Sternschnuppe: Im evangelischen Kindergarten auf dem Luzenberg gibt es Weihnachtsengel in verschiedenen Formen

Sprachförderung sogar hinter dem Herd

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Katrin Filthaus

Es gibt viele kleine Engel im evangelischen Kindergarten Sternschnuppe auf dem Luzenberg - schon allein die Frage an die Mädchen und Jungen "Wer ist für Euch ein Engel?", lässt zahlreiche Finger nach oben schnellen. Als Luca aufgerufen wird, versichert er mit treuherzigem Blick "ich bin ein Engel". Nach einer Pause fügt er hinzu "und meine Mama, die ist an Weihnachten geboren".

Mit den Engeln beschäftigen sich die Kinder auch im Stuhlkreis. Tanja Raubicek liest den Kleinen vor, wie Maria von ihnen erfährt, dass sie Gottes Sohn zur Welt bringen wird. Dabei heißt es aufmerksam zuhören, denn parallel zur Geschichte bauen die Mädchen und Jungen unter Anleitung von Nicole Gierke den Hof auf, auf dem Maria als junge Frau lebt. Danach dürfen zwei Kinder ihre Päckchen am Adventskalender öffnen - auch der ist für viele nicht selbstverständlich. Die Kleinen kommen aus neun verschiedenen Nationen. Dass es Weihnachten Geschenke gibt, wissen sie - aber wie geht die Weihnachtsgeschichte weiter? Da herrscht Schweigen. Zu Hause erfahren viele Kinder, selbst diejenigen aus deutschen Familien, nichts darüber. Und auch Lieder zum Fest kennen nur die "Großen", die schon länger hier im Kindergarten sind, bedauert Barbara Theis, die Leiterin der "Sternschnuppe".

Dankbar für Aufmerksamkeit

Hier setzen ihre Kolleginnen und sie an. Sie erzählen die Geschichte von Christi Geburt und bereiten für eine gemeinsame Feier mit den Eltern ein Musical vor: eine Art Krippenspiel, das von Weihnachtsliedern umrahmt ist, bei denen alle mitsingen können. So halten Feiertage wie Weihnachten und Ostern Einzug und die Eltern wissen das zu schätzen. Denn die Leiterin achtet darauf, dass der Glauben anderer Religionen respektiert wird, so hat zum Beispiel Schweinefleisch auf dem Speisezettel nichts zu suchen. Denn hier gibt es Vollverpflegung, niemand hat etwas eigenes dabei; Kinderarmut soll und darf hier nicht greifen. Es gibt drei Mahlzeiten am Tag - "für einige Kinder ist nur so gewährleistet, dass sie regelmäßig essen", weiß Theis.

Mit dem Thema Essen sind wir wieder bei den Engeln: Rita Weißensel kommt aus dem Stadtteil und kocht hier seit 24 Jahren. Für viele Kinder gibt es nichts Schöneres, als bei ihr in der Küche zu stehen, mit ihr Kartoffeln zu schälen - "obwohl danach oft nicht viel davon übrig ist", lacht Weißensel - und ihr zuzuhören, was sie in puncto Zubereitung erzählt. "Das ist die beste Sprachförderung. Unsere Frau Weißensel ist die gute Seele, sie erzählt den Kleinen immer ganz genau, was sie gerade macht", lobt Theis. Am heißen Herd sind diese Besuche zwar eigentlich tabu, aber Danny darf trotzdem einen Blick in die Pfanne werfen. Es gibt Chicken Nuggets, "wie bei McDonalds", meint Danny. Aber er weiß, was dazugehört, damit die Mahlzeit ausgewogen ist, Salat zum Beispiel. Und so bringt die Mutter zweier erwachsener Söhne, die ebenfalls hier in den Kindergarten gingen, den Kindern das bei, was sie bei sich zu Hause aus verschiedenen Gründen nicht vermittelt bekommen. Die Kleinen sind dankbar, sie genießen es, dass ihnen Aufmerksamkeit geschenkt wird.

Und die bekommen sie nicht nur von den Kindergartenmitarbeitern, sondern auch von Waltraud Esser, der Chefin der "Flotten Luzies", die immer wenn sie vorbeischaut, sofort von Pulk Kinder umringt ist. Ebenso tun viele weitere Menschen auf dem Luzenberg ihr Möglichstes, den Kindergarten zu unterstützen. "Der Weihnachtsengel hat ganz viele Formen bei uns", sagt Theis und fügt etwas leiser hinzu: "Leute mit großen sozialen Empfindungen sind hier am richtigen Platz".

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