Geschichte - Oberbürgermeister Otto Beck wollte vor 125 Jahren die breite Bevölkerung mit Lesestoff versorgen und allen Mannheimern Bildung ermöglichen

Vom exklusiven Lesezimmer zur Stadtbibliothek

Von 
Eva Baumgartner
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Im Jahr 1961 stehen Kinder am Bücherbus Schlange. © Marchivum

„Auch den breiten Volksschichten müssen Schätze der Wissenschaft, Dichtung, Musik in populärer Form zugänglich gemacht werden“, fand Otto Beck. Der damalige Oberbürgermeister setzte sich seit 1891 für eine Bibliothek ein, die allen Mannheimern Bildung ermöglichen sollte.

Zwar gab es schon 1869 im Schloss eine Bücherei. Allerdings als exklusive Einrichtung: Das Lesezimmer konnte zwar jeder besuchen, Bücher ausleihen durften jedoch nur Mitglieder des Bibliotheksvereins, zu dem fast alle angesehenen Familien gehörten – sie zahlten 2000 Mark Jahresbeitrag. Als die Mannheimer Volksbibliothek am 13. Oktober 1895 gegründet wurde, sollte Geld keine Hürde mehr sein, um Bücher zu lesen. Die Schlossbücherei gab es da noch immer, sie wurde später städtische wissenschaftliche Bibliothek und ist heute Universitätsbibliothek. Das erste Zuhause der heutigen Stadtbibliothek waren von 1895 bis 1926 zwei Turmzimmer eines Schulhauses in R 2. Damals noch unter der Trägerschaft eines Vereins mit Zuschüssen der Stadt. 1916 zog die Einrichtung in den Herschelbad-Neubau um. Im Jahr 1922 löste sich der Verein wegen finanzieller Probleme auf – die Stadt übernahm.

Zahlreiche Namensänderungen

1927 wurde die Volksbibliothek in „Städtische Bücher- und Lesehalle“ umbenannt, ab 1939 hieß sie „Städtische Volksbücherei“. Während des Nationalsozialismus wurden Bücher von jüdischen oder „marxistisch geprägten“ Autoren entfernt. Insgesamt 38 000 Bände gingen durch Zerstörungen verloren. Nach 1945 erhielt die Bücherei wegen der Zusammenlegung mit der zuvor selbstständigen Musikbücherei den Namen „Volks- und Musikbücherei“. Der Bestand musste völlig erneuert werden – mit großer Hilfe des Amerika-Hauses, das Mannheim später sein gesamtes Inventar schenkte. 1961 zog die Zentrale ins wieder aufgebaute Dalberghaus in N 3, 4. 1969 beschloss der Gemeinderat erneute Namensänderungen in „Stadtbücherei Mannheim“. Der Umzug der Zentrale ins Stadthaus erfolgte 1991.

Die Zweigstellen entstanden Stück für Stück – bereits 1906 die Bernhard-Kahn-Lesehalle in der Neckarstadt, die zwei Kinder-Lesezimmer hatte. Die musikalische Volksbibliothek eröffnete 1914 in L 2, 9. Mit dem Lameyhaus in R 7, 46 entstand 1929 die erste Jugendbücherei. Damals schrieb ein Journalist: „Welch schöne Welt tat sich hier dem Kinde auf und wie rauh ist doch die Wirklichkeit bei ihm.“

1956 eröffnete die Zweigstelle Sandhofen, 1959 folgten Rheinau (1983 Neueröffnung in der Konrad-Duden-Schule) und Käfertal. Schönau startete 1961. Die Filiale Neckarau öffnete 1962, die Außenstelle am Herzogenriedpark 1965 (1975 Umzug an die IGMH) und Friedrichsfeld 1970. Auf der Vogelstang ging es 1974 los, in Seckenheim 1977 und in der Feudenheimschule – zunächst provisorisch – 1978.

Mit dem Bücherbus sorgte Mannheim 1951 für Aufsehen: als erste fahrbare Bücherei in Baden-Württemberg und erste mobile Jugendbücherei der Bundesrepublik.

Redaktion Eva Baumgartner gehört zur Lokalredaktion Mannheim.

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