Mannheim. Die Containertür ist offensichtlich aufgestemmt worden. Spuren brachialer Gewalt sind zwar nicht zu erkennen. Aber von selbst dürften die vielen Altkleidersäcke und Tüten, die sich auf dem Gehweg türmen, kaum herausgefallen sein. Sie sehen zerwühlt aus. Vermutlich hat jemand nach noch hochwertigen Klamotten gesucht, bei den vielen wohlhabenden Menschen hier in Feudenheim sicher nicht aussichtslos.
Aufgebrochen wurde jedoch in den vergangenen Tagen in Mannheim nicht nur dieser Container an der Ecke Arndtstraße/Am Bogen, sondern auch mehrere an anderen Orten. Allein im städtischen Online-Mängelmelder (www.mannheim. maengelmelder.de), wo ja längst nicht alles erfasst wird, stehen weitere Fälle vom Rheinauer Ring, aus der Germania-, der Fischer- und der Dreesbachstraße in Neckarau sowie vor dem Marchivum in der Neckarstadt-West. Bei den beiden Letztgenannten bitten Anwohner, dort keine Container mehr aufzustellen. Die würden ständig aufgebrochen.
Es ist nicht nur ein Mannheimer Phänomen. Wer „Altkleidercontainer aufgebrochen“ googelt, findet Meldungen aus ganz Deutschland. Es gibt sogar – aber eher kleinere – Kommunen, die deswegen bereits auf solche Container verzichten, so im Kreis Bergstraße.
Doch sechs Vorfälle in sieben Tagen, das wirkt schon ungewöhnlich. Bei der Polizei sieht man da allerdings noch keinen Trend. Dort wurden dieses Jahr im gesamten Zuständigkeitsbereich des Mannheimer Präsidiums erst zwei Fälle registriert. 2022 waren es sechs. „Aber wir erfahren davon natürlich auch nur, wenn Anzeige erstattet wird“, sagt Polizeisprecher Stefan Wilhelm.
Rund 500 Container
- In Mannheim gibt es 140 städtische Altkleidercontainer.
- Weitere 165 genehmigte werden vom Roten Kreuz, den Johannitern, der Deutschen Textilhilfe sowie einer Wiederverwertungs-GmbH betrieben.
- Hinzu kommen laut Stadtsprecher Kevin Ittemann schätzungsweise 200 illegal aufgestellte Container, gegen die man regelmäßig vorgehe.
Anzeigen in der Regel erfolglos
Daran hapert es offenbar. Die Stadt, der knapp die Hälfte der rund 300 genehmigten Altkleidercontainer in Mannheim gehören, informiert laut Sprecher Kevin Ittemann zwar immer wieder die Polizei. „Allerdings verlaufen solche Anzeigen gegen Unbekannt in aller Regel ohne Erfolg.“ Vermutlich verzichten andere Anbieter daher darauf. Das dürfte erst recht für die schätzungsweise 200 illegalen, also einfach so aufgestellten Container gelten.
Was geschieht mit den vielen Altkleidern? Selbst karitative Anbieter legen für Menschen in Katastrophengebieten nur einen kleinen Teil zurück. Beim Deutschen Roten Kreuz sind es fünf Prozent. Etwa jetzt die Menschen in der Türkei und in Syrien mit Kleidung zu versorgen, sei logistisch sehr aufwendig, sagt Geschäftsführerin Christiane Springer vom Mannheimer Kreisverband. Daher würden die Helfer auch eher um Geldspenden bitten. Und länger als drei Wochen könne man gespendete Kleidung nicht liegenlassen, „dann fängt sie an zu riechen“. Daher gehe der Großteil an Kleiderstuben oder Second-Hand-Läden.
Der Verkauf sei für Hilfsorganisationen eine wichtige Finanzierungsquelle, überdies profitierten von den günstigen Preisen Bedürftige. Da mache sich auch steigende Armut bemerkbar, „die Zahl unserer Kunden hat sich verdoppelt“, berichtet die Rot-Kreuz-Geschäftsführerin. Doch wüssten auch immer mehr Gutverdienende Second-Hand-Klamottenzu schätzen. Vieles sei noch hochwertig („Wir sind nun mal eine Wegwerfgesellschaft“), anderes wieder in Mode. Zudem legten immer mehr Menschen Wert auf Nachhaltiges statt auf neue Textilien. In der Summe führe dies dazu, dass der Altkleidermarkt hart umkämpft sei.
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Das bestätigt Stadtsprecher Ittemann. Die mit der Entsorgung beauftragte Firma habe diese Woche von einer bundesweit steigenden Nachfrage und höheren Preisen berichtet, was wohl auch zu den vermehrten Container-Aufbrüchen führe. Ende Dezember erwischte die Polizei in Neckarau drei 28-, 43- und 46-jährige Männer mit Brecheisen auf frischer Tat. Nach Erkenntnissen der Ermittler seien hier jedoch keine organisierten Banden am Werk, so Präsidiumssprecher Wilhelm. Vielmehr handele es sich größtenteils einfach um arme Menschen, vorwiegend aus Südosteuropa. Die würden oft auch Kleidung aus Containern von oben rausreißen. Aber selbst wenn sie das aus abgestellten Tüten täten, handle es sich um Diebstahl.