Stadtentwicklung - Kopenhagener Architekturbüro von Jan Gehl begutachtet Innenstadt / Kurz: Impulse zum Weiterdenken

Studie: So könnte Mannheim attraktiver werden

Von 
Anke Philipp
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Verschenktes Potenzial: Am Dalbergplatz in N 2 sieht die Studie des dänischen Architekturbüros Gehl viel Entwicklungsmöglichkeiten. © Mager

Ein Blick von außen soll helfen, städtische Aufenthaltsqualität mit dem Ziel zu untersuchen, das Leben für die Menschen zu verbessern. Das Kopenhagener Büro Gehl Architects hat auf Einladung der Stadt die Innenstadt erkundet. Heraus kam ein Ideen-Katalog. Die „Vorschläge für eine lebenswerte Stadt“ werden jetzt dem Gemeinderat unterbreitet und dienen als Grundlage für eine weitere Diskussion über die Stadtplanung insgesamt.

Der Katalog, der Fingerzeige gibt und Lösungsmöglichkeiten aufzeigt, sei aber keine neue Stadtstrategie oder gar ein Masterplan, stellt Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) auf Anfrage des „MM“ klar. „Vielmehr wollen wir Impulse zum Weiterdenken geben und über Prioritäten diskutieren“, sagt er. Der Kontakt zum dänischen Architekturbüro entstand bei einem Besuch mit Vertretern des Einzelhandels in Kopenhagen 2016. Das Interesse der Mannheimer galt dem Weihnachtsgeschäft in der bereits stark vom Autoverkehr entlasteten Stadt. Wie kann das funktionieren, lautete damals die Frage. „Es war ein eindrucksvoller Samstag“, sagt Kurz.

Bürogründer Jan Gehl hat weltweit Stadtentwicklungsprojekte umgesetzt, war maßgeblich an der Stadtplanung von Kopenhagen und Melbourne beteiligt - Vorzeigestädte, was ökologische und nachhaltige Maßnahmen angeht. Besonders im Blick hat er Fußgänger und Radfahrer. Gehl plädiert für mehr Raum und Wege zum Spazierengehen und Radfahren. Und für Treffpunkte, wo sich Menschen begegnen können, um damit den Zusammenhalt innerhalb einer demokratischen Gesellschaft zu stärken.

Das Büro Gehl wurde schließlich eingeladen, Mannheim zu betrachten. Drei Mitarbeiter erkundeten deshalb im vergangenen Jahr die Innenstadt - zu Fuß, mit dem Auto und dem Fahrrad. Ende des Jahres lagen die Ergebnisse vor, die dann im Rathaus bewertet und weiter entwickelt wurden. „Vorschläge und Überlegungen wollen wir nun dem Gemeinderat zur Verfügung stellen“, sagt Kurz - aufbauend auf vorhandene Konzepte, wie dem „Entwicklungskonzept Innenstadt“.

Mannheims kantige Identität

Die Kopenhagener benennen fünf Leitthemen, die den Charakter der Stadt ausmachen: Mannheims kantige Identität, die starke Position in der Region, die Mobilität, öffentliche Räume und die Wasserlagen entlang von Rhein und Neckar. Lösungsansätze reichen von der Idee, den öffentlichen Raum zu stärken sowie Plätze und Parks attraktiver zu gestalten, bis hin zur Vorstellung, Bereiche für Fußgänger auszubauen, mehr Sitzgelegenheiten oder „Park & Ride“-Standorte zu schaffen.

Ein Beispiel für verschenktes Potenzial laut des Architekturbüros: der Dalbergplatz neben dem Stadthaus in N 1. Der sei zwar sehr beliebt. Es mangele aber an öffentlichen Sitzplätzen, das Parkhaus begegne der Fläche mit einer toten Fassade, urteilen die Gutachter. Die geplante neue Bibliothek, so der Vorschlag, müsse darauf eingehen und Besuchern Platz bieten, gleich im zuvor ausgeliehenen Buch zu schmökern. Ein anderer Vorschlag zielt auf den Verbindungskanal im Jungbusch: Auch dort sehen die Kopenhagener Experten einige Möglichkeiten, um die Wasserlagen weiterzuentwickeln. Nächste Schritte könnten laut Studie sein: eine Parkraumstrategie oder etwa eine Fuß- und Radwegebrücke nach Ludwigshafen.

Die Untersuchung zeige, was man mit kleinen Maßnahmen erreichen kann, sagt Peter Kurz: „Es muss nicht immer das Millionenprojekt sein.“ Das habe beispielsweise der Kinder- und Jugendpark Alter am Alten Meßplatz bewiesen. Beim weiteren Wachstum der Stadt setzt der Oberbürgermeister nach wie vor auf Innen- statt Außenentwicklung. Das sei eben auch „ein ökologisches Plus“. Kurz: „Es geht darum, mit der Dichte in der Stadt klarzukommen, Qualitäten zu schaffen und sie intelligent zu vernetzen.“

Maßnahmen der Stadtentwicklung

  • Die Gehl-Studie wird im Hauptausschuss des Gemeinderats am Dienstag, 17. September, ab 16 Uhr im Stadthaus N 1 vorgestellt.
  • Bereits in Arbeit: Neugestaltung des Dalbergplatzes, Umgestaltung des öffentlichen Raums am Nationaltheater, Verbesserung der Neckarufer, Ausbau grüner Radrouten, Testphase nächtliche Sperrung der Fressgasse für Autos an der Breiten Straße, Fortschreibung des Modells Räumliche Ordnung von 1998, Vorbereitung des Mobilitätsentwicklungsplans, Aufwertung der innerstädtischen Grünflächen (Lauer, Scipio, Lamey).
  • Soll jetzt von der Stadt geprüft werden: Neubau einer Fußgänger- und Radbrücke nach Ludwigshafen, ganztägige Sperrung der Fressgasse für Autos an der Breiten Straße, Aufwertung des Schillerplatzes, Flanierzone zwischen Parade- und Dalbergplatz, Verbesserung Marktplatz, Umgestaltung Toulonplatz, erlebbare Neckarspitze, Möglichkeit eines Badeschiffs, Entwicklungsplan öffentlicher Raum.

Redaktion Mitglied der Lokalredation, seit 1991 zuständig für den Bereich Mannheim-Mitte mit den Stadtteilen Innenstadt, Jungbusch, Neckarstadt-West und-Ost, Schwetzingerstadt, Oststadt, Neuostheim und Neuhermsheim.

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