Mannheim. In Feudenheim krabbelt, kriecht und kreucht es: Die Ausstellung Insectophobie gastierte in der Kulturhalle. Insgesamt 90 Terrarien, mit Insekten - vor allem mit Spinnen, aber auch Käfern - bestücktt konnten bewundert und bestaunt werden. Dazu kommen rund 500 Präparate aus leblosen Tieren. Das Highlight sind die Riesenspinnen. Bei Tierpfleger Pierre Bülow dürfen mutige Besucher Vogelspinnen auch auf die Hand nehmen.
Bei den Arachnoiden, so lautet der Fachbegriff für Spinnen, scheiden sich die Geister: Während die einen fasziniert sind, haben andere von den langbeinigen Tierchen Angst. Nicht zuletzt, da es unter ihnen auch gefährliche Exemplare gibt. Die Tiere, die hier gezeigt werden, seien jedoch als mindergiftig eingestuft, beruhigt Bülow.
Veranstalter Giovanno Neigert ist fasziniert von der Vielfalt unter den Vogelspinnen. „Jedes Tier oder jede Art hat ihren eigenen Charakter und ihre eigenen Verhaltensmuster“, sagt er. Als kleiner Junge half er öfter in einem Zoogeschäft in der Nachbarschaft mit. „Ich habe meine Mutter quasi angebettelt, dass sie mir mit zwölf Jahren dann die erste eigene Vogelspinne kauft.“ 2010 überlegte er, wie er sein Hobby finanzieren könne. Er mietete in seinem Dorf eine Sporthalle und zeigte seine Tiere im Rahmen einer Ausstellung. Das kam an. 2011 machte er sich mit seiner Wanderausstellung selbständig.
Geraten Spinnen in Stress, wenn sie angefasst werden?
Jason bleibt mit seinem Vater Ron und seinem fünfjährigen Sohn Taavi an den Terrarien stehen. Er möchte, dass der Kleine den Spinnen offen gegenübersteht, Nicolas und sein Sohn Paik schauen sich eine Vogelspinne an. „Ich möchte meinem Sohn Insekten näherbringen“, sagt der Mannheimer. „Er soll keine Angst vor ihnen entwickeln.“ Aileen und Tobi haben fünf Vogelspinnen daheim. „Mich fasziniert die Artenvielfalt“, sagt sie. Die selbst aufgezogenen nehmen sie gar auf die Hand. „Vor ein paar Jahren hatte ich eine Spinnenphobie“, erzählt die Mannheimerin. Sie setzte sich damit auseinander. „Jetzt bin ich von ihnen begeistert.“
Bei jeder Ausstellung kommen auch Leute, die ein bisschen Angst vor Spinnen oder gar eine Phobie haben, erzählt Neigert. „Wir hören auch ganz oft, dass Besucher sich dabei mit ihrer Angst auseinandersetzen.“ Zudem können die Leute dem Team Fragen stellen. So könne man auch Vorurteile aus der Welt schaffen, sagt Neigert.
Doch bedeutet es für die Spinnen Stress, auf die Hand genommen zu werden? Neigert, der seit 30 Jahren Spinnen hält, beruhigt und erklärt, dass er in all den Jahren keine Ausfälle oder vorzeitige Todesfälle der Tiere miterlebt hat. Das Wohlbefinden seiner Insekten steht für ihn an oberster Stelle. „Wir haben auch ein spezielles Fahrzeug, das ist umgebaut und stark isoliert ist.“ Darin befänden sich eine Heizung, ein Luftbefeuchter und eine Klimaanlage „Und ich habe die Auflage, dass ich jeden Veranstaltungsort beim Veterinäramt melden muss, die sich alles anschauen und prüfen, ob es den Vorgaben entspricht.“
Ein kleiner Junge fragt Bülow ängstlich: „Beißen die?“ Seit Beginn der Ausstellung sei noch kein Besucher gestochen worden, beruhigt er, den Jungen, während er ihm die Vogelspinne Eduard sachte auf die Hand gibt. Der Schmerz bei einem Stich entspreche dem bei einem Wespenstich, erzählt er. Auch Norbert traut sich, die Spinne auf die Hand zu nehmen. „Sie ist leicht“, staunt der Besucher“. Das Tier wiege gerade mal 15 bis 20 Gramm, sagt der Tierpfleger. Auch Ayla (8), Kemal und Lisa stehen mit Levent (7) und Melody (11) an.
Expositionstherapie mit Virtueller Realität am ZI Mannheim
„Ich bin ein bisschen aufgeregt“, gesteht der Junge. Hinterher strahlen die Kinder.„Sie ist ganz weich und flauschig“, sagt Melody begeistert. Anhauchen sollte man Eduard nicht, da Spinnen an den Beinen Tasthaaren haben und bei einem Luftzug die Flucht ergreifen könnten, erklärt Bülow. Benjamin und Dee haben zwei Spinnen zuhause. „Ich finde sie interessant“, erzählt Dee, die die Spinne sogar auf den Kopf nimmt. Rahel ist auf der Ausstellung, um ihrer Phobie Herr zu werden. Während ihr Partner Tim kein Problem damit hat, die Spinne auf die Hand zu nehmen, bleibt die junge Frau zögerlich. Am Ende traut sie sich doch. „Ich habe mir gedacht, wann hat man schon mal die Gelegenheit dazu.“ Auch wenn die Erfahrung positiv für sie war: Wiederholen will Rahel das nicht. „Ich hatte Herzklopfen.“
Wer Angst vor Spinnen hat, kann sie in Mannheim auch ganz ohne echte Tiere in den Griff kriegen - mittels Virtueller Realität-Brille. Das Mannheimer Zentralinstitut für Seelische Gesundheit bietet eine spezielle Expositionstherapie an. Terminvereinbarung unter Tel. 0621/17 03 28 50, das Stichwort „Virtuelle Realität Phobie“ nennen.
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