Mannheim. Beim ersten Klingeln am Innenstadt-Revier fühlt sich noch alles an wie früher. Aber schon nach dem ersten Schritt in die umgebaute H4-Wache betritt man eine neue, hoch gesicherte Polizeiwelt. Wie sich das bemerkbar macht, ist direkt im neuen Schleusenbereich am Eingang spürbar.
Denn wer mit den Polizisten im Inneren sprechen will, muss hier durch. Wo noch vor einem Jahr allerdings ein Beamter direkt die Besucher an der Empfangstheke begrüßt hat, prangt jetzt eine Glastür mit der Aufschrift „Warteraum“. Sie gibt Einblick in einen kleinen Raum mit hölzerner Sitzbank. Auf genau diese Tür verweist dann plötzlich eine Stimme per Lautsprecher: „Bitte einmal hier Platz nehmen“.
Woher diese Stimme kommt, lässt sich erst nach kurzem Umschauen hinter die riesige Glasfront auf der gegenüberliegenden Seite ausmachen: Hinter einer komplett verglasten Front liegt der neue Wachraum des Reviers. Und genau von dort aus steuert ein leitender Beamter eigentlich das ganze Revier und kann per Lautsprecher Anweisungen durchsagen. Selbstständig hier auch nur eine Tür öffnen? Das ist im Schleusenbereich unmöglich. Denn gerade diese Zone ist akribisch abgeriegelt, was ein mechanisches Summen verrät, das die Tür zum Warteraum öffnet.
Kein Thekenspringen mehr, dafür neuer Warteraum und Umkleiden
Im Inneren fühlt sich der winzige Raum, ausgestattet mit einer Kamera, fast so an wie eine kleine Zelle. Nur dass hier natürlich keine Straftäter oder Tatverdächtigen in Gewahrsam genommen werden, sondern die ganz normale „Laufkundschaft“ darauf wartet, bis sie an die Reihe kommt. Also alle, die etwa eine Anzeige aufgeben wollen oder ein anderes Anliegen an die Polizei haben. Durch die Glastür lässt sich zwar der neue Wachraum sowie der Schleusenbereich gut beobachten. Was aber genau im Schleusenbereich besprochen wird, bleibt den Wartenden hier verborgen. Schließlich ist auch diese Tür elektronisch verriegelt, sind die Fenster aus schusssicherem Glas und der Raum schallisoliert.
Wirklich Zutritt in das renovierte Innenstadt-Reviert gewähren dann erst Revierleiter Peter Oechsler und sein Leiter der Führungsgruppe, Harald Fahldiek, als sie die Türe von außen öffnen. Beide Polizisten werden an diesem Tag zeigen, wie sich die Arbeit in einem der einsatzstärksten Reviere des Polizeipräsidiums Mannheim durch den Umbau verändert hat. Und ob sich die knapp 100 Polizisten und Polizistinnen, die hier im 24-Stunden Schichtdienst arbeiten, durch neueste Technik, schusssicherere Fenster, steuerbare Türen, Kameras, alarmgesicherte Vernehmungsräume und neue Umkleiden wohler - oder sogar sicherer - fühlen als vorher.
Über ein Jahr hat der Umbau in ein modernes Revier mit allen vorgeschriebenen Sicherheitsvorschriften nun gedauert, seit dem 20. Juni läuft der Betrieb hier wieder. Über den Köpfen der Beamten läuft die Baustelle aber weiter: Im Obergeschoss, wo der Tagdienst und die Führungsgruppe untergebracht sind, sollen die letzten 18 Büros bis zum Ende des Jahres umgebaut sein.
Was also ist in der Wache neu, was schon fertig? Neben der verglasten Theke, die nun das sogenannte Thekenspringen und damit plötzliche Angriffe auf die Beamten verhindert, freuen sich die Einsatzkräfte auch über neue und getrennte Umkleiden samt Duschen im Keller. Aber auch über eine längst überfällige Frauentoilette und eine separate Küchenzeile im Erdgeschoss, die jetzt vertrauliche Gespräche ermöglicht, ohne dabei von Wartenden in den gegenüberliegenden Vernehmungsräumen unbeabsichtigt belauscht werden zu können. Und vor allem über klimatisierte Räume. Denn im Sommer, in den aufgeheizten Quadraten, weiß Polizeioberrat Oechsler, herrschten hier oft über 30 Grad.
„Froh, endlich wieder zurück in der H4-Wache zu sein“
„Wir sind alle froh, endlich wieder in der H4-Wache zu sein. Die Kollegen gehen motivierter ins Feld, weil sie auch bei der Ausstattung mitreden durften. Das neue Umfeld wird klar als Wertschätzung wahrgenommen“, sagt Oechsler. Seit knapp anderthalb Wochen arbeiten die fünf Dienstgruppen mit je 13 Beamten und Beamtinnen sowie der 24-Mann starke Tagdienst samt der siebenköpfigen Führungsgruppe wieder in der neuen Wache. Während des Umbaus war der Streifendienst im Hauptsitz des Polizeipräsidiums in L6 untergebracht, auch das soll bald renoviert werden.
Zurück in der alten neuen Wache, finden die jungen Beamten, von denen die meisten unter 30 Jahre alt sind, schon jetzt die moderne Technik ziemlich hilfreich. Vor wenigen Stunden, berichtet Führungsgruppenleiter Fahldiek, hatte der Wachraum zum Beispiel das erste Mal die Möglichkeit genutzt, per Durchsage im gesamten Revier alle Streifen zu einem vermeintlichen Einsatz wegen eines Banküberfalls zu rufen. „Das war aber ein Fehlalarm“, beruhigt Fahldiek. Hinter ihm reihen sich im Vorzimmer des neuen Wachraums außerdem zwölf Bodycams, mobile Bezahlgeräte, Funkgeräte und Dienstwaffen für jede Streifenbesatzung auf. Die Waffen selbst sind in kleinen Schließfächern sicher verwahrt, genauso wie Maschinengewehre in einem Schrank daneben.
Der Wachraum - Herzstück und Zentrale des Reviers
Alles, was sich in der Wache abspielt, steuert und verfolgt jeden Tag der zuständige Leiter der jeweiligen Dienstgruppe vom Herzstück der Wache aus, dem sogenannten Wachraum. Der liegt direkt hinter der verglasten Front und kann im Notfall sogar komplett abgeriegelt werden, ähnlich einem Panikraum. Bei einem Stromausfall springt außerdem ein Notgenerator an, lassen sich zwar die Fenster nicht mehr öffnen, aber dafür alle Türen von innen. Ein höhenverstellbarer Schreibtisch samt drei Monitoren, Sprech- und Telefonanlage sowie mehrere Bildschirme, die das komplette Geschehen vor der Wache, aber auch in den Zellen rund um die Uhr überwachen, verschaffen dem jeweiligen Diensthabenden in der Zentrale einen fast 360-Grad- Blick.
Durch die Glasfront hat er oder sie gleichzeitig immer den Schleusenbereich im Blick - und kann per Touchscreen Türen öffnen oder Durchsagen machen. „Die Schleuse schafft schon ein neues Gefühl. Keiner kann beide Türen öffnen, also eben nicht einfach ins Revier durchstürmen“, sagt der Polizist hinter Monitor, bevor schon wieder das Telefon klingelt. Der Dienstgruppenleiter dieser Frühschicht findet auch: Die alte Wache war längst zu alt für die Ansprüche der Polizisten.
Früher, erinnert sich Revierleiter Peter Oechsler, hätten die Besucher und Besucherinnen am Empfang alles mithören können. Mitbekommen, wer welche Anzeige und warum aufgeben möchte. Zwar habe man versucht, die Betroffenen für weitere persönliche Details in die Vernehmungsräume zu leiten. Trotzdem erleichtert der neue Warteraum diese Vorgehensweise enorm, können dort auch unbetreute Kinder oder Jugendliche „zwischen geparkt“ werden. Denn die dürfen nicht in einer Zelle in Gewahrsam untergebracht werden.
Neuer Schleusenbereich bietet mehr Platz für Hilfesuchende
Wie nützlich allein der neue Warteraum im Alltag ist, zeigt sich schon nach wenigen Minuten: Zwar ist es erst früh am Morgen. Aber schon innerhalb einer halben Stunde klingeln hier mehrere Menschen. Mal wollen sie einen Internetbetrug melden, mal einen Diebstahl oder einen Überfall. Ihre Anliegen tragen sie alle zuerst draußen vor der Eingangstür vor, bevor sie dann an der verglasten Fronttheke weitere Details nennen können - oder im Warteraum solange sitzen bleiben, bis sie in einen der Vernehmungsräume des Reviers geleitet werden.
Zwischenzeitlich staut es sich an diesem Dienstagvormittag trotzdem im Schleusenbereich. „Das ist unser Grundrauschen. Richtig los geht es erst donnerstagabends, dann bis tief in die Nacht und das gesamte Wochenende lang. Da ist ein passendes Arbeitsumfeld mit neusten Sicherheitsstandards wichtig“, erklärt Revierleiter Oechsler. Ob seine Mannschaft den Umzug nun gut überstanden hat? „Wir sind zwar noch in der Findungsphase. Aber das war schon ein Erlebnis für alle und schafft große Verbundenheit zur Wache.“
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