Justizvollzugsanstalt - Pfarrer Gotthold Patberg als evangelischer Seelsorger eingeführt / Feierlicher Gottesdienst hinter Gittern

Traumberuf führt ins Gefängnis

Von 
Angela Boll
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Pfarrer Gotthold Patberg bei seinem Einführungsgottesdienst in der Kirche der Justizvollzugsanstalt.

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Jetzt ist er genau da, wo er immer hin wollte: Gotthold Patberg hat seinen Platz im Gefängnis eingenommen, eine neue Aufgabe angenommen und sich viel vorgenommen. Der 52-Jährige wurde gestern in einem feierlichen Gottesdienst in der Kirche der Justizvollzugsanstalt in sein Amt als evangelischer Gefängnisseelsorger eingeführt. Für den norddeutschen, in Nordenham geborenen Pfarrer geht damit ein lange gehegter Traum in Erfüllung. Keiner in seiner Familie, weder seine Frau noch seine beiden erwachsenen Söhne, hatten sich gewundert, als sie von der neuen Herausforderung hörten: "Sie haben geahnt, dass ich irgendwann mal hier landen würde", lacht Patberg. Am 1. Oktober 2011 hat der Theologe begonnen, sich sein kleines Reich in der Herzogenriedstraße 111 einzurichten. Dort unterstützt er nun den bisherigen evangelischen Seelsorger, Pfarrer Gerhard Ding, der zum Dekan im Justizvollzug Baden-Württemberg berufen wird. Auch Ding wird in Mannheim bleiben, von der JVA aus landesweit die Seelsorge im Auge behalten - beraten, unterstützen und 17 hauptamtliche sowie viele nebenamtliche Pfarrer betreuen, die in den Anstalten wirken. Eine große Aufgabe für den Kurpfälzer, der 17 Jahre seines Lebens im Gefängnis arbeitete, den täglichen Kontakt mit den Häftlingen und auch mit den Bediensteten "sehr schätzt". Nun wird er öfter unterwegs sein, nicht mehr ständig an der Basis sein können, sondern viele organisatorische Aufgaben übernehmen müssen. "Ich habe gezögert, nicht sofort ja gerufen. Aber ich darf ja in der Kurpfalz bleiben, das hat mich motiviert, diese Herausforderung anzunehmen."

Das, was Ding nun schweren Herzens in Zukunft etwas vernachlässigen muss, übernimmt sein Kollege Patberg. Längst hat der sich im "Café Landes" zurechtgefunden, kennt einige Gefangene schon gut, andere lernt er gerade kennen. Gibt es etwas, das ihm besonders am Herzen liegt? "Ja", sagt er sofort und beginnt von der Abschiebehaft zu erzählen. Für diese Menschen da zu sein, das empfinde er "als große Aufgabe". Außer Deutsch spricht er Englisch und Spanisch, "Französisch wäre noch toll", aber bis jetzt habe die Kontaktaufnahme auch so funktioniert. "Diese Begegnungen berühren mich sehr", berichtet Patberg. Dass sich auch andere von der Begeisterung für seinen Weg anstecken lassen, ist beim Gottesdienst zu spüren. Über 100 Gefangene haben darum gebeten, dabei sein dürfen, auch Freunde und Verwandte freuen sich mit und begleiten Patberg.

Seit gestern darf er nun höchst offiziell und mit Gottes Segen seinen Traumberuf ausüben.

Redaktion Lokalredakteurin, Gerichtsreporterin, Crime-Podcast "Verbrechen im Quadrat"

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