Mannheim. Es waren nur 20 Minuten, die reichten, um Straßen zu überschwemmen, Keller zu fluten und die Feuerwehr an den Rand der Belastbarkeit zu bringen. Besonders heftig traf es dabei den George-Sullivan-Ring im Mannheimer Stadtteil Franklin – die neue Wohngegend, in der eigentlich alles neu und schön gemacht wurde. Doch Anwohner wie Sascha Hetmanek warnen seit Jahren: Die Gestaltung der Flächen rund um die Häuser ist zu stark verdichtet, das Regenwasser kann nicht abfließen.
Häuser bei Unwetter auf Mannheim-Franklin überschwemmt: Angst in der Nacht
„Ja, wir hatten halt noch nie so einen extremen Starkregen“, sagt Hetmanek. „Aus einer kleinen Pfütze wurde ein See, aus einem See wurde ein reißender Bach. Wir alle hatten Angst, dass das Wasser in unsere Grundstücke läuft, in die Lichtschächte eindringt.“ Während Hetmaneks Haus verschont blieb, hatte seine Nachbarschaft weniger Glück: Bei Nachbarn drang das Wasser durch die Tiefgarage ein, berichtet er.
In der besagten Unwetternacht vergangene Woche rückte die Feuerwehr zu 91 Einsätzen in Mannheim aus. Allein am George-Sullivan-Ring waren bis zu 45 Kräfte bis frühmorgens im Einsatz. Acht Gebäude trugen Schäden davon, weil das Wasser nicht wie geplant abfließen konnte und stattdessen über Lichtschächte in Keller und Aufzugsschächte gelangte.
Miro Braun, selbst freiwilliger Feuerwehrmann, Hetmanek und andere hätten sich seit etwa drei Jahren oft an die MWSP gewandt, erzählt er. Seit Jahren bekämen sie nur „Vertröstungen“. Der Weg zur Straßenbahn sei nicht nur aktuell, sondern auch bei kleineren Regenfällen nicht nutzbar, weil er so unter Wasser steht. „Er ist abschüssig und hat einen Tiefpunkt, das macht alles noch schlimmer.“
Häuser überflutet: Die MWSP Mannheim nimmt nach Unwetter auf Franklin Stellung
Ein MWSP-Sprecher teilt dazu auf Anfrage mit: „Das Eindringen von Wasser auf private Flächen, wie am vergangenen Freitag im Bereich Sullivan Nord teilweise geschehen, ist nicht auf die Planungen der MWSP zurückzuführen.“
Bei allen MWSP-Planungen werde „die geltende Vorgabe für die Entwässerung des öffentlichen Raumes eingehalten, dass das Wasser schadfrei abgeführt werden muss“, betont er. Hierzu würden im Rahmen der Planungen entsprechende Nachweise von den Planungsbüros erstellt.
Der Sprecher weiter: „Ergänzend wurden in den Freianlagen Überlaufmulden hergestellt, um größere Wassermassen aufnehmen zu können.“
Starkregen in Mannheim - wie schütze ich meine Immobilie?
Das Umweltbundesamt bietet eine Checkliste für Starkregengefahren mit Möglichkeiten zur Vorbeugung für die eigene Immobilie an.
Besonders tief liegende Bereiche wie Keller oder Souterrainwohnungen sind bei Starkregen gefährdet, so die Verbraucherzentrale. Dadurch entstehen Schäden an Gebäude und Einrichtung, für die die Eigentümer selbst haften. Deshalb sind laut der Verbraucherschutzorganisation vorbeugende Maßnahmen wichtig.
Hilfreich ist auch die Starkregengefahrenkarte und die Informationsbroschüren der Stadt Mannheim.
Mehr Infos gibt es auch im kostenlosen E-Book „Unwetter-Gebäude-Check“-PDF der Verbraucherzentrale . Hier eine Übersicht der wichtigsten Punkte:
- In gefährdeten Bereichen auf nicht notwendige Abflüsse verzichten und ungenutzte Anschlüsse verschließen .
- In genutzten Räumen unter Straßenniveau empfiehlt sich der Einbau einer Hebeanlage für sicheren Schutz und Nutzung der Sanitäranlagen auch bei Rückstau.
- Rückstauklappen verhindern das Eindringen von Abwasser aus dem Kanal, sichern aber keinen Abfluss bei Rückstau.
- Beim längeren Verlassen des Hauses: Rückstauklappen verriegeln und Kellerfenster schließen.
- Keine Hygieneartikel, Essensreste oder andere feste Stoffe über die Toilette entsorgen , da sie die Rückstauklappen blockieren können, betonen die Verbraucherschützer.
- Der Einbau und die Planung von Rückstausicherungen sollte mit Fachbetrieben oder Ingenieurbüros erfolgen. Regelmäßige Wartung ist nötig , da sonst der Versicherungsschutz gefährdet sein kann; die Wartung sollte dokumentiert werden.
- Für Rückstauschäden haften Kommunen nicht, und diese sind nicht automatisch durch Hausrat- oder Wohngebäudeversicherung gedeckt. Absicherung ist nur über eine Elementarschadenversicherung möglich , die regelmäßige Wartung der Rückstausicherung voraussetzt. Manche Schadensarten sind nicht ohne Weiteres versichert, das Kleingedruckte ist entscheidend, so die Experten. see
Planungen für das Erschließen und Freianlagen auf Franklin seien darauf ausgelegt, Regenfälle von sehr hoher Intensität abzufedern. Die Regenfälle am vergangenen Freitag seien laut Wetterdaten ein Extremwetterereignis, sagt der Sprecher. „Klimatische Ausnahmesituationen dieser Art lassen sich technisch nahezu nicht vollständig kontrollieren.“
Die Anwohner indes sehen die Ursache in der zu hohen Verdichtung der Böden und in Baumängeln beim Anlegen neuer Grünflächen: „Wir freuen uns total, dass die das hier alles neu für uns machen. Und es ist auch echt wunderschön. Aber man kann eben nicht einfach 20 Zentimeter Erde oben auftragen, wenn darunter alles wie Beton ist“, kritisiert Hetmanek.
Anwohner Miro Braun sagt: „Wir haben hier auch an vielen Stellen noch Reste und Schutt von Betonplatten drunter, weil hier früher Panzer standen. Da kann ich nicht einfach Erde draufschütten.“ Allgemein findet Hetmanek bei der Neugestaltung: „Da hätte vorher mal jemand ,durchpflügen‘ müssen. Aber das würde ja was kosten.“
Der MWSP-Sprecher entgegnet auf Anfrage: „Auf den Grünflächen wird kein Bauschutt eingebaut. Die Flächen, die als Grünflächen hergestellt werden, werden so gelockert und mit gesiebtem Material aufgefüllt. Steine, die an der Oberfläche liegen, werden abgelesen.“
MWSP beauftragt nach Starkregen auf Franklin Bauunternehmen an Straßenbahn
Dennoch hat die MSWP jetzt gehandelt: „Im Bereich der Straßenbahn ist ein ausführendes Unternehmen bereits tätig geworden, um die Wassermassen im Falle von Starkregenereignissen aufzunehmen und zur Versickerung zu bringen“, betont der Sprecher. Das Bauunternehmen arbeite nun in diesem Bereich nach.
Laut Anwohnern sei aber zudem die mangelnde Reinigung der Gullys ein Dauerproblem. „Wenn die vielen Nadelbäume hier auf Franklin ihre Nadeln verlieren und niemand die Gullys säubert, laufen sie voll“, sagt Braun. Zudem komme noch der Sand, der im Neubaugebiet anfalle und sie verstopfe, erklärt er.
Die Straßenreinigung erfolge vierteljährlich durch eine Firma, die die Oberflächenreinigung übernehme, zuletzt im April, entgegnet der Sprecher. Die Anwohner finden das zu wenig. Die Sinkkästen würden jährlich gereinigt, führt er weiter aus.
Anwohner schlugen jüngst vor, die Nadelbäume über den Gullys zurückzuschneiden, erzählen sie. Ein weiterer Kritikpunkt der Anwohner, ist, dass wer bei Problemen zuständig sei, für sie oft unklar bleibe: „Mal die Stadt, mal die MWSP, mal der Stadtraumservice.“ Sie fühlen sich „hin und hergeschickt und ignoriert“.
Die Stadt Mannheim ihrerseits räumt auf Anfrage ein, dass Teile der neuen Wohngebiete noch nicht offiziell städtisch verwaltet werden, da sie noch nicht an die Stadt übergeben sind und verweist an die MWSP. Zur Baumpflege merkt ein Stadtsprecher an, dass Rückschnitte nur aus Verkehrssicherheitsgründen erfolgen können, selbst wenn Laub- und Nadelabfall die Gullys belasten: „In Zeiten des Klimawandels ist unser Grün ein schützenswertes Gut.“
Stadt Mannheim: Kanalnetz auf Franklin bei Unwetter ausreichend dimensioniert
Technisch, so stellt der Sprecher des Eigenbetriebs Stadtentwässerung klar, sei das Kanalnetz in Ordnung und ausreichend dimensioniert: „Unsere Vermutung ist, dass die Überflutungen vor allem durch eine Überlastung der Versickerungsflächen entstanden sind.“ Für die Ursachenanalyse der konkreten Schäden müssten sich Betroffene an die Hausverwaltungen oder die Feuerwehr wenden, so der Stadtsprecher.
Er verweist auch noch einmal auf die Starkregengefahrenkarte und Informationsbroschüren der Stadt – appelliert, sich auf weitere derartige Ereignisse einzustellen. Doch unter den Bewohnern bleibt der Ärger groß. Und die Angst vor der nächsten Starkregenfront bleibt.
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