Mannheim. Ein Mitarbeiter des Kommunalen Ordnungsdienstes sieht, wie ein Zigarettenstummel auf eine Grünfläche geworfen wird. Als sich der Kippen-Schnipper weigert, seine Personalien preiszugeben, bringt ihn der städtische Bedienstete zu Boden und legt ihm Handfesseln an. Dieser Vorfall liegt zwar zehn Jahre zurück, aber erst jetzt endet vor dem Landesarbeitsgericht ein Prozess, den in letzter Instanz die Stadt Mannheim gewinnt. Das LAG hält für rechtens, dass der mehrfach wegen ruppigen Verhaltens aufgefallene Streifengänger in einen anderen Amtsbereich versetzt worden ist. Über das Spannungsfeld, in dem ein Kommunaler Ordnungsdienst agiert, führt der „MM“ mit Sicherheitsdezernent und Erstem Bürgermeister Christian Specht sowie Fachbereichsleiter Klaus Eberle ein Gespräch.
Durchsetzen von Grillverbot
„Wir wollen keine schwarzen Sheriffs – aber auch keine Streetworker“, erklärt Specht und ergänzt: „Unsere Leute sollten aber von beiden Welten eine Ahnung haben.“ Specht wie Eberle wissen sehr wohl, dass ein Dienst, der Regeln im öffentlichen Raum bürgerfreundlich, aber gleichwohl konsequent durchsetzen soll, so etwas wie die Quadratur des Kreises bedeutet. Das offenbaren auch Fortbildungsschulungen, deren Konzept Eberle – er leitet den Fachbereich Sicherheit und Ordnung seit 1996 – wesentlich erarbeitet hat. Nicht von ungefähr spielen neben dem Vermitteln von Fachwissen auch Konfliktbewältigung und Deeskalation eine zentrale Rolle. Die Lernziele: Mitarbeitende sollen professionell auftreten, aktiv auf Menschen zugehen, beim Hinweisen auf Fehlverhalten die jeweiligen Regeln erklären und bei notwendigen Sanktionen die Gründe erläutern. Damit es auch beim Aufschaukeln von Emotionen gelingt, zu beruhigen, werden „angemessene Körpersprache“ wie auch „mentale Schutzschilder“ beim Umgang mit Beschimpfungen trainiert.
Besondere Streifen
- Seit 1998 gibt es in Mannheim Kommunale Ordnungsdienste, KOD, die zum Fachbereich Sicherheit und Ordnung gehören. Es handelt sich um eine Art „Stadtpolizei“.
- Daraus entwickelte sich für eher heikle Kontrollaufgaben der Besondere Ordnungsdienst, BOD, der vor allem in der Innenstadt, im Jungbusch und der Neckarstadt mit uniformierten Doppelstreifen unterwegs ist.
- Die klassische Parkraumüberwachung (Knöllchen und Co.) übernimmt der Verkehrsordnungsdienst (VOD).
Bekanntlich sind Rollenspiele und Realität zwei Paar Stiefel – insbesondere, wenn sich heikle Situationen an publikumsträchtigen Orten abspielen, diese von Umstehenden per Handy demonstrativ gefilmt werden und obendrein Alkohol „befeuert“. Sicherheitsdezernent Christian Specht: „Ganz wenige Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der Stadt sind so sichtbar wie jene der Ordnungsdienste.“ Und Klaus Eberle betont: „Von unseren Leuten wird weit mehr Sensibilität als früher verlangt“ – ob nun eine Doppelstreife in den späten Abendstunden auf der Neckarwiese das Grillverbot durchsetzen oder auf dem Paradeplatz überzeugen soll, dass der denkmalgeschützte Grupello-Brunnen kein Planschbecken ist.
Wie schmal der Grat zwischen konsequentem und dennoch verständnisvollem Auftreten verläuft, blitzte in den arbeitsgerichtlichen Verfahren um den 2009 eingestellten Mitarbeiter auf. Weil Beschwerden zunahmen und der Außendienstler seinerseits mehrfach Anzeige wegen Beleidigung im Dienst erstattet hatte, versetzte ihn die Stadt in einen anderen Tätigkeitsbereich. Dagegen wehrte sich der einstige Streifengänger – und dies mit gerichtlichen Teilerfolgen. Aber letztlich obsiegte die Stadt. In dem Urteil der 14. LAG-Kammer werden nicht nur rechtliche Argumente erläutert, warum bei der Versetzung das vom kommunalen Arbeitgeber ausgeübte Direktionsrecht zu billigen ist.
Darüber hinaus führt der Vorsitzende Richter Wolfgang Gruber aus: Die Kammer habe den Eindruck gewonnen, dass der aus dem Außendienst entfernte Mitarbeiter seine Tätigkeit „als Kampf“ gegenüber dem Bürger verstanden habe und „bis zum heutigen Tag keine Sensibilität beziehungsweise Bewusstseinswandel eingetreten ist“. Und damit bestehe „ein mangelhaftes Verständnis für das angestrebte Leitbild eines bürgerfreundlichen Ordnungsdienstes“. Die Kammer hat zwar keine Revision zugelassen, aber dagegen legte der städtische Mitarbeiter eine sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde ein. Bleibt abzuwarten, wie diese beschieden wird.
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