Mannheim. Manchmal läuft es einfach nicht. So auch an diesem Vormittag. „Es ist bisher ein verrückter Tag“, sagt Chiara Ruppertus. Vieles sei drunter und drüber gegangen, erzählt die Auszubildende zur Kauffrau weiter. So sei beispielsweise beim Backen die komplette Ladung heruntergefallen. Auch streikte am Morgen das Rolltor „so dass wir die Ware nicht richtig annehmen konnten.“ Doch Ruppertus, lässt sich von so etwas nicht aufhalten, inzwischen hätten sie und ihre Kollegen auch alles wieder in den Griff bekommen. „Es gibt für alles eine Lösung“, sagt sie. Solche Probleme würden schließlich zum täglichen Geschäft in einem Supermarkt gehören.
Zusammen mit 24 weiteren Auszubildenden schmeißt Ruppertus derzeit einen Laden des Lebensmittelhändlers Penny in der Mannheimer Innenstadt. Für zwei Wochen tragen sie die komplette Verantwortung der Filiale. Azubi-Markt nennt Penny sein Ausbildungsprogramm. Die Auszubildenden sind dabei ganz auf sich allein gestellt, der Filialleiter schaut ihnen bei ihrer Arbeit nicht über die Schulter. Auch sonst ist niemand da, der den Laden kennt, denn das Stammpersonal ist auf andere Märkte verteilt worden.
Auszubildende sind ganz auf eigene Fähigkeiten angewiesen
Es sind die von Ruppertus geschilderten Erlebnisse und Erfahrungen, die die Auszubildenden für ihren weiteren Berufsweg mitnehmen sollen. Schließlich geht es beim Azubi-Markt darum, frühzeitig Verantwortung zu übernehmen. „Man muss mit allen Eventualitäten rechnen und schnell handeln können“, erklärt Ruppertus die Herausforderung an der Sache. Die Ludwigshafenerin ist wie alle im Azubi-Markt im zweiten Lehrjahr. Gebe es in der Heimatfiliale noch Kritik, Ratschläge oder Lob, sei sie nun ganz auf ihre eigenen Fähigkeiten angewiesen. „Das ist aufregend“, sagt Ruppertus.
In die gleiche Kerbe schlägt Kollege Andre Djuric: „Es ist sehr spannend, die Aufgaben, die wir zu Hause im Markt gelernt haben, jetzt ohne Marktleiter umsetzen zu können“, Dabei betrachtet der 20-Jährige aus dem pfälzischen Hettenleidelheim - bei aller Selbstständigkeit, die gefordert wird - auch das große Ganze, denn von ganz allein läuft so ein Laden nicht. „Auch wie das Team zusammen funktioniert, finde ich gut“, hebt Djuric deswegen hervor.
Dafür sorgt an diesem Vormittag Danial Khawaja, der dem Führungsteam des Azubi-Marktes angehört, und somit die Gesamtverantwortung trägt. Eigentlich lernt der 30-Jährige im hessischen Hanau. Nun muss er in Mannheim den Überblick bewahren. „Man muss überall gucken, ob auch wirklich alles gut läuft.“ Er nennt als Beispiele den Wareneingang, das Zählen der Kassen sowie des Tresors und auch, ob die Kollegen einen ordentlichen Job machen. Sechs weitere Azubis sind mit ihm für die Frühschicht eingeteilt. Es ist einer von zwei Diensten, den Khawaja als Teamleiter während des Azubi-Marktes übernimmt. „Man ist hier wirklich auf sich allein gestellt und muss das alles selbst bewältigen. Das gefällt mir“, sagt er.
So ganz allein sind er und seine Kollegen dann aber doch nicht. An diesem Tag ist Bezirksleiter Jürgen Kümmerlin vor Ort, und steht den Auszubildenden zur Seite. Er hält sich aber hauptsächlich im Hintergrund auf. „Es geht um Selbstständigkeit“, sagt er. „Wenn sie aber an ihre Grenzen stoßen sollten, bin ich dafür da, diese Grenzen zu erweitern“, sagt Kümmerlin. Das meiste laufe jedoch ohne seine Unterstützung ab, eingreifen habe er auch noch nicht müssen. „Sie scheinen die Routinen zu kennen“, betont er.
Auch Danial Khawaja ist bislang zufrieden - sowohl mit seiner Leistung als auch mit der der Kollegen. Bevor das Tagesgeschäft begonnen hatte, hätten sie sich am Morgen nur einmal im Team austauschen müssen, danach ging es ans Werk. „Die sind alle sehr kooperativ, und sie wissen, was sie machen“, sagt Khawaja. „Es hat bisher sehr gut geklappt, ich kann mich nicht beschweren“, lobt er.
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Während er und sein Team gerade dafür Sorge tragen, dass der Markt läuft, haben die restlichen Auszubildenden, die an dem Programm teilnehmen und aus Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Hessen und das Saarland kommen, nicht etwa frei. „Für die, die nicht im Markt sind, haben wir extra Projekte geplant“, sagt Christina Chira, Leiterin der Personalentwicklung. „Zum Beispiel einen Revisionstag oder einen Logistiktag. Es ist ein allumfassendes Ding“, erklärt sie.
Chira hat mit ihrem Team das Projekt geplant. Besonders das Personal zusammenzustellen, sei eine Herausforderung gewesen. „Die Führungskräfte zum Beispiel, die haben wir ja nicht nach Nase ausgesucht“, erläutert sie. Es galt, die Fähigkeiten und Stärken einzuschätzen. „Hat er schon Führungserfahrung, kann derjenige Bestellungen machen“, nennt Chira Beispiele.
Azubi-Markt-Kundin: „Es gibt Anreiz zur Selbstverantwortung“
Schließlich erhielten daraufhin auch Ruppertus, Djuric und Khawaja Post von der Personalabteilung. Sie waren gleich begeistert und mussten nicht lange überlegen, dass sie beim Azubi-Markt mitmachen. Auch die Kundschaft kann dem Ganzen etwas abgewinnen. Monika Biedermann findet das „eine super Sache“ und sagt: „Es gibt einen Anreiz zur Selbstverantwortung.“ Ein weiterer Kunde ist derselben Meinung: „Tolle Idee, es ist ein Learning, das ist doch das Beste, was es gibt.“
Zuvor hatte sich der Kunde, ohne zu wissen, dass aus dem Laden in S 6 noch bis Samstag, 10. August, ein Azubi-Markt geworden ist, über ein lautes Piepen beklagt. „Wir wissen im Moment nicht, wo das herkommt. Aber wir sind dran“, sagt Ruppertus. „Das passt zum Tag“, fügt sie lächelnd hinzu und geht dem Piepen auf den Grund. Schließlich wird auch dieses Problem gelöst, bevor sie wieder anpackt und mit den anderen Auszubildenden weiter die Verantwortung übernimmt. Läuft im Azubi-Markt.
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