Verkehr

Über Mannheim und bis Heidelberg: Kommunalpolitiker testen das Radnetz

Anlässlich der Europäischen Mobilitätswoche sind Politiker aus der Region mit dem Rad nach Mannheim gefahren. Es zeigt sich: Beim Radnetzausbau gibt es noch viel zu tun.

Von 
Felix Michalski
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Gäste aus der Pfalz: Stadtvertreter aus Kaiserslautern, Bad Dürkheim und Ludwigshafen kommen in Mannheim an © Felix Michalski

Mannheim. Ein letztes Mal in diesem Sommer knallt die Sonne auf die Stahlrippen der Konrad-Adenauer-Brücke. Am Freitagnachmittag heizt sie nicht nur den Teerboden, sondern auch die Gemüter der Autofahrer auf. Genervt warten die Insassen sehnlichst auf den Anpfiff ins Wochenende, während sich die schier endlose Autokette wie jeden Feierabend Stück für Stück Richtung Rheinland-Pfalz quält.

Inmitten der Blechkarawane wirkt es befreiend, fast symbolisch, als sich die Gruppe an Radfahrern aus Ludwigshafen nähert. Mit offenen Armen empfängt Mannheims Erste Bürgermeisterin Diana Pretzell ihre freudestrahlenden Kolleginnen und Kollegen aus dem Umland. Dass man sich freut, wenn man auf das Mannheimer Schloss blickt, ist kein Wunder, hat am Freitag aber einen weiteren Grund.

Mannheims Erste Bürgermeisterin Diana Pretzell (l.) begrüßt ihren Kollegen Ralf Eisenauer und die weiteren Stadtvertreter auf der Konrad-Adenauer-Brücke. © Felix Michalski

Fast 100 Kilometer durch Weindörfer, den Pfälzerwald und in das Herz der Metropolregion haben die Stadtvertreterinnen und -verteter aus Kaiserslautern, Bad Dürkheim, Ludwigshafen, Mannheim und Heidelberg bereits hinter sich. Anlässlich der Europäischen Mobilitätswoche ist es Zeit, kommunale Grenzen zu überwinden. Deshalb haben die Stadtspitzen beschlossen, mit gutem Vorbild voranzugehen und bei einer Radtour durch die Region dem Radnetz in Rhein-Neckar und Pfalz auf den Zahn zu fühlen.

Das sieht auch Manuel Steinbrenner, Beigeordneter der Stadt Kaiserslautern und Initiator der Radtour, so. „Die Idee kam von einem Teilnehmer des Stadtradelns in Kaiserslautern. Die Kollegen waren sofort begeistert“, erzählt Steinbrenner, während die Gruppe an der Universität vorbei Richtung Hauptbahnhof radelt: „Diese Woche steht der europäische Gedanke im Fokus. Wir sind verschiedene Bundesländer, Kommunen, Parteien, aber historisch in der Region verbunden. Wir möchten heute gemeinsam ein Zeichen für den Radverkehr setzen.“ Eine Aktion wie heute sei wichtig, um sich zu vernetzen, Ideen anzuregen und Erfahrungen auszutauschen.

Mannheims Erste Bürgermeisterin: „Es gibt noch viel zu tun“

Das sieht auch Pretzell so. „Wir alle haben die gleichen Herausforderungen, wollen Radverkehr voranbringen, aber die Finanzierung bremst uns ein.“ Demnach sei die kommunale Vernetzung nicht nur wichtig, um in Verwaltung und Umsetzung zu lernen, sondern auch, um gemeinsame Projekte auf die Straße – beziehungsweise auf den Fahrradweg – zu bringen. „Die zwei neuen Radschnellwege nach Weinheim und Heidelberg wären ohne interkommunale Zusammenarbeit nicht möglich gewesen“, sagt Pretzell. Auch die kostenfreie Mitnahme von Fahrrädern im Regionalverkehr sei nur möglich, weil sich Kommunen und Städte in der Region zusammengetan haben.

Bei der Weiterfahrt vom Bahnhofsvorplatz über das Nadelöhr am Tattersall und der Oststadt entgegen offenbart sich der Radgruppe der Status quo in Mannheim. Die Stadt arbeitet an einem besseren Radnetz. Neue Fahrradstraßen werden gebaut, Rechtsabbiegepfeile gesetzt. Eine für Autos ausgebaute Stadt lässt sich jedoch sowohl im Hinblick auf die finanziellen Engpässe der Stadt als auch auf die Akzeptanz des Rundverkehrs in der Mannheimer Bevölkerung nicht über Nacht auf links drehen. Dazu mahnt auch Pretzell: „Es ist noch viel zu tun. Wir brauchen mehr kleinere Lückenschlüsse, mehr Sicherheit im Radverkehr, aber das kostet alles Geld.“

Den Neckar entlang: die Stadtvertreter fahren weiter nach Heidelberg © Felix Michalski

Eine schnelle Lösung sei daher nicht zu erwarten, der „Masterplan Mobilität“ der Stadt Mannheim sei aber Blaupause für eine klare Vision 2035. Dort heißt es: „Das Verkehrssystem Mannheims im Jahr 2035 soll vor allem von emissionsfreier und emissionsarmer Mobilität zu Fuß, mit dem Fahrrad und mit dem Öffentlichen Verkehr geprägt sein.

Der Autoverkehr soll – trotz dynamischer Stadtentwicklung – gegenüber 2019 deutlich reduziert werden.“ Pretzell weiß um die Komplexität des Diskurses, der immer wieder zwischen Auto- und Fahrradcommunity aufkeimt: „Wenn Parkräume wegfallen, ist das ein Problem. Wir möchten Fahrradwege und Grünflächen in die Stadt bringen und gleichzeitig versuchen, die Interessen aller zusammenzubringen.“ Bau- und Sportdezernent Ralf Eisenauer sieht hier vor allem das Mitnehmen der Mannheimer Bürgerinnen und Bürger als Lösungsansatz: „Wenn die Leute die höhere Lebensqualität unserer Stadt selbst erleben, dann ändert sich was.“

Kommunale Vernetzung als wichtiges Puzzleteil

Bei der Vision für ein fahrradfreundliches Mannheim ist noch Luft nach oben. Das merken die Beteiligten spätestens, als sie am Abend am Zielort in Heidelberg ankommen. Gleichzeitig sind Geduld und Diskurs der bessere Fahrplan als vorschnelle Hauruck-Aktionen. Mannheim steht nicht allein mit seinen Herausforderungen da. Kommunale Vernetzung ist dabei ein wichtiges Puzzleteil, um gemeinsame Herausforderungen zu meistern und die Lebensqualität für Bewohnerinnen und Bewohner in dichtbebauten Städten zu erhöhen. „Es ist einfach spannend zu sehen, wie es in anderen Städten läuft“, betont auch Steinbrenner.

Diana Pretzell begrüßt ihre Gäste aus dem Umland in Mannheim © Felix Michalski

Ob das Zusammenkommen der Start einer auf den Fußball übergreifenden neuen Freundschaft zwischen Kaiserslautern und Mannheim ist, lässt der FCK-Fan offen. „Unsere Städtefreundschaft besteht. Das mit dem Fußball müssen andere klären. Manchmal muss man Ambiguität auch aushalten“, schmunzelt Steinbrenner.

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