Mannheim. Ein Blick ins Internet, ein Klick aufs Smartphone oder Tablet, und schon stehen grenzenlose Unterhaltung und Information zur Verfügung. Viele, vor allem junge Menschen, können sich gar nicht mehr vorstellen, dass das nicht immer so war. Dabei hat der Rundfunk diesen epochalen Wandel der Massenkommunikation erst vor hundert Jahren ausgelöst.
Im Oktober 2023 feiert das Radio seinen 100. Jahrestag. Aus diesem Anlass zeigt das Technoseum in Mannheim mit der großen Medienausstellung „Auf Empfang!“ die Mediengeschichte Deutschlands von den Anfängen der Funktechnik über den Aufstieg von Hörfunk und Fernsehen bis hin zu den Massenmedien und Social Media.
Mutter Beimers Bademantel und die ersten Morse-Signale
„Der Blick zurück kann helfen, die Gegenwart zu verstehen“, sagte Jens Bortloff, Vize-Direktor des Technoseums, auch mit Blick auf die Debatte um Tesla-Chef Elon Musk und dessen Kauf der Nachrichtenplattform Twitter. „Wer bei der aktuellen Diskussion eine fundierte Meinung haben will, ist gut beraten, diese Ausstellung anzuschauen“, macht Bortloff Werbung für die Schau.
Erstmals werden zwei große Sammlerbestände gezeigt, die das Technoseum vom SWR und vom Deutschen Rundfunkarchiv in Berlin übernommen hat, berichtet die Kuratorin, Anke Keller. Die Ausstellung kombiniert technische Innovationen in der Rundfunkgeschichte, Berufsbilder im Medienbereich und die sich ändernden Nutzergewohnheiten. Mehr als 300 teilweise alte, kuriose und kultige Objekte sind in der Ausstellung zu sehen, beispielsweise ein Knallfunkensender zur Übertragung von Morse-Signalen von 1989, die Bildregie des Rhein-Neckar-Fernsehens aus den 1990er-Jahren, der rosa Bademantel von Helga Beimer aus der ARD-Fernsehserie „Lindenstraße“ und ein Trautonium aus dem Jahr 1932, dessen Töne ohne Nutzung eines Mikrofons in den Rundfunk eingespeist werden konnten.
Welche Melodie gehört zu welcher TV-Serie?
Im Black Cube des Technoseums werden auf einer zeithistorischen Skala in den Farben eines Frequenzbands Sender und Empfänger zusammengebracht, wie Jens Imig vom Berliner Gestaltungsbüro Gewerkdesign erläutert. Technikgeschichte und historische Nutzerperspektive würden lebensnah und informativ in Szene gesetzt, erklärt der Gestalter weiter. Entsprechend den Epochen seien die Erzählstränge kabinettartig inszeniert und in fünf Zeiträume unterteilt.
Die Ausstellung
- Die Ausstellungsfläche ist 900 Quadratmeter groß.
- Mehr als 300 Objekte werden im Black Cube gezeigt.
- Das Budget für die gesamte Laufzeit bis November 2023 beträgt 1,4 Millionen Euro, die Fördersumme des Landes liegt bei 210 000 Euro.
- Der Knallfunkensender zur Übertragung von Morse- Signalen aus dem Jahr 1898 ist das älteste Objekt.
- Die Bildregie des Rhein-Neckar-Fernsehens (RNF) ist das größte Objekt.
- Kultig: der rosafarbene Bademantel von Helga Beimer aus der Fernsehserie „Lindenstraße“ aus den 1980er Jahren.
- Kurios: das Trautonium aus dem Jahr 1932, ein Vorläufer der heutigen Synthesizer, dessen Töne ohne Mikrofon in den Rundfunk eingespeist werden konnten. vg
An den Mitmach-Stationen können die Besucher dann die Intro-Melodien berühmter Fernsehserien erraten, Filmsequenzen vertonen, vor dem Greenscreen einmal selbst Fernseh-Moderator spielen und legendäre TV-Helden wie etwa die Maus aus der „Sendung mit der Maus“, Käpt’n Blaubär und Hein Blöd sowie das Sandmännchen wiedersehen.
Die Sesamstraße beim Kneipen-Quiz
Im interaktiven Bereich „Medienkompetenz“ lässt sich mit einem Faktencheck-Spiel erleben, wie man Nachrichten auf ihren Wahrheitsgehalt hin überprüft, herausfinden, wie Such-Algorithmen und Filterblasen entstehen und welchen Inhalten man im Internet vertrauen kann. Kinder können bei einem Escape-Spiel mit fünf Stationen mitmachen und sich dabei wichtige Medienkompetenz erwerben.
Die Landesausstellung wird während des Jubiläumsjahrs von einem umfangreichen Rahmenprogramm begleitet. Sascha Vogel erklärt bei der Show „Physik in Hollywood“, was Spiderman mit Physik zu tun hat. Welche Rollenbilder in den Massenmedien transportiert werden, kann im Vortrag und Talk „Junge schlanke Frauen & männliche Experten“ gehört und diskutiert werden.
Ernie, Bert und die Sesamstraße geben sich ein Stelldichein bei einem Puppenspiel und anschließendem Talk, und bei einem Live-Hörspiel versetzt die Theatergruppe Mienenspiel ihre Zuhörer nach New York, wo Orson Welles mit „Krieg der Welten“ im Jahr 1938 Radiogeschichte schrieb. Bei einem Kneipen-Quiz im Zeichen der Rundfunkgeschichte können Besucher in der Arbeiterkneipe des Technoseums ihr Wissen testen.
Öffentliche Führungen im Technoseum werden ohne Aufpreis immer sonntags und an Feiertagen angeboten, wahlweise auch in einfacher Sprache oder kindgerecht und speziell für Familien.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/leben/erleben_artikel,-erleben-rosa-bademantel-als-youtube-star-ausstellung-zu-massenmedien-im-technoseum-_arid,2017197.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.technoseum.de/
[2] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-sonderausstellung-ueber-die-geschichte-von-radio-und-tv-im-technoseum-_arid,2005953.html