Das ist schon ein ungewöhnlicher Abgang: Mannheims erste grüne Bürgermeisterin hätte gern weitergemacht, ihre Partei lehnte eine zweite Amtszeit der 64-jährigen Erzieherin und Betriebswirtin Felicitas Kubala aber dankend ab. In offiziellen Statements der Grünen wird die Frau aus Berlin hochgelobt, unter der Hand sind nicht wenige in der Partei aber froh, dass Kubala nun geht – und auch nicht mehr für Anfragen erreichbar ist.
Die Amtszeit von Felicitas Kubala, Bürgermeisterin für Bürgerservice, Klima, Umwelt und Technische Betriebe, endet mit Ablauf des Monats Dezember Corona-bedingt still – ganz anders als der Beginn vor acht Jahren. Schon ihre Wahl im Gemeinderat Ende 2012 kommentierte diese Zeitung als „schwarzen Tag für Mannheim“. Wobei damals nicht Kubalas Person, sondern grundsätzlich die Wiedereinführung des erst wenige Jahre zuvor aufgelösten fünften Dezernats in der Stadtverwaltung in der Kritik stand.
Kommunalpolitische Kontroverse
Diese kommunalpolitische Kontroverse, die sich seinerzeit vor allem an den Kosten von über 600 000 Euro jährlich für das Dezernat entzündete, ist längst beigelegt. Denn das hat Felicitas Kubala im Laufe der Jahre zum größten Dezernat der Stadtverwaltung umgebaut und so auch den Einfluss der Grünen auf weite Teile des Rathauses ausgedehnt. Und mit der Zeit haben sich auch viele Kritiker an die Berlinerin gewöhnt: Man arbeitete in vielen Bereichen bestens zusammen – so ist es beispielsweise aus den Ortsverbänden in der Neckarstadt, im Mannheimer Norden und in Neckarau zu hören. Zudem hat sich Felicitas Kubala im Rathaus viel Anerkennung verdient, weil sie das Umwelt-Dezernat überhaupt erst aufgebaut und dort schwierige organisatorische Aufgaben gemeistert hat – zum Beispiel die Integration so verschiedener Fachbereiche wie Müllabfuhr und Tiefbau zum „Stadtraumservice“.
In ihrer Amtszeit, so würdigte Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) das Wirken seiner grünen Kollegin, „wurde die Wertstofftonne eingeführt, die den gelben Sack ersetzte und zu mehr Sauberkeit im gesamten Stadtbild geführt hat. Ein wichtiges Anliegen war ihr auch die Verschärfung der Baumschutzsatzung, und sie etablierte die Marke ,Mannheim auf Klimakurs.’
Die Entwicklung eines Spielplatzkonzepts und die Gründung der Klimaschutz-Allianz waren neben der vierten Reinigungsstufe auf dem Klärwerk und dem Ausbau der Förderprogramme der Klimaschutzagentur weitere Meilensteine ihrer Amtszeit. Mit weiteren Maßnahmen wie der Einrichtung eines Klimaschutz-Fonds oder der Modernisierung der beiden Stadtparks hat Felicitas Kubala zu einer grünen, sauberen, nachhaltigen und lebenswerten Stadt beigetragen.“
Auf ihr Konto gehen zudem Projekte wie der Hitzeaktionsplan, Baumschutzmaßnahmen oder Maßnahmen zur Begrünung und Entsiegelung von Flächen. Die Bundesgartenschau 2023 und die Entwicklung des Grünzugs Nord-Ost, so Kurz, habe sie als „Motoren ökologischer Veränderung“ verstanden und genutzt: „Felicitas Kubala hat mit dafür gesorgt, dass ihre Wahlheimat sich auf den Weg gemacht hat, zu zeigen, wie Klimaneutralität auch bei industriellen Strukturen vorangetrieben werden kann.“
Nicht zu vergessen sind die Bürgerdienste. In dem ebenfalls zu ihrem Dezernat gehörenden Fachbereich wurden in den acht Jahren über 7000 Neu-Mannheimer eingebürgert.
Lange Reihe ihrer Verdienste
„Ich freue mich, dass ich die Entwicklung hin zu einer klima- und umweltfreundlichen Stadt acht Jahre lang begleiten durfte, und möchte mich bei allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den politischen Vertreterinnen und Vertretern sowie meinen Dezernentenkollegen für die gute Zusammenarbeit und den konstruktiven Austausch bedanken“, so die scheidende Bürgermeisterin in einer Pressemitteilung.
Wegen der Corona-Beschränkungen fand keine Verabschiedung statt, Oberbürgermeister Kurz hatte Kubala die Entlassungsurkunde am Rande der Gemeinderatssitzung Mitte Dezember überreicht. „Sie hat das neue Dezernat, das 2013 von den Grünen besetzt werden konnte, aufgebaut und erfolgreich etabliert“, teilt die Gemeinderatsfraktion der Grünen zu diesem Anlass mit und listet eine „lange Reihe ihrer Verdienste“ auf: Begrünungssatzung und entsprechende Förderprogramme, „Grüntaten“ (Ehrenamtsförderung im Umweltschutz), die Neufassung des Umweltpreises, Schutz und Erhalt der Grünflächen in der Innenstadt, Gehwegreinigung, der Maßnahmenplan Radinfrastruktur 2020 – 2023 sowie die Sanierung und Neugestaltung der Spielplätze sowie die nun anstehende Modernisierung der Stadtparks, der „Mängelmelder“ sowie die einheitliche Behördenrufnummer 115 werden da aufgeführt.
Versöhnliche Töne
Dass es in den acht Jahren – zumeist hinter verschlossenen Türen – viel Streit und Kritik am oft missglückten Auftreten und an der mangelnden Bereitschaft Kubalas gab, auf Bürger zuzugehen, bleibt in dem offiziellen Statement der größten Fraktion im Gemeinderat unerwähnt. Einiges wurde bekanntermaßen auch öffentlich ausgetragen: der Konflikt um die Finanzierung des Umweltforums, der Streit um die Feudenheimer Au, der Streit um Baumfällungen am Rheindamm, in der Innenstadt und im ehemaligen Benjamin-Franklin-Village.
Auch ihr unglückliches Agieren in der unseligen Affäre um einen Dämmstoff-Recyclingbetrieb im Rheinau-Hafen hat viel Kritik innerhalb und außerhalb der Partei ausgelöst. Zum Abschied schlägt man bei den Grünen doch lieber versöhnliche Töne an: „Felicitas Kubala hat es geschafft, in Mannheim viele wichtige Bereiche voranzubringen und dabei die Mannheimer Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen. Sie hat Mannheim ins Herz geschlossen und die Stadt mit geprägt.“ Auch als Ruheständlerin, so ließ sie wissen, will sie in Mannheim bleiben und sich nach neuen Aufgaben umsehen.
Drei Fragen an Felicitas Kubala und Diana Pretzell
Felicitas Kubala scheidet als Umweltbürgermeisterin zum Jahreswechsel aus
Ihre Amtszeit endet am 31. Dezember. Wie schätzen sie Ihr letztes Jahr im Rathaus ein? Was war 2020 gut fürs Klima?
Felicitas Kubala: Der Gemeinderat hat deutlich Prioritäten für den Klimaschutz gesetzt. Wir haben zusätzliches Personal und zusätzliche finanzielle Mittel erhalten, die Solar-Fördermittel wurden aufgestockt und ein Klimaschutzfonds aufgelegt. Auch die Klimaschutz-Allianz mit Mannheimer Unternehmen und die internationalen Kooperationen der Stadt zeigen, dass wir in der Metropolregion und darüber hinaus unsere Vorbildfunktion aktiv wahrnehmen. Mit den zusätzlichen Mitteln können die Verkehrswende und die Energiewende beschleunigt werden. Am Ende meiner Amtszeit ist der Klimaschutz fest verankert, damit Mannheim bis spätestens 2050 klimaneutral wird.
Und was war nicht gut?
Kubala: Auch wenn damit in diesem Jahr zusätzliche finanzielle Mittel für den Klimaschutz bereitstanden, war die Umsetzung in notwendige Maßnahmen eine Herausforderung, nicht zuletzt aufgrund der Corona-Pandemie. Unsere lange geplante internationale Konferenz zum Klimaschutz und zur Nachhaltigkeit in Mannheim konnte lediglich digital durchgeführt werden. Dennoch ist mit der „Mannheim Message“ ein sehr ambitioniertes Abschlussdokument verabschiedet worden.
Und was muss 2021 besser werden?
Kubala: Für die Erreichung der Ziele des Pariser Klimaabkommens sind die Rahmenbedingungen formuliert und die notwendigen Maßnahmen bekannt. Hierfür bedarf es gerade auf Ebene der Städte eines ambitionierten Handelns. Mannheim ist auf dem Weg zur Klimaneutralität gut aufgestellt, jetzt den Klimakurs halten und dabei die Maßnahmenumsetzung beschleunigen, das ist die zentrale Herausforderung der kommenden Jahre.
Diana Pretzell tritt ihr Amt als Umweltbürgermeisterin am 4. Januar an
Was war 2020 gut fürs Klima?
Diana Pretzell: Wir haben weltweit erheblich weniger Kohlendioxid produziert – ein Effekt der Corona-Pandemie. In Mannheim sind wichtige Entscheidungen für mehr Klimaschutz getroffen worden, es wird mehr Geld eingesetzt, und es sind mehr Mitarbeiter mit dem Thema befasst, es wurde ein Dringlichkeitsplan aufgestellt, es gibt mehr Förderung für Solarenergie und Dach- und Fassadenbegrünung, es wird mehr für den Radverkehr getan. Besonders positiv ist auch, dass die Stadtwälder als äußerst wichtige Klimaschutzzonen jetzt stärker in den Blick genommen.
Was war im vergangenen Jahr nicht gut für den Klimaschutz?
Pretzell: Das Thema ist wegen der Corona-Krise in den Hintergrund getreten, dabei haben wir doch bei Corona gezeigt, dass wir schnell handeln können. Und wir hatten 2020 einen weiteren Dürresommer. Auch wenn sich viele daran vielleicht nicht mehr so erinnern. Es besteht aber weiterhin dringender Handlungsbedarf, und wir müssen in den kommenden Jahren lernen, wie wir das Thema Klimaschutz in unseren Alltag integrieren.
Ab 4. Januar haben Sie konkret die Möglichkeit, zu handeln. Was muss aus ihrer Sicht beim Klimaschutz 2021 besser werden?
Pretzell: Wir können bei vielem, das bereits begonnen wurde, jetzt richtig loslegen. Das Herzstück kann dabei ein Klimaschutzaktionsplan sein, den wir erstellen wollen, und der eine echte Sternstunde kommunaler Politik werden wird. Wir können Klimaschutz gemeinsam umsetzen. Zum Beispiel beim Ausbau der erneuerbaren Energien können wir mit Förderprogrammen gezielt Anreize schaffen auch für private Hausbesitzer. Für die zukünftige Entwicklung der Stadtwälder sollten wir ein Leitbild entwickeln und den Wald mit seiner Klima-Funktion in den Blick rücken. Und bei den Vorbereitungen zur Bundesgartenschau 2023 werden im neuen Jahr viele Projekte konkret werden.
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