Mannheim. Die Staatsanwaltschaft Mannheim nennt es eine Tragödie – den Tod des obdachlosen Marián K. vor rund zehn Monaten. Der 37-jährige gehbehinderte Mann starb an inneren Blutungen, die durch einen Milzriss verursacht worden waren. Er war verprügelt worden, so heftig, dass er wenig später starb. Täter soll der 26 Jahre alte Piotr K. sein. „Der Beschuldigte hat den Geschädigten grundlos attackiert und ihn malträtiert“, betont Oberstaatsanwalt Andreas Grossmann am Dienstagmorgen in seinem Schlussplädoyer vor dem Mannheimer Landgericht.
Die Tat, die sich am 10. Dezember 2022 zwischen 10 und 16 Uhr ereignet haben soll, hatte die Stadt schockiert. Es war eine Sonderkommission eingerichtet worden; wenige Tage nach der Tat wurde Piotr K. in Köln festgenommen.
Dass der gebürtige Pole, der Deutsch kaum versteht, weshalb ihm eine Dolmetscherin zur Seite steht, der Täter ist, daran bestehe kein Zweifel, unterstreicht der Oberstaatsanwalt. Bereits am ersten Verhandlungstag des Prozesses vor einer Woche hatte er ein Geständnis abgelegt. Darüber hinaus gebe es Spuren, etwa an der Kleidung, die auf die Täterschaft hinwiesen. Zudem hätten drei weitere Männer in ihren Vernehmungen durch die Polizei seinerzeit bestätigt, dass es Piotr K. gewesen sei, der auf Marián eingeschlagen habe.
Trotzdem: Ins Gefängnis kommt der Mann nicht. Das ist klar, nachdem ein Sachverständigengutachten ergeben hat, dass Piotr K. nicht nur schwer alkoholabhängig ist, sondern an paranoider Schizophrenie leidet. „Die war zum Tatzeitpunkt akut, die Schuldfähigkeit war aufgehoben, er kann daher nicht bestraft werden“, so Grossmann.
Stattdessen beantragt er die unbefristete Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus. Diese könne nicht zur Bewährung ausgesetzt werden, dafür sei Piotr K. für die Allgemeinheit zu gefährlich. Grossmann betont, dass bereits seit der Kindheit bei dem Beschuldigten vieles im Argen liege, die Eltern seien alkoholkrank gewesen, der Junge in Heimen und bei Pflegefamilien aufgewachsen, und auch die Mutter habe an einer Schizophrenie gelitten.
Die Verteidigung bewertet die Lage genauso – und fordert ebenfalls die Unterbringung in einer psychiatrischen Einrichtung. „Ich kann mich kurz fassen“, eröffnet die Verteidigerin von Piotr K., Rechtsanwältin Sabrina Hausen, ihr Plädoyer. Sie berichtet, dass ihr in einem der ersten Gespräche mit dem Beschuldigten ein freundlicher und höflicher junger Mann gegenübergetreten sei, der sich über das Geschehene fassungslos gezeigt habe. „Er konnte es nicht glauben“, betont Hausen. Dass ihr Mandant an einer psychischen Erkrankung litt, habe sie erst durch das Gutachten erfahren. Inzwischen befinde sich Piotr K. im Psychiatrischen Zentrum Nordbaden in Wiesloch in Behandlung. Es sei das erste Mal, dass der Mann eine konsequente Therapie erhalte. „Er macht das freiwillig, er ist behandlungseinsichtig, und er bewertet die Therapie als stabilisierend“, so Hausen.
Letztes Wort
Das letzte Wort erhält der Angeklagte. Piotr K., der zwischen Hausen und der Dolmetscherin sitzt, erhebt sich von seinem Stuhl und sagt: „Ich möchte sagen, dass es mir leid tut, dass das passiert ist. Ich bitte um Entschuldigung.“
Das Urteil ergeht am 26. Oktober um 11 Uhr.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-tragoedie-am-obdachlosenunterstand-es-tut-mir-leid-_arid,2136993.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html