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Polizei kontrolliert Poser in Mannheim: So lief der Car-Friday

Car-Friday in Mannheim: Die Ermittlungsgruppe Poser des Mannheimer Polizeipräsidiums hat im Rahmen von Schwerpunktkontrollen 130 verdächtige Fahrzeuge überprüft - so liefen die Kontrollen ab

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Stefanie Ball
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Einmal Führerschein und Fahrzeugpapiere bitte: Die Polizei hat am Freitag in Mannheim anlässlich des Car-Friday kontrolliert. © Michael Ruffler

Mannheim. Dass Enes bei der Schwerpunktkontrolle des Mannheimer Polizeipräsidiums am Freitagabend an den Kapuzinerplanken rausgewunken wird, wundert ihn nicht. „Der BMW E36 ist ein Klassiker der Tuning-Szene“, sagt der 18-Jährige, als er aus dem Fahrzeug steigt. Doch die Überprüfung ergibt, dass alles in Ordnung ist, Enes darf weiterfahren.

Car-Friday in Mannheim: Tieferlegungsfedern, Felgen und Distanzscheiben häufig

Für Emre aus Worms endet die Ausfahrt nach Mannheim dagegen auf dem Gelände der Verkehrspolizei in der Hochuferstraße. Dorthin eskortiert ihn Erster Polizeihauptmeister Nils Müller mit seinem Polizeiwagen. Die Mercedes C-Klasse von Emre gilt als nicht mehr verkehrssicher. Das Problem: Das Auto ist tiefergelegt, gleichzeitig befinden sich an den Hinterrädern sogenannte Distanzscheiben, die die Räder weiter nach außen kommen lassen.

Beides zusammen sorgt allerdings dafür, dass sich der Abstand zwischen Rad und Karosserie verringert. „In der Radkappe sind bereits Schleifspuren zu sehen, und auch auf dem Reifen befinden sich Rillen“, sagt Nils Müller. Das ist gefährlich, denn irgendwann könnte der Reifen platzen.

Neben Tieferlegungsfedern und Felgen sind Distanzscheiben die am häufigsten verwendeten Tuningteile. „Ein Fehler der Werkstatt“, erklärt der 19-Jährige, die Distanzringe hätten an den Vorderrädern, nicht den Hinterrädern montiert werden sollen. Der Abstand wäre dann größer gewesen. Am Ende spielt das keine Rolle, Emre muss seinen Mercedes fürs Erste der Polizei überlassen. Die wird ihren Bericht an die zuständige Zulassungsstelle schicken, die dann entscheidet, was zu tun ist. Im schlechten Fall entzieht sie die Fahrzeugzulassung, im besten Fall erhält Emre einen Mängelbericht und kann innerhalb eines vorgegebenen Zeitraums, eine oder zwei Wochen, die Distanzscheiben entfernen.

Polizei kontrolliert Poser mit Augen und Hören

Mängelberichte verteilt die Polizei an diesem Abend einige. Es ist Karfreitag – oder „Car-Friday“, wie der Saisonstart in der Tuningszene auch bezeichnet wird. In mehreren Städten in Deutschland so auch im Beritt des Polizeipräsidiums Mannheim führt die Ermittlungsgruppe Poser der Verkehrspolizeiinspektion Kontrollen durch, Schwerpunkt: technische Veränderungen an Kraftfahrzeugen.

„Hören und Sehen“, erklärt Erster Polizeihauptmeister Tim Zühlke, wie er und seine Kolleginnen und Kollegen erkennen, ob Autos manipuliert wurden. Ein tiefer, röhrender Sound beispielsweise deute auf Änderungen am Auspuff hin. „Das ist zunächst nicht illegal“, betont Zühlke. So wie auch äußerliche Modifikationen wie Spoiler, Distanzringe, Felgen und Tieferlegungsfedern grundsätzlich zulässig sind.

Tim Zühlke und Sebastian Schreiner (r.) schauen bei den Kontrollen ganz genau hin. © Michael Ruffler

Jede Bastelei muss jedoch belegt werden, mit Teilegutachten oder Typgenehmigungen. Manchmal ist auch eine Einzelabnahme durch den TÜV notwendig. Bestimmte Modifikationen müssen in die Fahrzeugpapiere eingetragen werden, anderes muss mittels Belegen nachgewiesen werden.

Nicht nur Poser verwarnt die Polizei am Karfreitag bei der Kontrolle

Doch nicht jeder, den die Polizei an ihrer Kontrollstelle auf den Kapuzinerplanken in der Kunststraße herausfischt, hat gepost oder getuned. Der eine hat den Führerschein vergessen – „Der steckt in der anderen Jacke“ –, der andere keinen Verbandskasten im Kofferraum – „Kaufe ich gleich morgen“. Die Polizei zeigt sich gnädig und belässt es bei einer mündlichen Verwarnung. Mit einem Punkt und 70 Euro Bußgeld fährt hingegen ein Vater nach Hause, der seine zwei Kinder ohne Kindersitz auf der Rückbank transportierte. Beziehungsweise er muss die Kinder in der Obhut seines Freundes auf dem Bürgersteig zurücklassen und die Kindersitze holen, ehe sie die Fahrt gemeinsam fortsetzen können.

Michael Schwenk bei der Kontrolle eines Fahrzeug bei der Tuning-Kontrollstelle in Mannheim. © Michael Ruffler

Etwas Aufregung kommt auf, als ein Fahrer mit einer Schreckschusspistole hinten am Gürtel aus dem Auto steigt. Allerdings hatte er zuvor darauf hingewiesen. Weil er einen kleinen Waffenschein vorweisen kann und die Pistole bereitwillig abgibt, während sein Fahrzeug kontrolliert wird, entspannt sich die Situation gleich wieder.

Weniger kooperativ zeigt sich ein junger Mann in einem Auto mit Ludwigshafener Kennzeichen, der, wie ihm Polizist Can Cevikgezen erklärt, bereits mehrfach an diesem Abend mit heruntergelassener Fensterscheibe und lauter Musik durch die Kunststraße gefahren ist. „Das war vorhin nicht ich, sondern mein Bruder“, sagt der Mann. Gut, dann bekomme eben der Bruder den Bußgeldbescheid. Bußgeldbescheid? Unnötiger Lärm, klärt Cevikgezen ihn auf, der ist laut Mannheimer Polizeiverordnung in der Innenstadt untersagt und mit 80 Euro Strafe belegt.

Der Fahrer zeigt sich uneinsichtig, es könnten ja auch andere gelärmt haben. „Sie fahren mit 20 km/h im Abstand von fünf Metern an uns vorbei, das können wir sehr gut zuordnen“, versucht es Cevikgezen noch einmal. Der Mann bleibt dabei, sein Bruder sei zuvor das Auto gefahren. Cevikgezen notiert den Namen des Bruders, der Mann kann weiterfahren. Es vergehen keine zehn Minuten, da fährt das Auto mit einem auffällig großen Aufkleber der albanischen Flagge auf der Heckscheibe wieder an der Kontrollstelle vorüber. Doch Cevikgezen und seine Kollegen sind gerade mit der Kontrolle anderer Fahrzeuge beschäftigt.

So viele Verstöße hat die Polizei festgestellt

  • Insgesamt wurden bis in die frühen Morgenstunden des Samstags 130 Fahrzeuge und 215 Personen kontrolliert.
  • 36 Polizistinnen und Polizisten waren an den Schwerpunktkontrollen beteiligt.
  • Nach den stationären Kontrollen an den Kapuzinerplanken in Mannheim und in der Plöck in Heidelberg wurden mobile Kontrollen im fließenden Verkehr durchgeführt, wie die Polizei weiter mitteilte.
  • 46 Verstöße wurden festgestellt, in sechs Fällen waren die Mängel so gravierend, dass die Fahrzeuge zur weiteren Begutachtung sichergestellt werden mussten.
  • Daneben wurden acht Ordnungswidrigkeitenverfahren wegen unnötiger Lärmverursachung eingeleitet.
  • Zudem ergaben sich ein Geschwindigkeitsverstoß, vier Mal wurde ein Rotlichtverstoß begangen, drei Mal wurde die Benutzung eines Handys festgestellt, sowie ein Verstoß gegen das Waffengesetz zur Anzeige gebracht.

Dem „Car-Friday“ werden weitere Kontrollen folgen – bis in den Herbst hinein wird die Ermittlungsgruppe Poser nach auffälligen Autos Ausschau halten und Raser und Poser zur Räson rufen.

Freie Autorin

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