Secondhand-Laden - Oxfam-Shop sucht ehrenamtliche Helfer / „Individuell, günstig und nachhaltig einkaufen“ ist der Trend

Überflüssiges wieder flüssig machen

Von 
Beate Stumpf
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Oxfam betreibt in Deutschland 54 Secondhandläden – den in der Mannheimer Kunststraße gibt es seit 2014. © Beate Stumpf

Dieser Second-Hand-Laden hat einen besonderen Auftrag. Hier schlummert nicht selten mal Kurioses in Spendenkisten, hier bekommt nur einwandfreie Ware die Chance auf einen zweiten Frühling. Doch hinter den Oxfam-Läden steht eben auch eine politische Idee: die Welt ein Stück gerechter zu machen. Es sind nur ehrenamtliche Teams, die die Läden am Laufen halten.

Mannheim, Kunststraße, es ist kurz vor 10 Uhr: Martin Bünder und Inka Dreyer öffnen die Tür, draußen warten schon Menschen. Das muffige Öko-Image, das Secondhand lange umwehte, ist längst gewichen: Individuell, günstig und nachhaltig einkaufen, das ist der Trend, und für immer mehr Menschen ist Preisgünstiges für Kleiderschrank oder Haushalt auch notwendig.

Das beweisen auch die Mannheimer Kunden. Einige kommen regelmäßig und haben volle Taschen mit Spenden dabei, andere kommen zum ersten Mal mit leeren Rucksäcken. „Ich habe doch viel übrig, was ich nicht mehr brauche“, sagt eine Frau. Die Studentin hinter ihr linst schon mal in die Tasche mit dem roten Kleid und den bunten Schals, die Inka Dreyer entgegennimmt. Ein Mann kramt Mozart- und Beethoven-Alben aus Vinyl aus einem tiefen Korb. Martin Bünder freut sich. „Das geht gut wieder weg, danke!“ Alles ist wohl sortiert im Oxfam-Shop und ins rechte Licht gesetzt, kein Gedränge, keine übervollen Kleiderständer, alles mit Preisschildchen versehen. Gehandelt wird nicht.

Gegen soziale Ungleichheiten

In Regalen und an den Wänden informieren Flyer und Plakate über die politische Arbeit von Oxfam. Zum Beispiel über Projekte in Brasilien gegen soziale Ungleichheiten, über Brunnenbohrungen in Afrika oder eben auch globalen Klimaschutz. Ehrenamt als Engagement für eine gute Sache: „Ich habe mich bewusst für die Mitarbeit bei Oxfam entschieden“, erzählt der 66-jährige Rentner und ehemalige IT-Fachmann Martin Bünder. „Es ist eine absolut sinnvolle Beschäftigung. Politisch und sozial.“ Einen besonderen Blick hat er für Bücherspenden, da kennt er sich inzwischen – auch nach Mitarbeiterschulungen von Oxfam-Deutschland – richtig gut aus. „Erfahrung baut sich auf.“

Inka Dreyer (73) ist als ehemalige Spenderin seit drei Jahren auch als Helferin dabei. „Mitmachen im Oxfam-Team ist etwas anders als bei anderen. Da steckt eine Idee dahinter, die ich gut finde.“ Heute ist sie zuständig für die Sparte „Dies&Das“, worunter Nippes fällt, aber auch Kurioses und Wertvolles. Eine Designerpuppe steht da rum, ein altes Kinderbuch aus dem Jahr 1906 oder ein kleiner Elefant aus einer ungarischen Porzellanmanufaktur. „Es ist schier unglaublich, was ich hier schon alles in den Händen hatte.“ Vor wenigen Jahren fand sie in einer Spendenkiste ein seltsames Gefäß, das man nicht zuordnen konnte und das im Regal zunächst vor sich hinstaubte. „Sah aus wie aus frisch gebranntem Ton.“ Nach Recherchen stellte sich heraus, dass es ein altägyptisches Beigabengefäß war, rund 5000 Jahre alt. Es wurde der Renner der Ägypten-Ausstellung in den Reiss-Engelhorn-Museen. „Wir hatten die Museumsleute vorab angefragt, ob sie sich das Teil mal anschauen wollten. Die sind fast vom Stuhl gefallen und mit weißen Handschuhen angerückt, um die Kostbarkeit in ein edles Umfeld zu bringen. Ist schließlich ein Kulturgut“, erzählt Inka Dreyer.

In einem Bierseidel mit Deckel entdeckten die findigen Oxfam-Helfer auch schon mal kleine Goldbarren. „Das kam aus einer Haushaltsauflösung. Wir konnten die Spender ermitteln und haben sie zurückgegeben. Mann, haben die sich gefreut!“ Aber auch für Unverkäufliches findet man im Shop eine sinnvolle Weiterverwertung: Alle drei Wochen wird das Ladensortiment ausgetauscht, nicht verkaufte, gut erhaltene Dinge gehen an andere Oxfam-Läden oder Projekte.

Lohn: „Wertschätzung im Team“

„Ein Teil der überschüssigen Kleidung wird auch an Textilrecycling-Firmen verkauft“, erklärt Catja Schulze. Die 54-Jährige arbeitet in einer Werbeagentur und ist ehrenamtlich seit sechs Jahren schon die Shop-Leiterin in der Kunststraße. Bei ihr laufen die Fäden zusammen, sie ist das Organisationstalent. Über 60 Ehrenamtliche halfen ihr vor Corona-Zeiten dabei, heute sind es weniger. „Wir suchen dringend Helferinnen und Helfer“, betont sie. Versprochen wird keine Entlohnung in bar, aber „viel Wertschätzung in einem super Team und eine abwechslungsreiche Tätigkeit für eine gute und wichtige Sache“.

Ziel: Verbesserung der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen

  • Oxfam ist eine internationale Nothilfe- und Entwicklungsorganisation, informiert in globalen Kampagnen über die Ursachen von Armut und setzt sich für Verbesserungen von politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ein.
  • Die Organisation wurde 1942 in Oxford, England, von Cecil Jackson-Cole gegründet.
  • Der Verein Oxfam-Deutschland betreibt in mehreren Städten 54 Secondhandshops. Den Laden in der Mannheimer Kunststraße gibt es seit 2014. Die Gewinne fließen in die Arbeit der Organisation.
  • Wer Interesse an einer Mitarbeit hat, kann sich an Catja Schulze wenden: Oxfam-Shop Mannheim, Kunststraße N 2, 9, 0621/33 68 62 20.
  • Oxfam ist auch im Internet erreichbar: www.oxfam-shops.de 
Mannheim

Besuch im Oxfam-Secondhandladen in der Kunststraße

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