Neckarau

Suche bleibt erfolglos: So suchen Taucher und Leichenspürhunde nach vielleicht ausgesetztem Baby am Strandbad

Im Wasser und im Wald: Wir waren bei der Suchaktion bei den Silberpappeln in Mannheim dabei, wo Einsatzkräfte der Polizei mit Leichenspürhunden und Tauchern weiterhin nach einem vielleicht ausgesetzten Säugling suchen

Von 
Lisa Uhlmann
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Im Wasser und im Wald: Ein Taucher sucht am Mittwochmorgen in der Bucht bei der Silberpappel nach Gegenständen. © Lisa Uhlmann

Mannheim. Fast schon zu schön ist dieser Herbsttag, der am frühen Morgen nicht nur die Bucht samt Wald bei der Silberpappel in warmes Sonnenlicht taucht, sondern auch einen Taucher der Wasserschutzpolizei, der gerade im 16 Grad kaltem Wasser beginnt, den Rheinnebenarm nach Gegenständen abzusuchen. Gegenstände, die Hinweise auf einen vermissten Säugling geben könnten, den ein Paar vor fast zwei Wochen möglicherweise hier ausgesetzt hat – oder vielleicht auch nicht.

„Wir haben noch nichts Konkretes, müssen aber allen Hinweisen nachgehen. Bislang wurde noch eine Plastiktüte hier gefunden. Aber es ist nicht klar, ob es das Baby überhaupt gibt“, sagt Polizeisprecherin Yvonne Schäfer vom Polizeipräsidium Mannheim. Die Suchaktion ausgelöst hat ein Zeuge, der am 14. Oktober, also in der Nacht auf Sonntag, die vermeintlichen jungen Eltern beobachtet haben will, wie sie nachts genau hier, bei der Silberpappel, in Ufernähe mit einem Bündel im Arm in den Wald gelaufen – und nach nur 30 Minuten mit leeren Händen zurückgekehrt seien.

Bislang fehlt von dem Pärchen, aber auch von dem Säugling jede Spur, auch sind dazu kaum Hinweise aus der Bevölkerung, etwa über ein vermisstes Baby, eingegangen. Mit jedem weiteren verstrichenen Tag verfestigt sich die Gewissheit: Sollte das Kind tatsächlich ausgesetzt worden sein, sind seine Überlebenschancen mittlerweile gegen Null gesunken. Das ist wohl einer der Gründe, warum an diesem Morgen aufgeregtes Hundegebell durch den Wald schallt. Es stammt von sechs Polizeileichenspürhunden, extra angereist aus dem ganzen Bundesland. Der Plan: Sie sollen zeitgleich ein 100 Meter breites und 600 Meter langes Areal durchsuchen. Schließlich gibt es nur wenige Hunde, die speziell auf Verwesungsgeruch anschlagen. Mit ihrem Spürsinn sollen sie noch einmal ganz genau den Wald nach einer Babyleiche absuchen, von der niemand weiß, ob es sie überhaupt gibt – um so endgültig einen Leichenfund auszuschließen.

Hunde im Wald, Taucher im Wasser

Bevor die Hundeführer starten, ertönt aus dem Wald dann ein kurzer Frageruf: „Sollen wir starten?“ Etwas irritiert blickt eine Gassigeherin mit Grauhaardackel auf die Polizistin, die sich auf dem Weg Richtung Bucht positioniert hat. „Polizeieinsatz, bitte weitergehen“, weist ein Kollege die Dackelbesitzerin an. Die Leichenspürhunde selbst springen immer wieder freudig an ihren Herrchen und Frauchen hoch, jaulen aufgeregt, manche haben Bälle oder Seile im Maul. Denn für die Hunde ist der Einsatz ein Suchspiel, sie wurden darauf trainiert, einem Verwesungsgeruch zu folgen. Ob der von einem Menschen oder einem Tier stammt, können die Spürnasen aber nicht unterscheiden. Ihr Suchgebiet ist an diesem Tag der Wald in Ufernähe bis zum Strandbad. In einer Reihe und einem bestimmten Abstand rückt die Hundestaffel langsam nach vorne durchs Dickicht und durchkämmt den Wald nach einem bestimmten Muster. Die restliche Umgebung, sagt Schäfer, sei bereits durchsucht worden.

Ob und wie die Suche weitergehen soll, kann die Polizeisprecherin an diesem Morgen zwar noch nicht sagen. Klar ist: Sollten die Hunde erfolgreich sein und den leblosen Körper eines Säuglings finden, endet damit zwar die Suchaktion, aber noch lange nicht die Ermittlungen. Am Ende ist es außerdem die Staatsanwaltschaft Mannheim, die über die weiteren Ermittlungen entscheidet.

Wie aufwendig die Suche ist, zeigt sich beim Beobachten der Taucher: Es dauert viele Minuten, bis der erste in den Trockentauchanzug geschlüpft ist. Schwere Bleigewichte an Füßen und Hüfte halten den Taucher dicht am Grund, in der Summe sind die bis zu 50 Kilo schwer. Eine Vollgesichtsmaske und Handschuhe schützen vor kaltem Wasser. Zwei Kollegen stecken dem Taucher in voller Montur noch eine Lampe an den Sicherungsgürtel. Schon jetzt in Schweiß gebadet, wankt der Taucher dann Richtung Ufer und watet erleichtert ins Wasser. Der sonnige Morgen spielt der Wasserschutzpolizei in die Hände: Per Funk meldet der Mann beim ersten Tauchgang in der Bucht klare Sicht bis auf einen Meter. Immer wieder durchbricht entweder eine Flosse oder sein Hinterkopf die Oberfläche. In Viertelkreisen tastet sich der Polizist voran und sucht mit dem bloßen Auge nach Gegenständen, die dort vielleicht versenkt wurden. Mit dem Fund einer Leiche rechnen die Beamten eher nicht, schließlich hätte die starke Strömung den kleinen Körper längst weit weg gespült. Trotzdem werden die Taucher später noch per Sicherungsseil bis auf zehn Meter auf den Rhein hinausschwimmen – und dort den Grund absuchen.

Woran die Ermittler die Glaubwürdigkeit des Zeugen fest manchen, der den Großeinsatz ausgelöst hat? „Nach der Befragung haben wir im beschriebenen Bereich einen Schnuller und eine Plastiktüte gefunden“, erklärt Schäfer und gewährt Einblick in die Ermittlungsarbeit. Zehn Tage sind seitdem vergangen, zwischendurch hatte die Polizei die Suche kurzzeitig unterbrochen. Denn das Wetter arbeitet gegen die Ermittler und könnte Spuren verwischen. Nach fünf Stunden und viel Regen melden die Einsatzkräfte weder im Wasser noch an Land einen Fund. „Die Suche war erfolglos. Über die weiteren Maßnahmen wird in den nächsten Tagen entschieden. Irgendwann sind aber alle Mittel ausgeschöpft“, sagt Polizeisprecherin Schäfer.

Am Mittwochvormittag durchkämmten Polizeibeamte mit Leichenspürhunden und Tauchern die Gegen in der Nähe des Strandbades, um nach einem mutmaßlich ausgesetzten Säugling zu suchen. © Rene Priebe
Am Mittwochvormittag suchten Taucher in der Nähe des Strandbades den Rhein ab. © Rene Priebe

Redaktion Seit 2018 als Polizeireporterin für Mannheim in der Lokalredaktion.

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