Mannheim. Es ist ein ulkiger Zufall. Ausgerechnet dort, wo zehn Monate lang mehr als 150 000 Menschen gegen das Coronavirus immunisiert wurden, zeigt sich nun voraussichtlich als Erstes in Mannheim eine daraus resultierende neue Freiheit: In der Maimarkthalle kann am letzten Oktober-Wochenende wieder das Techno-Festival Time Warp stattfinden, sogar komplett ohne Masken. Denn es dürfen nur Geimpfte und Genesene hinein. Diese neue 2G-Option – das bestätigt Sozialministeriumssprecher Florian Mader dem „MM“ – steht allen Einrichtungen und Lebensbereichen offen, also auch Handel, Gastronomie und körpernahen Dienstleistungen bis hin zu Prostitutionsstätten.
Besonders attraktiv dürfte das Modell für Kultur und Sport sein, weil es auch eine volle Auslastung der Kapazitäten erlaubt. Beispielsweise der SV Waldhof könnte mit 2G sein Pokalspiel gegen den Erstligisten Union Berlin am 27. Oktober vor mehr 24 000 Zuschauern austragen (sofern die an einem Mittwoch um 18 Uhr überhaupt alle kämen). Bisher dürfen nur halb so viele ins Carl-Benz-Stadion. Geschäftsführer Markus Kompp sagt auf Anfrage, man wolle die neue Option nun im Verein und mit Fanvertretern besprechen. Ähnliches ist von den Mannheimer Adlern zu hören.
Spicker-Kinos bleiben bei 3G
Auch im Nationaltheater gibt es da noch keine klare Haltung. Wie Pressereferentin Doreen Röder auf Anfrage mitteilt, befindet man sich derzeit in Abstimmung mit dem Rechtsträger. Sie rechnet Anfang nächster Woche mit Ergebnissen. Festgelegt haben sich bereits die Spickert-Filmtheaterbetriebe: „Wir bleiben bei 3G“, sagt Geschäftsführer Frank Noreiks. In Cinemaxx und Cineplex könnten Besucher auch weiter mit negativen Schnelltests rein, da habe man gute Erfahrungen gemacht.
Swen Rubel vom Einzelhandelsverband rechnet damit, dass auch viele Geschäfte ihre Kunden „nicht vor den Kopf stoßen“ wollen. Zumal Zugangskontrollen aufwendig seien. Am ehesten kann er sich 2G noch in Kleidungsgeschäften vorstellen, wo das Stöbern und Anprobieren mit Maske oft als lästig empfunden wird.
IHK-PräsidentManfred Schnabel sieht den mit dem neuen Modell verbundenen Aufwand ebenfalls kritisch. Als Schritt zurück zur Normalität sei es zwar zu begrüßen. Doch dürfe das legitime Bestreben der Landesregierung, mit indirektem Druck die Impfquote zu erhöhen, nicht zu Lasten von Betrieben gehen. Außer Geimpften und Ungeimpften sind bei 2G nur wenige Ausnahmen zugelassen, etwa Minderjährige, Schwangere und Menschen, die aus medizinischen Gründen nicht geimpft werden können.
Das Land rechnet laut Mader nicht damit, dass im Bereich der Grundversorgung „in nennenswertem Umfang“ von 2G Gebrauch gemacht wird. Obwohl das Modell grundsätzlich auch Lebensmittelgeschäften offen stehe, hätten die Handelsverbände bereits signalisiert, dass die Umsetzung von umfassenden Kontrollpflichten für die Einzelhändler nicht praktikabel sei.
Dehoga rechnet nur mit wenigen 2G-Betrieben
In der Gastronomie sind zwar im Innenbereich bereits Zugangskontrollen vorgeschrieben. Aber erstens wird das häufig sehr lax gehandhabt. Zweitens darf man die Masken ja auch heute schon an den Tischen absetzen. Da auch Wirte niemanden verprellen wollen, rechnet Daniel Ohl vom Branchenverband Dehoga damit, dass nur wenige Betriebe auf 2G umstellen werden.
Ähnliches vermutet Salvatore Jaci, der Obermeister der Mannheimer Friseurinnung. Wenn Kunden das zusätzliche Geld für einen Schnelltest ausgeben wollten, „warum sollten wir sie dann nicht hineinlassen“?
Ein weiteres Problem bei 2G ist nun immerhin abgewendet: Eigentlich müssen laut der Corona-Verordnung sogar geimpfte Beschäftigte noch Masken tragen. Erst am Freitagabend haben sich der Landesdatenschutzbeauftragte und das Sozialministerium darauf geeinigt, diesen Punkt noch zu korrigieren.
Neu ist für ungeimpfte Beschäftigte wie für Selbstständige mit Kundenkontakt, sich zweimal die Woche testenlassen zu müssen. Arbeitgeber waren bisher schon verpflichtet, ihren Angestellten entsprechende Möglichkeiten bereitzustellen. Nun haben ihre Mitarbeiter diese auch anzunehmen beziehungsweise sich anderweitig einen Schnelltest zu besorgen. Kontrollieren muss das aber nicht der Arbeitgeber, sondern das Gesundheitsamt. (mit dms)
Erneut ein Todesopfer
Zum zweiten Mal in dieser Woche ist in Mannheim wieder ein Todesfall in Zusammenhang mit Corona gemeldet worden. Eine über 60-Jährige starb in einem Krankenhaus.
Mit 51 neuen Fällen am Freitag steigt die Inzidenz auf 97,2.
Neben den bereits angekündigten Aktionen weist die Stadt auf ein zusätzliches Impfangebot am Montag und Dienstag hin. Dann steht jeweils von 12 bis 18 Uhr im Stadthaus ein mobiles Impfteam im Sitzungssaal (1. Obergeschoss) bereit.
Geimpft wird mit Biontech, eine Anmeldung ist nicht erforderlich.
Übersicht aller Angebote unter: www.mannheim.de/impfaktionen.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-viel-zurueckhaltung-bei-neuem-2g-modell-_arid,1866040.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/vereine_verein,_vereinid,12.html
[3] https://www.mannheimer-morgen.dehttps://www.mannheimer-morgen.de/vereine_verein,_vereinid,12.html