Mannheim. Auch am Mannheimer Hauptbahnhof legt die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) wegen ihres Streiks den Schienenverkehr lahm. Fahrgäste müssen sich deswegen nach dem Ersatzfahrplan der Deutschen Bahn (DB) richten. Da hilft es auch nicht, wenn man selbst den Beruf des Lokführers ausübt. „Wir sind genauso wie ein normaler Fahrgast mit den Problemen konfrontiert“, sagt ein Lokführer der Schweizerischen Bundesbahn (SBB), der in der Bahnhofshalle mit einem Kollegen auf die Anzeigetafel schaut.
Auch wenn ihr Feierabend am Donnerstag wohl noch länger warten muss, haben sie Verständnis für den Streik. „Ich bin lange genug bei der DB gefahren“, wirft der ältere der beiden ein. „Ich kenne die Zustände. Die haben nicht so einen geregelten Dienstplan wie wir. Und dann das Geld, was die kriegen - da würden wir nicht einmal die Zehen aus dem Bett strecken.“
Die [dt. Lokführer, Anm. d. Red.] haben nicht so einen geregelten Dienstplan wie wir. Und dann das Geld, was die kriegen - da würden wir nicht einmal die Zehen aus dem Bett strecken.
Beide sind für die SBB Cargo Deutschland im Güterverkehr unterwegs und sind gerade auf dem Heimweg. Auf den ICE müssen sie aber noch warten - wenn sie denn überhaupt die Bahn nehmen sollten: „Ich habe um 19 Uhr Feierabend in Basel und die Firma muss jetzt schauen, ob sie mir ein Taxi herholt“, erläutert der jüngere der Lokführer.
Betroffene Reisende am Mannheimer Hauptbahnhof kritiseren die GDL
Das Glück hat natürlich nicht jeder Reisende. Die meisten haben sich aber auf den Streik eingestellt und sind entsprechend informiert. „Es gibt genügend Ersatzzüge“, betont Alexander Pfisterer, der auf den Weg nach Pforzheim ist. Das ändert aber nichts daran, dass er kein Verständnis für den Streik hat.
„In meinen Augen ist es eine Pervertierung des Streikrechts“, sieht er das Vorgehen der GDL kritisch. Dies könne dazu führen, dass das Streikrecht vielleicht eingeschränkt werden könnte. „Da ist die Gesellschaft gefordert, das Recht auch dadurch zu verteidigen, dass es behutsam eingesetzt wird“, appelliert Pfisterer für mehr Verhältnismäßigkeit.
In meinen Augen ist es eine Pervertierung des Streikrechts!
Maria Schilling aus Augsburg sieht das ähnlich. Sie habe den Eindruck, „dass die GDL sehr stur ihr Recht durchsetzen will und nicht viel Lust hat, zu verhandeln. Das finde ich unverhältnismäßig.“ Damit ist Schilling auf einer Linie mit Sabine Rothacker aus Oftersheim: „Dass die nicht mal mehr verhandeln, sondern gleich streiken - und dann noch so lange -, das finde ich nicht mehr okay“, sagt Rothacker.
Als Pendlerin ist sie besonders von dem Streik betroffen. Erst in zwei Stunden fährt ihr Zug. Schon zur Arbeit habe sie eine Stunde früher fahren müssen. „Ich bin um 4 Uhr aufgestanden. Ich bin stinksauer.“ Sie habe weder Gleitzeit noch Homeoffice. „Mich kann dieser Streik meinen Job kosten“, betont sie und hat für das Vorgehen der GDL wenig Verständnis.
GDL fordert weniger Arbeitszeit für Schichtarbeiter und Schichtarbeiterinnen
Die GDL bestreikt bis einschließlich Montag den Fern-, Regional- und Güterverkehr der DB. Der Tarifstreit dreht sich neben Entgeltforderungen vor allem um die Arbeitszeit. Die GDL fordert eine Absenkung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei gleichbleibenden Löhnen und Gehältern.
Angesprochen auf die Arbeitsbedingungen bei der SBB, müssen die beiden Lokführer aus der Schweiz lachen. „Das ist kein Vergleich. Die Work-Life-Balance ist schon ganz entspannt bei uns“, sagt der Jüngere. Sein älterer Kollege geht ins Detail: „Ich fahre Teilzeit, 80 Prozent. Ich habe meine planmäßigen Ruhezeiten, sieben Wochen Urlaub und 43 freie Zusatztage - ohne zu streiken.“
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