Zweieinhalb Stunden hatte der Hauptausschuss in der vergangenen Woche diskutiert - und auch im Gemeinderat gab es gestern noch Klärungsbedarf: Vor der dann doch breiten Zustimmung für das umfangreiche Sparprogramm der Stadt äußerten die Fraktionen Bedenken und Hoffnungen. Das Ziel der sogenannten Strategischen Haushaltskonsolidierung in Mannheim (SHM): Von 2019 an will die Stadt jährlich 42 Millionen Euro einsparen.
Bürger in den Prozess einbinden
Oberbürgermeister Peter Kurz machte zu Beginn der Diskussion noch einmal klar, dass die Stadt ohne diesen Masterplan bald nicht mehr in ausreichender Höhe dringend notwendige Investitionen tätigen könne. Schon im Haushalt für 2017 sei ein Sparbeitrag von sieben Millionen Euro einberechnet. Mit seiner Zustimmung hat der Gemeinderat die Verwaltung nun beauftragt, für mehrere Schlüsselprojekte Beschlussvorlagen zu erstellen. Um konkrete Einzelprojekte ging es jedoch noch nicht. Der beschlossene Masterplan werde nicht mit der Rasenmähermethode vorgehen, sagte Kurz weiter. Dennoch sei es Illusion, dass das Sparprogramm niemand bemerkt: "Menschen werden das spüren."
Seine Fraktion teile die Ambition, 42 Millionen Euro im Jahr sparen, sagte Ralf Eisenhauer (SPD). Allerdings müsse man direkt betroffene Menschen in den Prozess einbinden, forderte er. CDU-Fraktionschef Carsten Südmersen sagte, die derzeit gute finanzielle Situation der Stadt sei kein Grund, "Hurra zu schreien". Das Ziel 42 Millionen klinge sehr hoch und sei schwer zu definieren. Für die Grünen-Fraktion war gestern wichtig, dass es keine Vorentscheidungen für bestimmte Maßnahmen und keine Festlegung auf eine genaue Summe gebe. Achim Weizel (Mannheimer Liste) verband mit der Zustimmung seiner Fraktion die Hoffnung auf Transparenz in dem Prozess.
Für Aufregung sorgte der Antrag der SPD. Die Fraktion forderte vor dem Hintergrund der guten Zahlen des Dreivierteljahresberichts, dass Geld für Projekte verwendet werde, die in der Vergangenheit mangels Finanzmitteln zurückgestellt worden waren. Dabei ging es unter anderem um die Einrichtung von Jugendtreffs in den Stadtteilen Luzenberg und Schwetzingerstadt. Die CDU fand das "kein Vorgehen für den Gemeinderat", wenn nun jede Fraktion seine Wünsche einbringe. "Das führt ins Chaos", sagte Südmersen. Oberbürgermeister Kurz machte den Vorschlag, in einer der nächsten Sitzungen des Hauptausschusses aufzuführen, was von Verwaltungsseite an überplanmäßigen Ausgaben geplant sei.
Stadtrat Julien Ferrat (Familien-Partei) hat in der Sitzung des Rates für die Veröffentlichung des Rap-Videos "Mannheimer Ghetto" die erwartete Rüge kassiert. Oberbürgermeister Kurz sagte, weder der Gemeinderat noch die Verwaltung müsse auf die Zustände in der Neckarstadt-West hingewiesen werden. Das war laut Ferrat das Ziel des Videos.
Der Stadtrat trug eine Erklärung vor, in der er sich von dem Vorwurf distanzierte, das Video sei sexistisch. Mehrere Stadträtinnen der SPD- und Grünen-Fraktion waren von Ferrats Vortrag offensichtlich so angewidert, dass sie den Saal verließen. Heidrun Kämper (SPD) sagte, die Rüge bringe die Empörung des Rates zum Ausdruck. Das Video sei Zeichen eines verzögerten Reifeprozesses, die Verwendung von Nazivokabular in Ferrats Reaktion im Vorfeld auf die drohende Rüge eine Verharmlosung der damaligen Großverbrechen und ein Zeichen für Hilflosigkeit.
Die Diskussion, die Ferrat als Befangener vor dem Saal nicht mitverfolgen konnte, war geprägt von der Frage, wie viel Aufmerksamkeit man ihm und seinem Video widmen solle und dürfe. Einigen Stadträten hätte auch deshalb eine Missbilligung statt der Rüge gereicht.
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