Erst Hilferufe aus dem Nachbarhaus, dann eine wilde Verfolgungsjagd - und zum Schluss ein Schusswechsel: Die Polizei hat in einem Maisfeld in Sandhofen, in der Nähe des Wilhelmswörthweihers, einen Mann ins Bein geschossen. Der Verletzte steht im Verdacht, in ein Wohnhaus in der Untergasse eingebrochen zu sein und die Bewohner mit einer Waffe bedroht zu haben. Der mutmaßliche Täter wurde in ein Krankenhaus gebracht. Gegen 12 Uhr hatten mehrere Bewohner der Untergasse die Polizei verständigt, nachdem sie Hilferufe aus dem Haus eines Nachbars gehört hatten.
Nachbarn helfen
"Ich habe es zur Mittagszeit laut knallen gehört", berichtet Nachbarin Hedwig Bartmann. Bald darauf sei der Polizeihubschrauber gekommen und habe "diesen Kerl verfolgt". "Ich kann mir immer noch nicht vorstellen, dass so etwas bei uns passiert ist", sagt sie und zeigt von ihrem Fenster aus auf das Haus schräg gegenüber, in dem sich der Vorfall ereignet hat.
Zwei Stunden später sind die Bewohner der Sandhofener Untergasse immer noch geschockt. Mehrere Polizeiautos säumen die schmale Straße, ein Ermittlungsteam spricht mit den Betroffenen, in Grüppchen stehen oder sitzen die Nachbarn zusammen und sind fassungslos. So auch im Hof von Jens G.. Der 42-Jährige kennt die betroffene Nachbarsfamilie sehr gut, war mit ihr schon in Urlaub.
Erst kürzlich ist G. aus Hamm in sein Sandhofener Elternhaus zurückgezogen. Jetzt hat er zusammen mit dem betroffenen Familienvater noch vor Ankunft der Polizei "den Typen verfolgt", wie er sagt. "Ich war im Garten und habe meinen Nachbarn drüben im Haus laut schreien gehört: 'Hilfe, Hilfe - ich werde überfallen'", erzählt er. "Plötzlich habe ich im Garten einen Fremden gesehen, der weggerannt ist, und mein Nachbar hinterher." Er habe nur kurz gezögert und sei dann barfuß dem Unbekannten hinterhergelaufen - erst durch die Gärten, dann weiter ins Feld. "Ich bin zu einem Mann auf den Roller gesprungen, mein Nachbar hat sich das Fahrrad eines Spaziergängers geschnappt", so G..
Im Wohnzimmer bedroht
Dabei habe der Täter dreimal auf die beiden geschossen - getroffen wurde niemand. Die Verfolgungsjagd habe schließlich geendet, als der Täter in ein Maisfeld nahe des Wilhelmswörthweihers geflüchtet sei. "Dann war sofort die Polizei da und hat übernommen", sagt G., der vor einiger Zeit im Sicherheitsdienst gearbeitet hat. "Ich habe so schnell reagiert, weil mir die Situation nicht fremd war." Nach Angaben mehrerer Anwohner sei der Täter am helllichten Tag über die Gärten umliegender Grundstücke ins Wohnhaus eingebrochen und habe das betroffene Ehepaar im Wohnzimmer mit einer Waffe bedroht.
"In meinem Garten ist der Zaun durchgeschnitten, die Spuren sind noch sichtbar", sagt Haynalka Orend. G. erzählt außerdem von einem weinroten Wagen, der dem flüchtenden Mann am Rhein entlang in Schritttempo entgegengefahren sein soll. "Ich denke, der Kerl hat das Maisfeld anstatt das Auto gewählt, weil wir ihm auf den Fersen waren und das zu auffällig war", mutmaßt er.
Nach Angaben von Polizei und Staatsanwaltschaft seien diverse Streifenwagen im Einsatz gewesen, der mutmaßliche Täter habe bei seiner Flucht mehrere Schüsse auf die Beamten abgegeben, diese hätten das Feuer erwidert. Nähere Einzelheiten wurden - "aus ermittlungstaktischen Gründen" - zunächst nicht bekannt.
Die Untergasse bleibt derweil im Schockzustand. Für die nächsten Wochen lautet das Motto unter den Nachbarn dort: Jeder ist für jeden da.
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