In jüngster Zeit ist die öffentliche Diskussion über die Sanierung des Rheindamms ein wenig in den Hintergrund geraten, sie bleibt aber aktuell: Es geht um den Hochwasserschutz für den Lindenhof, für Neckarau und auf der Rheinau, aber eben auch um den Erhalt mehrerer Tausend Bäume. Die Landesregierung in Stuttgart plant eine fast komplette Rodung des Baumbestandes, Mannheimer vor Ort wehren sich gegen diese Sanierungsvariante.
Diskussion im Internet
Dr. Boris Weirauch, Landtagsabgeordneter der SPD, lud am Samstag zu einer Online-Diskussion. Mit dabei im Facebook-Livestream war Marc-Oliver Kuhse von der Bürgerinteressengemeinschaft Lindenhof (BIG). Eigentlich war auf dem rund 3,7 langen Damm von Schwarzwaldstraße bis Großkraftwerk ein Familien-Aktionstag mit Radtour und Geocaching unter dem Motto „Menschen schützen – Natur bewahren“ geplant gewesen, wegen den Corona-November-Regeln wählte man die virtuelle Debatte.
Das Regierungspräsidium in Karlsruhe, im Auftrag des Landes zuständig für das Planfeststellungsverfahren, sei auch eingeladen gewesen, habe aber „aus Neutralitätsgründen vor der Landtagswahl im kommenden Jahr“ abgesagt, sagte Weirauch. „Was mich schon ein wenig wundert, ganze sechs Monate vor der Wahl.“ Doch rund 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer hatten sich virtuell zugeschaltet. „Guter Input, guter Austausch, gutes Format“, kamen rund eine Stunde später anerkennende Kommentare aus dem Chatroom.
„Es geht um was, es geht um Hochwasserschutz für die Stadt“, erklärte Boris Weirauch sein Engagement. „Wir sind Laien. Wenn Experten sagen, der Damm muss ertüchtigt werden, gehen wir davon aus, dass es so ist“, stellte auch Marc-Oliver Kuhse klar.
Doch schon seit fast drei Jahren schwelt der Streit und viel Neues gibt es inhaltlich eigentlich nicht: Beide Seiten, die grün-schwarze Landesregierung und die Bürgergemeinschaft, stützen sich auf eigene Gutachten, die ihre Sanierungsvarianten als den besten Hochwasserschutz ausweisen – aber eben uneins sind, was der beste, anerkannte Stand der Technik sein soll (wir berichteten).
Varianten des Damms
Kuhse erklärte noch einmal das Bauvorhaben des Regierungspräsidiums mit homogener Struktur, flachem Böschungswinkel und rechts und links des Damms breiter, baumfreier Zone, während die BIG ineinander verzahnte, selbsttragende Spundwände in der Mitte des bestehenden Damms als eine Alternative sieht. „Das wäre sicherer, umweltschonender und wahrscheinlich kostengünstiger.“ Unstrittig ist bei beiden Varianten, dass der Damm nicht höher gebaut wird als bisher.
Weirauch stellte die Zeitschiene des Verfahrens in den Fokus. „Wieso ist nach eineinhalb Jahren das Planfeststellungsverfahren noch immer nicht eingereicht?“
Er mutmaßte, dass das Regierungspräsidium „die Kretschmann´sche Herrlichkeit“ vor der Landtagswahl Mitte März 2021 nicht trüben wolle mit dem Fällen von Bäumen und damit der Stadt Mannheim als zuständige Untere Verwaltungsbehörde den Schwarzen Peter zuschieben wolle. „Aber die Fehler sind im Prinzip ja im Vorfeld passiert.“ Kuhse bestätigte. „Die Offenlegung der Pläne wird wohl erst nach März stattfinden.“
Er ließ auch durchblicken, dass Anwohner gegen das Planfeststellungsverfahren des Landes den Klageweg erwägen. „Als Anwalt kann ich nur bestätigen, dass das dann mehrere Jahre dauern kann“, antwortete Weirauch. Es wundere ihn deshalb, dass die Landesregierung „mit einem Vorschlag herumeiert, der so kontrovers diskutiert wird.“ Schließlich seien alle überzeugt, dass der Hochwasserschutz höchste Priorität habe. „Es handelt sich hier ja nicht um irgendwelche Kartoffeläcker“, ergänzte Kuhse.
Der für den Aktionstag geplante Malwettbewerb für Kinder unter dem Motto „Bäume für den Rheindamm“ bleibt aktuell. Die Werke können per E-Mail (wahlkreis@boris-weirauch.de) oder in einem seiner Wahlkreisbüros bis 13. November eingereicht werden. Die schönsten Bilder werden prämiert.
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