Aktion - 14 neue "Stolpersteine" verlegt / Kleine Denkmäler für Mannheimer Nazi-Opfer an verschiedenen Stellen im Stadtgebiet

Steine als Mahnung und Erinnerung

Von 
Isabel Gebhardt
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Der Künstler Gunter Demnig passt einen Gedenkstein für die Jüdin Ricka Marx, die im Oktober 1940 verschleppt und 1im Lager Gurs starb, in den Bürgersteig vor ihrem letzten Wohnhaus in U 1, 20 ein.

© 941

Im Jahr 1928 übernahm Paul Eppstein die Leitung der neu gegründeten Volkshochschule, lebte mit seiner Frau in der Collinistraße. Nur fünf Jahre später, im Juni 1933, wurde er wieder entlassen - Grund: sein jüdischer Glaube. Seit gestern erinnert ein Stolperstein vor dem damaligen Wohnhaus der Eppsteins an das Schicksal des Juden, der im September 1944 im Konzentrationslager Theresienstadt erschossen wurde.

"Es ist ein bewegendes Gefühl, heute vor dem Haus zu stehen, in dem er gewohnt hat", sagt Rolf Michael Mayer, ein Verwandter von Eppstein. Er war aus Oberhausen-Rheinhausen nach Mannheim gekommen, um dabei zu sein, wie vor dem früheren Wohnhaus von Paul Eppstein ein symbolischer "Stolperstein" verlegt wurde. Lange habe er sich schon mit Lebensgeschichte des gebürtigen Ludwigshafeners auseinandergesetzt: "Ich freue mich, dass in unserer Gesellschaft etwas dafür getan wird, dass diese Menschen nicht vergessen werden".

Am letzten Wohnort

Das Projekt ist eine Idee des Künstlers Gunter Demnig, er hat es 1995 ins Leben gerufen. Zur Verlegung der 14 neuen Steine war der Kölner nach Mannheim gekommen, um die kleinen Messingplatten persönlich in die Bürgersteige einzulassen. In der Langstraße, der Hebelstraße, der Rathausstraße, der Collinistraße und der Werderstraße sowie in den Quadraten F 1 und U 1 und vor dem Fröbel-Seminar versammelte sich eine kleine Menschenmenge, um der Aktion beizuwohnen und mit dem Verlesen der Lebensläufe den Opfern des Nationalsozialismus zu gedenken.

"Die Stolpersteine werden vor dem letzten selbst gewählten Wohnort oder der letzten Arbeitsstelle der Opfer verlegt, um dort, wo sie gelebt und gewirkt haben, an sie zu erinnern", erklärt Elke Kammigan-Bentzinger von der Arbeitsgruppe Stolpersteine. In der ganzen Stadt erinnern nun knapp 80 der kleinen Denkmäler im Boden an Mannheimer, die durch das Naziregime zu Tode kamen. "Wir versuchen, etwas über Opfer herauszufinden, außerdem treten immer wieder Menschen an uns heran, die uns auf Verwandte aufmerksam machen und sich für sie einen Gedenkstein wünschen".

Der Begriff Stolpersteine sei jedoch nicht wörtlich zu nehmen. "Man soll natürlich nicht mit dem Fuß an einem Hindernis auf dem Gehweg hängenbleiben", erklärt Hans-Joachim Hirsch vom Stadtarchiv. Man solle gedanklich über den Erinnerungsstein stolpern, kurz innehalten, die Inschrift lesen, der Opfer gedenken und dadurch auch daran erinnert werden, dass ein solches Regime nur dann verhindert werden kann, wenn die Schrecken von damals nicht vergessen werden. Seit 2007 versucht der Arbeitskreis Stolpersteine gemeinsam mit dem Stadtarchiv, die Lebensgeschichten der Mannheimer Opfer aufzuarbeiten. "Juden, politisch Verfolgte, aus religiösen Gründen Inhaftierte und Opfer der Euthanasie - wir wollen mit der Aktion allen Opfern gedenken", sagt Hirsch.

Der nächste Termin steht bereits: Im März 2013 sollen weitere Steine verlegt werden. "Ein Mensch ist erst vergessen, wenn sein Name vergessen ist", mahnt Gunter Demnig.

Seit Mitte der 90er Jahre verlegt Gunter Demnig die ...

Seit Mitte der 90er Jahre verlegt Gunter Demnig die "Stolpersteine" in deutschen Städten und seit 2000 auch in anderen Ländern Europas.

In Mannheim kümmert sich der Arbeitskreis Stolpersteine um die Verlegung. Ein Stein kostet rund 100 Euro. Paten sind oftmals Privatleute, Vereine oder Parteien.

Kontakt zu den Naturfreunden per Mail: mannheim@naturfreunde.de.

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