Mannheim. Wäre die Stadt Mannheim ein Schiff, dann könnte man ihr Vorgehen bei der aktuellen Haushaltsplanung vielleicht so beschreiben: Im kommenden Jahr erstmal Geschwindigkeit und Kurs halten. Und ab dem Jahr 2023 schauen, wie man diesen Kurs wegen möglicher Corona-Wellen dann vielleicht korrigieren muss. Normalerweise gilt der städtische Haushalt immer für zwei Jahre, den jüngsten hatte der Gemeinderat im Dezember 2019 für die Jahre 2020 und 2021 beschlossen. Dieses Mal soll es, wie von der Stadtverwaltung bereits angekündigt, nur einen einjährigen Haushalt für 2022 geben – wegen der Unsicherheiten, wie die Pandemie in den nächsten Jahren in den Stadtfinanzen (nach-)wirken wird.
An diesem Dienstag legen Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) und Kämmerer Christian Specht (CDU) dem Gemeinderat den Entwurf für diesen Haushalt vor – und erläutern ihn in ihren Haushaltsreden, die dieses Mal deutlich kürzer ausfallen dürften als sonst. Die Sitzung beginnt um 15 Uhr im Stadthaus. Sie wird per Livestream auf dem städtischen Youtube-Kanal übertragen (bit.ly/2YimBjj). Mit dem Doppelhaushalt 2020/2021 hatte der Gemeinderat vor zwei Jahren auch bereits eine grobe Finanzplanung für die Jahre danach beschlossen, also auch für 2022. Diese Planung hatten Verwaltung und Stadträte Anfang des Jahres zwar leicht überarbeitet. Im Grundsatz gilt sie aber noch – ihre Eckwerte sollen nun für den konkreten Haushalt 2022 sozusagen „festgezurrt“ werden. Trotz Corona sehen die Planungen nach wie vor Investitionen in einer rekordverdächtigen Größenordnung von rund 250 Millionen Euro vor – für Kitabau, Schulrenovierungen, Hallenbad-Neubau, Franklin-Stadtbahn, Grünzug Nordost und Theatersanierung.
Das kann sich die Stadt Mannheim trotz Mindereinnahmen durch Corona im Moment auch noch leisten – nur in den Jahren danach könnte es dann enger werden, die Aussichten sind zumindest unklar. Jetzt allerdings Investitionen zu reduzieren, das hält Oberbürgermeister Kurz für den falschen Weg. Weil man eben nicht wisse, wie sich die Konjunktur bis dahin entwickle. „Wie die langfristige Strategie aussehen wird, kann man im Prinzip erst im nächsten Jahr mit dem Haushalt für 2023 seriös beantworten.“
Auch Kämmerer Specht erhofft sich in der Zukunft mehr Klarheit. „Die wirtschaftlichen und finanziellen Unsicherheiten für den städtischen Haushalt und die Beteiligungen sind aktuell sehr groß und die weiteren Entwicklungen nicht hinreichend vorhersehbar. Daher haben wir entschieden, diesmal einen Einjahreshaushalt vorzulegen“, erklärt er. „So schaffen wir in der aktuellen Situation einerseits eine Stabilisierung der Investitionen und vermeiden Kürzungen bei städtischen Leistungen, andererseits haben wir die Möglichkeit, in einem Jahr die mittelfristigen Planungen der aktuellen Lage anzupassen.“
Für das Jahr 2022, um das es am Dienstag im Gemeinderat geht, werden also erstmal keine Investitionen gekürzt. „Es darf aber auch nichts Neues obendrauf kommen, wir dürfen den Rahmen nicht ausdehnen“, sagt der Oberbürgermeister. Heißt: Kommen für 2022 noch ungeplante Investitionen dazu, müssen andere verschoben werden.
Das dürfte als logische Konsequenz auch dazu führen, dass die im Dezember angesetzten Haushaltsberatungen anders werden als sonst. Die Fraktionen haben diese Beratungen in der Vergangenheit immer dazu genutzt, um in Anträgen Geld für Projekte durchzusetzen, die ihnen wichtig sind – und dabei nicht selten den von der Stadtverwaltung geplanten Etat noch einmal kräftig durcheinandergewirbelt. Das ist dieses Mal nicht drin – jedenfalls wenn es nach dem Willen der Verwaltung geht. Ob sich die Fraktionen daran halten, ist eine andere Frage.
Das laufende Jahr 2021 sieht für die Finanzen der Stadt Mannheim übrigens nicht so schlecht aus wie zunächst befürchtet. Im Mai hatte es noch geheißen, dass für 2021 ein 100-Millionen-Euro-Loch bei den Einnahmen im Vergleich zu den Vor-Corona-Prognosen droht – bei einem Haushaltsvolumen von rund 1,6 Milliarden Euro ist das ein Sechzehntel. Das Loch wird laut Kurz allerdings deutlich kleiner werden – durch Ausgleichszahlungen von Bund und Land unter anderem für Ausfälle bei Klinikum, öffentlichem Nahverkehr und Steuereinnahmen. Konkreter werden will der Oberbürgermeister aber nicht. Genaueres werde der Dreivierteljahresbericht über die Finanzen im laufenden Jahr bringen.