Seit einiger Zeit ist es still geworden um den deutsch-slowenischen Ringtausch schwerer Waffen an die Ukraine. Und so ist die erste Frage an Franc But, Botschafter Sloweniens, als er den „MM“ besucht: Hat Deutschland denn jetzt endlich geliefert? Er antwortet: „Gute Frage“. Wühlt in seinen Unterlagen und notiert sich etwas. Er werde versuchen über Militärdiplomaten und Zuständige an einen aktuellen Stand zu kommen, verspricht er.
Mannheim reizt mit Wirtschaft
Einige Tage später antwortet er, dass eine Einigung immer noch nicht erzielt wurde. Es liefen noch Gespräche zwischen beiden Parteien, wodurch die Lieferung noch nicht realisiert werden konnte. Man merkt: Es ist kompliziert, im Zeitalter von internationalen Beziehungen zwischen Panzern Marder, M-84, T-72 und Co. Doch But betont: Die Zusammenarbeit zwischen Slowenien und Deutschland im Verteidigungsbereich in den letzten Jahren sei „ausgezeichnet“. Und werde sich noch weiter vertiefen. Und zwar nicht nur im Bereich des Kapazitätsaufbaus: Die Zusammenarbeit bei internationalen Einsätzen und Missionen sei „besonders gut, und es sieht so aus, als würden wir diese Zusammenarbeit in Zukunft ausbauen“, sagt But.
Und warum kommt Sloweniens Botschafter gerade nach Mannheim? Er besuchte das hiesige Gesprächsformat Salon Diplomatique. Dieses sei bekannt, besonders für Vernetzung, sagt But. „Von Mannheim habe ich zum ersten Mal als Kind gehört“, erzählt er. „Mein Nachbar war Priester in Mannheim für die Slowenische Gemeinde in Baden-Württemberg.“ Als But etwa 15 war, habe der Nachbar viel über Mannheim gesprochen. „Er hat da 25 Jahre gelebt.“ Und was hat er gesagt? „Nur schöne Sachen!“, sagt But schnell und lacht. Eine Stadt, die „schöner als New York“ ist, legt But nach. Und verweist auf die Ähnlichkeit in der Quadratestruktur der Städte. Alle sagten immer, man müsse in Deutschland in andere Städte, wie etwa Heidelberg gehen, so der Botschafter. „Doch wirtschaftlich und politisch ist Mannheim ein Zentrum. Auch wenn nicht bundespolitisch. Wirtschaftlich sicher!“, so But.
In Mannheim standen für ihn deshalb Unternehmensbesuche auf dem Plan. Investoren und neuartige Ideen suche man hier gleichermaßen, sagt But. „Deutschland ist für uns Wirtschaftspartner Nummer eins.“ Besonders die slowenische Automobilindustrie versuche, sich aktuell neu auszurichten. „Ein Viertel der Menschen, die in diesem Sektor arbeiten, müssen sich diversifizieren und andere Bereiche suchen“, betont But. Denn im von Familienbetrieben, Zulieferern (deutscher Automobilkonzerne) geprägten Land gehe die Reise Richtung Zukunft. Man sei in Forschung und Entwicklung stark, hoffe mit Deutschland auf wirtschaftliche Synergien: „Vielleicht sind die deutschen Kollegen an den neuen Produkten interessiert“, sagt But. Ob KI, autonomes Fahren, alternative Antriebe, Elektromobilität oder auch Solarbranche: Es geht eben in eine grüne Zukunft.
Übrigens auch politisch. Mit Robert Golob regiert in Slowenien seit kurzem der Kopf einer grün-liberalen Bewegung. Der Rechtspopulist und Ex-Präsident Janez Jansa unterlag im April überraschend. Botschafter But findet, Golob sei eine „interessante Person“ und „ein echter Experte“. Er kenne ihn aus seiner Zeit als Landwirtschaftsminister, sagt er. Damals war Golob Manager eines staatlichen Energieunternehmens.
„Vermittler“ zum Westbalkan
Apropos Schritt in die Zukunft. 2022 stehen Krisen wie Krieg und Klimawandel auf der Tagesordnung, mit neuer Führung geht das Land also auch in eine neue Zeit. Hat der Botschafter das Gefühl, das Slowenien gerade eine neue Rolle in der Weltpolitik findet? „Wir sind kein Land, das Weltmacht ist, aber wir sind in einigen Bereichen sehr gut“, sagt er. „Wir werden da von anderen Ländern respektiert. Eben auch gerade beim Thema Grüner Wandel.“ Er verweist darauf, dass auch die Hauptstadt Ljubljana als eine von der EU zu "100 klimaneutrale Städte bis 2030" ausgewählte Stadt genau wie Mannheim Förderung erhält. „Die slowenischen Städte sind sehr aktiv in diesem Bereich“, sagt er. „Mit Ljubljana waren wir 2016 ,Grüne Hauptstadt Europas’“. Der Titel ehrt Städte mit sehr umweltfreundlicher Stadtplanung. „Wir haben hier jetzt auch eine neue Rolle, nicht nur wegen der neuen grünen Regierung, sondern weil wir alle in Europa und der Welt über dieses Thema sprechen müssen“, so But.
„EU fragt bei schwierigen Staaten“
„Politisch glauben wir außerdem, dass wir eine wichtige Rolle im EU-Erweiterungsprozess mit den Westbalkanstaaten haben“, sagt But. „Wir haben als Teil Ex-Jugoslawiens eine lange persönliche Erfahrung der Zusammenarbeit“, betont er. „Und wir haben mit allen Ländern in der Region sehr gute Beziehungen.“ Slowenien habe "gute Kollegen und Freunde der unterschiedlichen Seiten, zum Beispiel Serbien und Kosovo.“ Gleichzeitig glaubt But, dass man „eine Brücke zwischen Zentraleuropa und dem Westbalkan“ sei. Unter Ex-Präsident Jansa sei das so gewesen. Und soll so bleiben. Die deutschen Politiker, auch Kanzler, seien „interessiert, wenn es um den Westbalkan geht, auch wenn es um den Umgang mit anderen Ländern in Zentraleuropa geht“, sagt er. „Auch Länder, die für einige etwas kompliziert sind. Da schätzen sie unsere Meinung.“
Zuletzt hat But noch ein Anliegen, zu dem er mit einem pelzigen und gemächlichen Gefährten lockt. „Nur in Slowenien kann man heute noch 900 Braunbären finden!“, sagt er. Und erklärt, die meisten Touristen im Land seien Deutsche. Er wolle nun auch in Mannheim mit Tourismusverantwortlichen sprechen - könnte sich auch eine Plakatkampagne für Frühjahr oder Herbst vorstellen. Im Van-Life-Zeitalter sei Outdoor-Bären-Watching doch total angesagt. Daraus soll laut But eine Win-Win Situation entstehen: „Slowenen sind auch gute Touristen!“ , sagt er und lacht. Im Drei-Länder-Eck wie hier würden sie sicher fündig, findet er.
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