Mannheim. Vom Sportartikel über Arbeitskleidung, Uniform, Holzprodukt, Lebensmittel bis hin zu Reinigungsmittel, Büromöbel, Drucker sowie Kraftfahrzeug – was klingt wie eine kuriose Einkaufsliste, hat einen ernsten und nachhaltigen Hintergrund.
Was diese Waren nämlich gemein haben: Sie sollen künftig zu den sogenannten sensiblen Produkten gehören, bei denen die Stadt Mannheim genauer hinschauen will, bevor sie sie einkauft. Denn gerade bei solchen Gütern schätzt die Stadt das Risiko für Arbeitsrechtsverletzungen und Umweltverschmutzungen entlang der Wertschöpfungskette als besonders groß ein.
Das Ziel für diese neuen Kaufvorgaben: „Soziale und ökologische Nachhaltigkeitskriterien in die städtische Vergabepraxis von Waren- und Dienstleistungen aufzunehmen und dabei das Ziel Klimaneutralität zu forcieren“, heißt es in einer von der Verwaltung vorgelegten Beschlussvorlage, der an diesem Dienstag der Gemeinderat einstimmig zugestimmt hat. Zuvor war der Vorschlag bereits als Thema im Ausschuss für Umwelt und Technik diskutiert und dort mit einem zusätzlichen Passus einstimmig beschlossen worden.
Gütesiegel und Zertifikate
Konkret bedeutet das: Zukünftig will sich die Stadt Mannheim dazu verpflichten, dass mindesten 30 Prozent ihrer gekauften Produkte sozial und ökologisch nachhaltig sind. Wer also das Rathaus als Auftraggeber gewinnen will, muss mit geeigneten Gütesiegeln und Zertifikaten nachweisen, dass seine Produkte oder Dienstleistungen bestimmte Nachhaltigkeitskriterien erfüllen.
Gerade also für solche „sensiblen Produkte“ sollen dann schrittweise festgesetzte Nachhaltigkeitsvorgaben in die Ausschreibungsverfahren aufgenommen werden. Dabei werden zudem, wie im Ausschuss für Umwelt und Technik zusätzlich von den Politikern und Politikerinnen gefordert, „bei der Vergabe die Akteure der Sozialwirtschaft in besonderer Weise berücksichtigt. Die diesbezüglichen Forderungen der Mannheim Message sind dabei umzusetzen“. Worauf die Verwaltung dann ebenfalls vor dem Kauf achten will, definiert sie in ihrer Vorlage folgendermaßen: Unternehmen und Anbieter müssen faire Löhne, Arbeitsbedingungen und Arbeitnehmerrechte nachweisen, es wird wert auf Tariftreue und Mindestlohn gelegt.
Klimaschutz und Klimaneutralität dürfen bei der Produktion ebenfalls nicht fehlen, auch der Wasserverbrauch sowie die Energie- und Ressourceneffizienz spielen eine entscheidende Rolle. Wichtig sind zudem eine Kreislaufwirtschaft sowie das Vermeiden und Recycling von Abfall. Was auf den ersten Blick nach vielen Hürden klingt für Anbieter, die der Stadt etwas verkaufen wollen, ist längst schon gängige Praxis, wie es in der Beschlussvorlage heißt. So seien die Auftragnehmer bereits heute zur Einhaltung des Landestariftreue- und Mindestlohngesetzes verpflichtet.
Marktmacht nutzen
Bei Ausschreibungen werde die Verwendung von FSC-Holz, der Öko-Standard 100 bei Textilien und beim Papier der Blaue Engel gefordert. Außerdem beziehe die Verwaltung schon seit Jahren 100 Prozent Ökostrom. Aber haben solche Strategien wirklich Einfluss auf die Märkte, nachhaltiger und klimaneutral zu werden – und warum setzt sich die Stadt selbst so hohe Anforderungen? „Öffentliche Beschaffung kann einen wesentlichen Beitrag zu Erreichung der globalen Nachhaltigkeitsziele leisten und ist daher zentral für die Umsetzung des Leitbilds Mannheim 2030“, lautet die Begründung.
Damit will die Stadt nachhaltigen Konsum, fairen Handel und gerechte Löhne fördern sowie zum Klima-, Umwelt- und Ressourcenschutz beitragen. Und weil öffentliche Auftraggeber jährlich Waren und Dienstleistungen im Wert von rund 350 Milliarden Euro kaufen, besitzen Bund, Länder und Kommunen tatsächlich eine starke Marktmacht. Gemeinsam beschaffen sie nämlich Leistungen im Umfang von etwa 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Und genau diese Macht will auch die Stadt Mannheim künftig nutzen, um die Märkte hin zur nachhaltigeren und umweltfreundlicheren Herstellung von Produkten zu bewegen.
Eine weitere Hoffnung der Verwaltung: „Die öffentliche Nachfrage nach nachhaltigen, klimaneutralen Produkten und Dienstleistungen setzt ein deutliches Signal und kann eine Vorbildfunktion für Privatunternehmen und Bürger ausüben“, heißt es in der jetzt beschlossenen Vorlage.
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