Mannheim. Am Wasserturm scheinen die Uhren vorzugehen. Bereits um 23.30 Uhr schießen dort Raketen in den Nachthimmel, und Böller explodieren mit lautem Knall. Rund um Mannheims Wahrzeichen drängen sich schon jede Menge Menschen – besonders direkt am Turm wird Feuerwerk gezündet. Vor dem Rosengarten, mit etwas Abstand, schauen andere zu, manche filmen das Geschehen mit dem Smartphone. Es ist bereits so laut, dass Unterhaltungen schwierig sind. Dabei hat das neue Jahr noch gar nicht begonnen. Schon seit dem frühen Abend, als viele auf dem Weg zu Silvesterpartys sind, knallt es in der Stadt – es soll der Soundtrack für die nächsten Stunden werden.
Auch Leyla und Michael Press stehen eine halbe Stunde vor Mitternacht beim Rosengarten, auf einem grauen Stromkasten vor ihnen haben sie eine Flasche Sekt und Gläser drapiert. Das Paar aus Sandhofen war beim Griechen essen, danach ging’s zum Wasserturm. „Nach zwei Jahren wollten wir Silvester wieder draußen erleben“, sagt der 59-Jährige und wundert sich. „Die böllern hier schon seit einer Stunde.“ Sie selbst haben keine Raketen dabei, „aus dem Alter sind wir raus“, sagt Leyla Press und grinst. Was sie sich für 2023 wünschen? „Gesundheit“, sagt Michael Press, ohne lange überlegen zu müssen. Und seine sechs Jahre jüngere Frau ergänzt: „Und Frieden auf der Welt, und dass nicht alles so teuer wird.“

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Der große Zeiger der Uhr steht auf kurz vor zwölf. Milan Petrovic und Sanja Dragicevic kommen Hand in Hand und schick gekleidet zum Rosengarten. Das Paar hat ganz in der Nähe im Start-Up-Büro eines Freundes gefeiert, 15 Leute, mit Essen. Zum Start ins neue Jahr will das junge Paar aber für sich sein, „es ist unser erstes gemeinsames Silvester“, erzählt Milan. Jetzt, um Mitternacht, sind es nochmal deutlich mehr Böller und Raketen, die explodieren. Man hat das Gefühl, dass sich hier regelrecht etwas entlädt. Die Knallerei ist ohrenbetäubend. „Wir würden selbst nicht böllern“, brüllt Milan gegen den Lärm an. „Aber wir genießen die Show hier.“
Neben ihnen begrüßen zwei junge Männer und drei junge Frauen das neue Jahr mit riesigen Wunderkerzen in den Händen. Keine Böller also? Doch, sagt Marco, einer aus der Gruppe. „Ich habe auch welche gekauft“, brüllt er und zeigt auf das Paket neben ihm auf dem Boden. Aber erstmal wird er die hier wohl nicht brauchen. „Das war ein Spontankauf, ich habe das seit 15 Jahren nicht mehr gemacht.“ Laura, eine Frau aus der Gruppe, sagt, sie fände es besser, wenn die Stadt statt der wilden Böllerei ein kontrolliertes Feuerwerk organisieren würde.
So viel wie dieses Jahr sei noch nie geböllert worden, außer beim Beginn des neuen Jahrtausends an Silvester 1999“, sagt Violette Beermann. „Die Menschen haben Nachholbedarf.“ Die Seniorin muss es wissen. Sie wohnt seit vielen Jahren in einem der Häuser direkt am Wasserturm, von ihrem Balkon hoch oben hat man den perfekten Ausblick auf das Feiern und Böllern unten. Beermann hat also den jährlichen Vergleich. Wie jedes Jahr hat sie ihre Freunde zur Silvesterparty eingeladen, es gibt Gulaschsuppe und die Süßspeise Charlotte russe. Beermanns in Neuseeland lebender Sohn sitzt auch in dem großen Wohnzimmer. So eine Böllerei habe er noch nie erlebt, sagt er. Seine Mutter findet es schade, dass der Wasserturm nicht beleuchtet ist. In diesem Jahr würden die Lichter um 22 Uhr abgeschaltet. Zum Jahreswechsel steht Mannheims Wahrzeichen im Dunkeln. „Da wirkt er irgendwie so bedrohlich“, findet Beermann – und hat Recht damit.
Jede Menge Partys
Es ist mittlerweile kurz vor 0.30 Uhr. In die Knallerei haben sich zuletzt immer wieder Sirenentöne gemischt, am Wasserturm sind inzwischen drei Rettungswagen und die Feuerwehr vorgefahren. „Es wurde ein Massenanfall von Verletzten gemeldet“, sagt ein Feuerwehrmann auf die Frage, was hier los sei. Aber es seien bislang glücklicherweise lediglich zwei bis drei Personen, kann er beruhigen. Er und sein Kollege sind in der Wasserturmanlage unterwegs, um zu schauen, ob jemand Hilfe braucht. Gegen 0.40 Uhr wird es wieder leiser rund um den Wasserturm, viele Menschen haben den Platz wieder verlassen. Doch Böller sind noch bis in die frühen Morgenstunden im Stadtgebiet zu hören.Vor und nach Mitternacht begrüßen die Mannheimerinnen und Mannheimer bei jeder Menge Partys das neue Jahr. Im Palazzo-Zelt an der B 38 zum Beispiel wird stilvoll mit Sterne-Menü und Dinnershow gefeiert. Die Jahreszahl 2023 steht als Eis-Skulptur im Foyer des Spiegelpalasts. Unter den Gästen ist auch die vierköpfige Familie Henkel. Sie mag das Palazzo-Ambiente, in der vergangenen Saison haben sie schon zu Weihnachten hier gefeiert. „Es liegt ein Jahr voller schlimmer Ereignisse hinter uns. Hoffen wir, dass 2023 schöner wird - für alle“, sagen die vier. Im Kulturhaus Käfertal feiern nicht nur Käfertalerinnen und Käfertaler. DJ Seb Rock sorgt hier für die passende Party-Musik und lockt jede Menge Gäste auf die Tanzfläche. Im Blue Tower am Flughafen heizt Tim Eden dem Tanzvolk richtig ein.
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