissen um die Herausforderungen offener Grenzen und die internationale Migration stellt unsere Gesellschaft vor gewaltige Aufgaben.“ Deutschland sollte dabei seine Interessen selbstbewusst artikulieren: „Unser Patriotismus ist ein weltoffener und zugewandter.“
CDU-Oberbürgermeister Specht: „Drohnenflüge über der BASF sind beunruhigend“
Der Mannheimer CDU-Vorsitzende, Christian Hötting, betonte, dass seine Partei, anders als andere, immer auf die Wiedervereinigung hingearbeitet habe. So hätte schon Bundeskanzler Konrad Adenauer die europäische Einigung vorangetrieben, ohne „die Vereinigung aus den Augen zu verlieren“. Kohl hätte 1989/90 die historische Chance gesehen und genutzt. Auch Hötting betonte die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts, etwa die digitale Transformation oder die Wahrung des gesellschaftlichen Friedens: „Dabei wird die CDU auch in Zukunft eine entscheidende Rolle spielen.“
Laut Mannheims Oberbürgermeister, Christian Specht (CDU), sei aktuell die Freiheit in Europa bedroht. „Das ist eine große Herausforderung.“ Die Schaffung einer europäischen Verteidigungsfähigkeit sei nicht gleichbedeutend mit einer Angriffsfähigkeit. Auch daher setze Mannheim auf den hiesigen Bundeswehr-Standort: „Die Drohnenflüge über der BASF sind extrem beunruhigend“, sagte er. Specht betonte, dass Deutschland wieder stark gemacht werden müsse, „damit wir im Wettbewerb nicht weiter zurückfallen“. Daher brauche es einen handlungsfähigen Staat.
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