Kriminalität

Tödliche Polizeischüsse: Hunderte bei Mahnwache in Mannheim

Der Tod eines 49-Jährigen durch Schüsse von Polizisten in Mannheim bewegt die Menschen. Mindestens 500 sind zu einer Mahnwache am Mittwochabend gekommen. Zudem werden neue Vorwürfe gegen die Polizei laut

Von 
Steffen Mack
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Blumen und Kerzen werden bei der Mahnwache wegen eines durch Polizeischüsse getöteten 49-Jährigen in Mannheim niedergelegt. © Michael Ruffler

Mannheim. Mindestens 500 Menschen sind am Mittwoch nach Mannheim zur Mahnwache gekommen. Auch ein türkischer TV-Sender ist da. Es beginnt um 18.11 Uhr mit einer Schweigeminute, danach werden Trauer und Wut umso lauter.

„Ertekin Ö. wurde ermordet“, steht auf einem mit Blumen und Kerzen umrahmten Transparent. Jugendliche halten Plakate mit Aufschriften wie „Warum 4 Schüsse?“ hoch.

Polizei schießt vier Mal auf 49-Jährigen

Hier in der Johann-Schütte-Straße auf der Schönau ist ein 49-Jähriger bei einem Polizeieinsatz am Tag vor Heiligabend getötet worden. Handyvideos zeigen, wie er mit einem Messer in der Hand drei Polizisten mit gezückten Schusswaffen gegenübersteht. Als er auf sie zugeht, werden die vier Schüsse abgegeben, angeblich von nur einem Beamten.

Aufgerufen zur Mahnwache hat die Initiative 2. Mai, gegründet 2022 nach einem Polizeieinsatz mit tödlichem Ausgang am Mannheimer Marktplatz. Sie beklagt nun ein „Muster“.

Hat Polizei Lage eskalieren lassen?

Erneut hätten Polizisten einen Konflikt mit einem ganz offensichtlich unter psychischen Problemen leidenden Menschen eskalieren lassen. Mutter und Tochter des 49-Jährigen hätten mitansehen müssen, wie er „aus Entfernung“ niedergestreckt worden sei.

OB Specht: „Wir alle sind betroffen“

Am Mittwoch hat sich Oberbürgermeister Christian Specht zu dem Vorfall geäußert. „Wir alle sind betroffen darüber, dass ein Mensch im Rahmen eines Polizeieinsatzes zu Tode gekommen ist. Unsere Gedanken sind bei ihm und seiner Familie“, so der CDU-Politiker auf „MM“-Anfrage.

Bei der Mahnwache nach dem tödlichen Polizeieinsatz in Mannheim wird auf Plakaten die Polizei massiv kritisiert. © Michael Ruffler

Er begrüße es, dass das Landeskriminalamt (LKA) die Ermittlungen übernommen habe. Bis diese nicht abgeschlossen seien, appelliere er an alle, von Spekulationen und Vorverurteilungen abzusehen. In Mannheim müsse weiter ein friedliches und respektvolles Miteinander möglich sein, die Stadtgesellschaft dürfe keinen Schaden nehmen.

Haben Polizisten Videos gelöscht?

Ein Augenzeuge berichtet, vorausgegangen sei eine Auseinandersetzung des Mannes mit seiner Mutter, bei der er zuletzt wohnte. Unter Geschrei seien die beiden auf die Straße gegangen, wo der 49-Jährige zunächst einen Kiosk betrat. Dann sei der erste Streifenwagen eingetroffen.

Mannheims Oberbürgermeister Christian Specht warnt im Fall der tödlichen Polizeischüsse vor Vorverurteilungen. © Michael Ruffler

Ertekin Ö. habe die Beamten angeschrien. Die Mutter habe versichert, sie könne ihn beruhigen. Insgesamt habe die Situation wenig bedrohlich gewirkt. Erst später habe der Mann sein Hemd ausgezogen und das Messer herausgeholt. Nach den Schüssen hätten Polizisten von Umstehenden deren Handys eingefordert und Videos gelöscht.

Leichnam wurde obduziert

Dazu sei dem LKA nichts bekannt, so ein Sprecher auf Anfrage. Es handele sich wohl um eine Fehlinformation. Die am Einsatz beteiligten Beamten würden psychologisch betreut, man habe sie aus dem Dienst genommen. Das habe vorrangig fürsorgerische und keine straf- oder beamtenrechtlichen Gründe.

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Der Leichnam sei am Mittwoch obduziert worden. Wann Ergebnisse vorlägen, sei offen. Unter Verweis auf laufende Ermittlungen lässt sich der LKA-Mann ebenso nicht mehr entlocken wie eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Die Initiative 2. Mai ruft für Samstag zu einer Kundgebung gegen Polizeigewalt um 15 Uhr auf dem Marktplatz auf. Das Bündnis Mannheim sagt Ja sammelt derweil Spenden für die Beisetzung des 49-Jährigen, um die Familie etwas zu entlasten.

Nähere Informationen unter der Mailadresse info@masagtja.de.

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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