Vorne in der Aula steht ein kleiner Tisch. Auf der blauen Decke: Vier Kerzen und zwei Bilder. Sie zeigen das Geschwisterpaar Rosa und Dora Grünbaum, die Gründerinnen des Fröbel-Seminars. In den Ausbildungsräumen wird im Rahmen der Woche der Brüderlichkeit eine neue Gedenktafel zur ihren Ehren der Öffentlichkeit präsentiert.
"Am 22. Oktober 1940 wurden die meisten Mannheimer Juden festgenommen und mit Zügen ins südfranzösische Gurs gebracht. Zum Gedenken an alle Opfer des Nationalsozialismus entzünden wir diese Kerze", sagt Fabienne Seitz, Schülerin des Berufskollegs für Sozialpädagogik, und der Docht der ersten Kerze brennt.
An diesem Herbsttag vor 76 Jahren wurden auch Rosa und Victoria, genannt Dora, Grünbaum deportiert. Auch sie waren Juden. "Die Schwestern sind Teil einer langen Tradition von jüdischen und christlichen Frauen, die sich für die Kindererziehung und Frauenbildung einsetzen", erklärt Schoschana Maitek-Drzevitzky, Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Mannheim.
Das Geschwisterpaar eröffnete 1899 ihren ersten Kindergarten in den Räumen der jüdischen Klausstiftung in F 1. Nach einigen weiteren Kindergartengründungen, erkannten sie die Notwendigkeit einer Ausbildungsstätte für Erzieherinnen und errichteten eine solche. Weil dort nach dem Konzept von Friedrich Fröbel unterrichtet wurde, entstand 1920 mit Unterstützung der Stadt das "Fröbel-Seminar".
"Damit tat sich die Stadt Mannheim als Vorreiter in sozialen Projekten hervor. Mit der Gedenktafel verorten wir die Geschichte der zwei Schwestern," erläutert Ulrich Nies vom Stadtarchiv.
"Dora Grünbaum verstarb kurze Zeit nach der Ankunft in Gurs. Rosa wurde nach Auschwitz gebracht und dort ermordet", sagt die Schülerin Margarethe Schell und zündet die zweite Kerze an. Die Geschichte der zwei Schwestern sei ein fester Bestandteil des Religionsunterrichts und werde mit einem Schweigemarsch zu den Stolpersteinen oben am Weg verbunden, erklärt Schülerin Nicola Fuchs.
Die dritte Kerze ist zwei Unterstützern der Grünbaum-Schwestern gewidmet: Den Kinderärzten Julius Moses und Eugen Neter. "Beide waren Lehrer des Fröbel-Seminars", sagt Schülerin Sabrina Scholl und die nächste Kerze erleuchtet.
"Wir dürfen vor Rassismus nicht wegschauen. Die vierte Kerze steht daher für Zivilcourage und gegenseitigem Respekt", erklären die Schülerinnen Franziska Straßer und Lena Eckert. So entbrennt die letzte Kerze in der Aula des Fröbel-Seminars.
Rosa und Dora Grünbaum
Die Schwestern wurden in Karlsruhe geboren. Die ältere Dora im Jahr 1979. Rosa im Jahre 1881.
Im Jahr 1927 wurde das Gebäude des Fröbel-Seminars in der Rennerhofstraße gebaut, das bis heute genutzt wird.
Die Ausbildungsstätte bot damals Frauen zum ersten Mal die Möglichkeit einer berufsschulischen Ausbildung, trug so zur Emanzipation bei.
Trotz der Gefahr und ihrer Entlassung 1933 blieben sie in Mannheim und führten ihre Arbeit in der jüdischen Gemeinde fort. ege
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