Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) empfiehlt „Verkehrsbeschränkungen“ in der Mannheimer Innenstadt. Denn die Stickoxidbelastung bleibt hoch und steigt in der zweiten Jahreshälfte wahrscheinlich sogar weiter – und das, obwohl weniger Autos gezählt werden. Dies geht aus den am Friedrichsring ermittelten Werten der landeseigenen Luftmessstation hervor (siehe Grafik). Vor allem beim kritischen Jahresmittelwert, der bereits 2018 (wir berichteten) gegen den Langzeit-Trend gestiegen war, deutet sich keine Besserung an.
Konsequenzen für Autofahrer
Das könnte in nicht allzu ferner Zukunft Konsequenzen für Autofahrer haben. Denn mögliche Fahrverbote hängen von der Höhe dieses Messwerts ab. Die Stadt müsse nun genau nachprüfen, wie die Entwicklung zustande kommt, meint Dorothee Saar, Bereichsleiterin für Verkehr und Luftreinhaltung der DUH in Berlin auf Anfrage dieser Zeitung. 2018 wurden nach städtischen Angaben rund sechs Prozent weniger Autos als 2017 gezählt, in den ersten fünf Monaten 2019 betrug das Minus etwa 1,2 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum.
Wenn weniger Autos fahren, die Stickoxidbelastung aber nicht zurückgeht, „muss man schauen, welche Art von Fahrzeugen unterwegs sind“, so Saar. Die DUH hält das Modellstadt-Programm zur Reduzierung der Stickoxidbelastung, an dem neben Mannheim weitere Städte teilnehmen, dennoch für „sinnvoll“.
In dem auf zwei Jahre angelegten Bundesprogramm werden in Mannheim für rund 30 Millionen Euro vergünstigte Nahverkehrstickets angeboten, zusätzliche Busse angeschafft und elektrisch betriebene Lieferfahrzeuge für die Innenstadt gefördert. Außerdem schreibt der Luftreinhalteplan des Landes die stetige Reduzierung der Verkehrs- und damit der Luftbelastung vor.
„Wenn man nun sieht, es geht nicht voran, dann raten wir dringend dazu, Beschränkungen für die Fahrzeuge einzuführen, die am meisten Stickoxide verursachen“ – heißt im Klartext: Fahrverbote für Diesel. Saar: „Es bringt ja nichts, jahrelang herum zu experimentieren.“ Der Mittelwert für 2018 war, statt wie nach Jahren des langsamen Rückgangs erwartet, weiter zu sinken, auf 47 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft gestiegen.
Im Juni 2019 liegt nun auch der gleitende Jahresmittelwert am Friedrichsring bei 47 Mikrogramm – zu weit über der zulässigen 40-Mikrogramm-Marke, als dass für 2019 noch mit einem deutlichen Rückgang gerechnet werden könnte. Denn in der zweiten Jahreshälfte werden erfahrungsgemäß höhere Stickoxid-Belastungswerte registriert als in den ersten sechs Monaten eines Jahres.
Ursachenforschung: Fehlanzeige
„Normale Schwankungsbreite“, „Wettereinflüsse“, „geringe Verkehrsänderungen“, „eine einzelne Ursache kann nicht benannt werden“ – bei der Suche nach Gründen gibt es im Mannheimer Rathaus und bei der Landesanstalt für Umwelt (LUBW) in Karlsruhe keine belastbaren Erkenntnisse. Sechs Monate nach Veröffentlichung der Zahlen für 2018 teilte die LUBW lediglich mit, es seien wegen dieser Ergebnisse „keine Sonderuntersuchungen durchgeführt“ worden.
Unabhängig von dieser Entwicklung festgelegte zusätzliche Messungen der LUBW zur Stickoxidbelastung von Januar bis März 2019 (wir berichteten) ergaben in der Feudenheimer Hauptstraße einen Dreimonatsdurchschnitt von 31 Mikrogramm (geschätzter Jahresmittelwert 25 bis 31 Mikrogramm) und in der Neckarauer Straße einen Durchschnitt von 37 Mikrogramm (geschätzter Jahresmittelwert 34 bis 38 Mikrogramm). In der Neckarauer Straße wird deswegen nun vorläufig weitergemessen.
Messungen und Grenzwerte
- In Mannheim gibt es derzeit zwei offizielle Messstellen der Landesanstalt für Umwelt (LUBW), an denen die Stickoxid-Belastung der Luft überwacht wird.
- Am Kurpfalzkreisel (Friedrichsring/U 2) sowie am Krähenflügel (Memeler Straße/Am Steinweg) werden kontinuierliche Messungen mit digitalen Geräten vorgenommen. Die Messwerte sind zeitnah online abrufbar.
- Die Spitzenwerte dürfen kurzzeitig höchstens 18 Mal im Jahr mehr als 200 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft betragen.
- Der Jahresmittelwert darf 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft nicht übersteigen.
- Aktuelle Luftmessdaten der Landesanstalt für Umwelt kann man online unter lubw.baden-wuerttemberg.de einsehen. (lang)
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