Innenstadt

Stresstest für die Mannheimer Innenstadt

Von 
Martin Geiger und Christian Schall
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Die Schranke in der Freßgasse steht schon länger – ab 11. März soll sie nicht nur an den Wochenenden, sondern vorerst dauerhaft geschlossen bleiben. © Thomas Tröster

Mannheim. Jetzt wird es also ernst: In fünf Wochen, genauer gesagt am Freitag, 11. März, schließt sich in der Freßgasse die Schranke – damit beginnt der heiß diskutierte Verkehrsversuch richtig. Der Überblick.

Das Ziel

Weniger Verkehr, weniger Lärm, weniger Abgase – dafür mehr Platz zum Flanieren, Verweilen, also eine attraktivere Innenstadt: Darum geht es bei dem Versuch, den der Gemeinderat im Herbst 2020 beschlossen hatte. Eigentlich sollte er schon früher beginnen, doch durch die kurzfristige Sperrung des Fahrlachtunnels ist er verschoben worden.

Die Maßnahmen

Hauptsächlich geht es darum, den Durchgangsverkehr aus der City zu verbannen – und zu testen, ob der Ring die zusätzliche Belastung verkraften kann. Darum wird neben der bereits erfolgten Umwandlung von Kurzzeitparkplätzen die Freßgasse wird zwischen P 1/Q 1 und E 1/F 1 zur Fußgängerzone – so dass Autos die Breite Straße hier nicht mehr queren können. Zudem wird die Marktstraße zwischen E 1 und E 2 zur Fahrradstraße: Autos dürfen hier nicht mehr Richtung Schloss weiterfahren. Um das Überqueren der Breiten Straße auch südlich des Paradeplatzes zu unterbinden, wird in der Kunststraße die Durchfahrt Richtung Wasserturm verhindert.

Der Zeitplan

Das alles soll in Abschnitten geschehen: Ab Anfang März will die Stadt die Autofahrer mit Umleitungsschildern informieren. Am 11. März wird die Schranke in der Freßgasse geschlossen. Die Umwidmung der Marktstraße soll Ende März/Anfang April erfolgen. Danach ist die Kunststraße dran, die Anfang Mai fertig sein soll. Dauern soll der Versuch ein Jahr – bis zur Bundesgartenschau.

Das Begleitprogramm

Am Eröffnungswochenende soll es auf der neuen 140 Meter langen Fußgängerzone in der Freßgasse Aktionen geben. Je nach Corona-Lage sind musikalische Vorführungen und ein Kinderprogramm geplant. In den folgenden zwölf Monaten sind weitere Events vorgesehen.

Die Auswertung

Der Versuch wird gutachterlich begleitet und evaluiert: Der Ist-Zustand ist im Juli analysiert worden. In regelmäßigen Runden soll mit Handel und Gewerbe die Entwicklung bewertet werden. Lutz Pauels, Vorsitzender der Werbegemeinschaft City, bemängelt, dass dem Handel das Konzept noch nicht vorliegt: „Es ist noch nicht alles geklärt. Es gibt eine Reihe von Punkten, die unterschiedlich gesehen werden.“

Der Handel

Viele Anlieger der Kunststraße und Freßgasse haben sich bereits über den Wegfall der Kurzzeitparkplätze beschwert. In einer Erklärung betonen nun Industrie- und Handelskammer (IHK) Rhein-Neckar, Handelsverband Nordbaden und Werbegemeinschaft, dass der Verkehrsversuch „mit Blick auf die Corona-geschädigte innerstädtische Wirtschaft mit größtmöglicher Vorsicht durchgeführt werden sollte“. Man verfolge das Ziel einer attraktiven Innenstadt, doch weitere Einschränkungen für Unternehmen müssten verhindert werden. „Sollten wirtschaftliche Schäden erkennbar sein, ist der Versuch sofort abzubrechen.“

Seine Forderungen

Die Verbände fordern: „Wirtschaft muss auch in der Innenstadt funktionieren“, „Verkehre im Sinne aller besser steuern“, „Risiken aktiv managen – Verkehrsfluss kontinuierlich im Blick behalten“, „Mit attraktiver Gestaltung Kunden anziehen“ und „Begleitgremium einrichten“. Viele Unternehmen seien beim Verkehrsversuch skeptisch, sagt IHK-Präsident Manfred Schnabel: „Sie fragen sich nicht nur, ob die Wirtschaft in der Stadt langfristig gehalten werden kann, sondern auch, ob die Stadt selbst künftig noch sinnvoll bewirtschaftet werden kann: Wie werden Bewohner mit Waren und Dienstleistungen versorgt, wie attraktiv ist die Stadt für Kunden und Arbeitnehmer von auswärts?“ Viele der gut gemeinten Maßnahmen seien geeignet, die Wirtschaft zu beschädigen.

Die Politik

Ursprünglich hatte sich im Gemeinderat eine breite Mehrheit für den Versuch ausgesprochen. Doch im Zuge der Pandemie, weiterer Baustellen und der Sperrung des Fahrlachtunnels entstand eine Diskussion, wann der geeignete Zeitpunkt dafür ist. Jetzt nicht – finden die Fraktionen von FDP/MfM und Freien Wähler – ML, wie sie kürzlich mitteilten. Die Grünen dagegen begrüßen den Start. Die Stadtverwaltung erklärt: Die Verkehrszählungen zeigten, „dass durch die Fahrlachtunnelsperrung keine zusätzliche Verkehrsbelastung der Innenstadt eingetreten ist“. Daher könne man auch vor dessen Wiedereröffnung starten.

© MM Grafik

Redaktion Reporter für das Ressort "Mannheim".

Redaktion Redakteur in der Wirtschaftsredaktion

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