Klimankonferenz - Regionale Akteure bewerten die Ergebnisse der Klimakonferenz / Fridays for Future: Resultate zeigen „Menschheitskrise“ nicht

So reagieren Mannheimer und Mannheimerinnen auf die Klimakonferenz

Von 
Stefan Proetel und Lea Seethaler
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Auch in Mannheim finden regelmäßig Demos fürs Klima statt. © Julius Paul Prior

Die Klimakonferenz in Glasgow ist vorbei, doch die Debatten über die Ergebnisse gehen erst jetzt los: Wir haben uns bei verschiedenen Akteurinnen und Akteuren der Quadratestadt zu ihrer Einschätzung und Bewertung umgehört.

Mannheims Oberbürgermeister Peter Kurz (SPD) sieht das Ergebnis des Gipfels aus Sicht der Kommunen „eher ernüchternd“. Obwohl der klimagerechte Umbau von Wirtschaft und Gesellschaft in den Städten und Kommunen weltweit umgesetzt werden müsse und diese über Selbstverpflichtungen die Erreichung der Klimaziele schon lange auf lokaler Ebene angingen, „sind wir immer noch weit von einem echten Multilevel-Governance-Bekenntnis der nationalen Regierungen entfernt“. So habe es einiger Anstrengungen bedurft, dass die lokale Ebene überhaupt als wichtiger Partner erwähnt worden sei. Mit Multilevel Governance ist die Verflechtung mehrerer Ebenen von politischen Strukturen gemeint.

Zur Klimakonferenz in Glasgow

Die UN-Klimakonferenz in Schottland hat den weltweiten Abschied von der Kohle eingeläutet. Erstmals in der Geschichte der Weltklimagipfel gab es dafür einen Konsens unter den rund 200 Staaten.

Im „Klimapakt von Glasgow“ steckt auch die Forderung, „ineffiziente“ Subventionen für Öl, Gas und Kohle zu streichen.

Die Formulierung wurde nach zweiwöchiger Konferenz am Samstagabend in letzter Minute auf Druck Chinas und Indiens aber noch verwässert. Zum Abschluss der UN-Klimakonferenz in Schottland hatten sich die beteiligten Länder auf einen schrittweisen Ausstieg aus der Kohle verständigt.

Auch wurde festgehalten, dass der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase weltweit in diesem Jahrzehnt um 45 Prozent sinken muss, wenn das 1,5-Grad-Limit erreicht werden soll – das bedeutet eine Erderwärmung von 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit.

Kurz kritisiert, dass Städte jedoch nicht als politisch legitimierte Ebene anerkannt sind, sondern als NGOs, (Nicht-Regierungsorganisationen) gesehen und entsprechend auch nur im Zusammenhang mit der Zivilgesellschaft erwähnt. „Damit spielen die Städte noch immer nicht eine adäquate Rolle.“ Auch seien Dezentralisierung und kommunale Selbstverwaltung als Voraussetzung für erfolgreiche Maßnahmen der Klimafolgenanpassung und nachhaltiger Entwicklung nicht angesprochen. „Das muss sich ändern, denn in den Städten werden Lösungen entwickelt und umgesetzt, auch im Bereich des Klimaschutzes“, fordert der Oberbürgermeister. Es seien auch die Städte, die von den Folgen des Klimawandels direkt betroffen seien.

„Drängendste Herausforderung“

„Der Klimaschutz und damit die Energiewende stellen die größte und drängendste Herausforderung unserer Zeit dar“, äußert sich indes Sebastian Ackermann, Sprecher der MVV auf Anfrage zu einer Einschätzung zu den Glasgow-Ergebnissen. Mit dem „Mannheimer Modell“ wolle der Energiekonzern bis 2040 klimaneutral und danach als eines der ersten Energieunternehmen „klimapositiv“, werden - also der Atmosphäre wieder Treibhausgase entziehen.

„Deshalb sehen wir uns durch die aktuellen Beschlüsse der UN-Klimakonferenz in Glasgow in unserem Fokus bestärkt, die CO2-Emissionen kontinuierlich zu reduzieren und erneuerbare Energien auszubauen und damit einen Beitrag zu leisten, dass die Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad begrenzt werden kann“, so Ackermann weiter. „Wir machen alle unsere Produkte und Lösungen für unsere Privat-, Gewerbe- und Geschäftskunden nach und nach ,grün’. Und wir sind dazu heute schon voll angebotsfähig“, richtet er das Versprechen auch an die Kunden.

Mannheims Bürgermeister Dirk Grunert (Grüne) betrachtet derweil das Ergebnis von Glasgow als Vertreter von Umweltbürgermeisterin Diana Pretzell „mit gemischten Gefühlen“. In Summe habe er sich mehr erhofft. Die Vereinbarungen zu Methan und zur Biodiversität seien wertvoll, der Beschluss zum Kohleausstieg sei dagegen enttäuschend. Nach Expertenmeinung könne damit das 1,5-Grad-Ziel nicht erreicht werden. Mannheim sei gerade dabei, den Klimaschutz-Aktionsplan 2030 als eines der wichtigsten Vorhaben für das Ziel der Klimaneutralität unter breiter Beteiligung der Stadtgesellschaft zu erarbeiten. „Doch das können wir nicht alleine schaffen“, unterstreicht Grunert. „Wir brauchen dazu Land und Bund und den internationalen Rückhalt, um den begonnenen Transformationsprozess zu beschleunigen. Unser Klimaschutz-Aktionsplan 2030 soll aufzeigen, wie der frühere Ausstieg aus fossilen Brennstoffen gelingen kann.“ Städte seien zunehmend die Treiber einer ambitionierteren internationalen Klimapolitik - als besonders Betroffene, aber auch als die Orte, an denen die Transformation organisiert werde. Daher verwirkliche Mannheim als Pilotstadt den Local Green Deal, eine Umsetzung des EU-Green Deals auf Stadtebene. „Dieser neue, integrative Ansatz für eine nachhaltige, klimaneutrale Stadtentwicklung setzt auf konkrete Aktionen und Vereinbarungen in der Stadt.“

„Finanzielle Machtinteressen“

Das Großkraftwerk Mannheim (GKM) wollte auf Anfrage der Redaktion zum Thema Glasgow-Ergebnisse kein Statement abgeben. Auch vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) Mannheim war auf Nachfrage keine Einschätzung zu erhalten. Dagegen äußerten sich die Aktivisten von Fridays for Future Mannheim: „Die Ergebnisse der Weltklimakonferenz zeigen nicht, in welcher globalen Menschheitskrise wir uns befinden. Obwohl Indigene und Menschen des globalen Südens am meisten unter den Folgen der Klimakrise leiden, verantworten sie diese am wenigsten und haben zugleich den geringsten Einfluss auf die Ergebnisse.“ Vielmehr sei die Konferenz von finanziellen Machtinteressen der Länder und Unternehmen blockiert worden, welche die Klimakrise zu verantworten haben.

„Stattdessen wäre vielmehr eine Vereinbarung von Zahlungen an Länder des globalen Südens nötig gewesen, um diese zu unterstützen“, so Lena Kamuff von Fridays for Future Mannheim. Es seien schließlich die Emissionen der reichsten Länder, die besonders in den dort betroffenen Regionen nun „unvorstellbare Katastrophen“ anrichten. Zudem hätten die Staaten es verfehlt, den sofortigen Ausstieg aus Kohle und anderen fossilen Energien zu beschließen. „Diese Weltklimakonferenz hat es nicht geschafft, die systemischen Veränderungen einzuleiten, die so dringend notwendig sind.“ Die Klimakrise sei „jetzt“, und konsequente Maßnahmen müssten „auch jetzt“ ergriffen werden. „Wenn wir sagen ‘1,5 Grad ist nicht verhandelbar’, dann meinen wir das auch so!“, macht Kamuff unmissverständlich deutlich.

Ehemalige Mitarbeit Ressortleiter Lokales/Regionales und Mitglied der Chefredaktion

Redaktion Redakteurin und Online-Koordinatorin der Mannheimer Lokalredaktion

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