Mannheim. Manchmal sind im Mittelteil eher unscheinbarer Nachrichten große Neuigkeiten versteckt. So bei einer kürzlich verschickten Pressemitteilung der Stadt Mannheim. Überschrift: „Novelle der Bioabfallverordnung (BioAbfV).“ Das klingt, bei allem Respekt, nicht nach schier unerträglicher Spannung. Dann wird zunächst nochmal erklärt, was in die Biotonne darf. Das sind Obst- und Gemüsereste sowie Gartenabfälle. Nicht jedoch Kunststoffe, Steine, Glas, Keramik und Metalle. Selbst Bioplastik oder kompostierbares Plastik seien ein großes Problem. Sie schmälerten die Qualität des nährstoffreichen Komposts aus Biomüll.
Ferner wird gewarnt, bei der Verarbeitung würden nicht aussortierte Plastikfolien und andere Fremdstoffe zu kleinsten Teilchen gehäckselt. „Als Mikroplastik gelangen sie in den Boden und ins Grundwasser.“
Deutlich weiter unten folgt, was die Stadt dagegen tut. Bislang überprüften in Mannheim Müllmänner per Sichtkontrolle Bioabfall. Falsch befüllte Tonnen würden gekennzeichnet und mit dem Hinweis versehen, dass sie nicht geleert werden könnten und besser zu sortieren seien. Andernfalls müsse man für sie eine kostenpflichtige Restmüll-Sonderabholung bestellen.
Bei Fremdstoffen in Tonne droht kostenpflichtige Sonderabholung
Dann erst folgt der Satz, der in einigen Haushalten Alarmglocken schrillen lassen dürfte: „Künftig ist es aber auch denkbar, so wie in anderen Kommunen, mit Fremdstoff-Detektoren am Müllfahrzeug die Qualität des Bioabfalls zu überprüfen.“
Der „MM“ hat nachgefragt, ob es sich da nur um Gedankenspiele oder schon um konkrete Planungen handelt. Letzteres offensichtlich, denn Alexandre Hofen-Stein vom für die Abfallwirtschaft zuständigen Umweltdezernat der Grünen-Bürgermeisterin Diana Pretzell antwortet: „Der Stadtraumservice prüft gerade den Einsatz von unterschiedlichen Fremdstoff-Detektoren an den Müllfahrzeugen. Bis diese vor Ort zum Einsatz kommen, müssen zunächst die datenschutzrechtlichen Voraussetzungen geklärt werden.“
Vor dem geistigen Auge klingelt da schon der Ordnungsdienst an der Tür und wedelt vorwurfsvoll mit einem Stück Plastikfolie, in die Salat verpackt war. Auch nach dem Rasenmähen können schwer zu erkennende Klein-Fremdkörper leicht in die Biotonne geraten.
Zwangsleerung einer 80-Liter-Biotonne kostet in Mannheim 79,35 Euro
In der Pressemitteilung steht zwar: „Bußgelder werden nicht verhängt.“ Aber Kosten könnten den Verursachern mit fälligen Sonderabholungen entstehen. Hofen-Stein beziffert sie für die Zwangsleerung beispielsweise einer 80-Liter-Biotonne mit 79,35 Euro (69,80 für die Anfahrt, 9,55 fürs Leeren). Auf Anfrage erläutert er auch, bisher kontrollierten Müllmänner lediglich stichprobenartig. Und: „Zu Beanstandungen kommt es nur in Einzelfällen.“
Warum dann die Stadt jetzt dieses Fass aufmacht, kann einen schon verwundern. Ihre Finanzlage ist dramatisch. Fremdkörper-Detektoren für Müllautos müssen nicht teuer sein, aber umsonst sind sie garantiert nicht. Zudem dürfte bei einigen Menschen der gewaltige Ärger noch nicht verraucht sein, den es nach Frühjahrsbeginn um unangekündigt stornierte Abholtermine ausgerechnet für Biotonnen gab.
Den Zeitpunkt erklärt indes das einschläfernde Kürzel BipAbfV. Zum 1. Mai trat bundesweit eine neue Verordnung in Kraft, gemäß der in Biomüll nur noch maximal drei Prozent Fremdkörper zulässig sind.
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