Abgesagte „Osterruhe“ - Oberbürgermeister sieht Vertrauen in Pandemie-Bekämpfung weiter geschwächt / Termin-Chaos vor allem für Friseurstudios

Peter Kurz kritisiert Berliner Rückzieher scharf

Von 
S. Mack/t. Schmidhuber
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Der Mannheimer Oberbürgermeister Peter Kurz. © Christoph Bluethner

Wenigstens Salvatore Jaci hatte den richtigen Riecher. Auch bei ihm hätten am Dienstag besorgte Kunden angerufen und gefragt, was mit ihren Terminen am Gründonnerstag und Ostersamstag sei, erzählt der Obermeister der Mannheimer Friseurinnung. „Da habe ich gesagt: abwarten.“ Noch müssten die in Berlin beschlossenen „Ruhetage“ erst auf Landesebene umgesetzt werden.

So ist es Jaci nach dem Rückzieher am Mittwoch erspart geblieben, Absagen und Verlegungen von Terminen zurücknehmen. Er weiß aber von vielen Friseurstudios, die nun genau das im großen Stil machen müssen. Das sei für die Betroffenen wie die Kunden schon sehr lästig, kritisiert Jaci. Generell habe das Berliner Wirrwarr in seiner Branche für viel Unruhe gesorgt.

„Immer die gleichen Betroffenen“

Damit geht auch Peter Kurz ungewöhnlich scharf ins Gericht. „Dass dieses Hin und Her das Vertrauen in die Pandemie-Bekämpfung weiter untergräbt, muss man wirklich nicht betonen,“ so der Oberbürgermeister auf Anfrage. Die Rücknahme der Entscheidung werfe indes ein grundlegendes Problem auf: „Offensichtlich sieht sich die Regierung nicht in der Lage, in Deutschland logistisch und rechtlich einen umfassenderen Lockdown wenigstens für fünf Tage umzusetzen.“ Dabei werde ein solcher von Epidemiologen seit Monaten gefordert, damit hätte man nun den Anstieg der Corona-Zahlen bremsen können. Stattdessen seien nun mit dem verschärften „Halb-Lockdown“ nur immer die gleichen Unternehmen und gesellschaftlichen Bereiche über weitere Wochen betroffen.

„Handel, Kultur und Gastronomie können nicht dauerhaft die Last der Pandemie alleine tragen“, so Kurz, der auch in seiner Eigenschaft als baden-württembergischer Städtetagspräsident ein „Nachverfolgen, Testen und Öffnen“-Konzept fordert, das in örtlichen Modellen erprobt werden soll. Dazu gehören neben regelmäßigen Tests in Schulen, Kitas sowie Unternehmen auch Zugangstests in lokalen Zentren.

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Doch noch ist das Zukunftsmusik, aktuell müssen sich die Betroffenen mit den Auswirkungen der Berliner Beschlüsse herumschlagen. Dazu gehört für einige nun auch die Rücknahme der Ruhetage über Ostern. „Wir haben am Dienstag erstmal abgewartet und noch nicht Termine an Gründonnerstag verlegt. Das war ja alles noch gar nicht konkret“, heißt es aus einem Mannheimer Sanitärunternehmen, das nicht namentlich genannt werden will. „Zum Glück kommt die Osterruhe jetzt doch nicht.“ Der Gründonnerstag sei „ein wichtiger Arbeitstag“. Viele Kunden hätten da schon frei und vereinbarten gerade deshalb Handwerkertermine an diesem Tag.

Die Angst, Kunden zu verlieren

Detlev Michalke, Sprecher der Handwerkskammer Mannheim/Rhein-Neckar/Odenwald, weiß wie Innungschef Jaci ebenfalls von Friseuren, die am Dienstag bereits versuchten, Termine an Gründonnerstag und Ostersamstag zu verschieben. „Die haben sehr lange zugehabt und Angst, Kunden zu verlieren.“

Michalke erwähnt auch einen Metallbaubetrieb, der trotzig angekündigt habe, keine Termine zu verlegen – schließlich gebe es Aufträge, und die Kunden warteten. Von anderen Betrieben seien am Dienstag Anfragen eingegangen, wie sie sich denn jetzt verhalten sollten. „Wir haben ihnen gesagt, sie sollen erstmal die Corona-Verordnung des Landes abwarten, denn das Wort ,Ruhetag‘ gibt es im deutschen Rechtssystem gar nicht.“ Die entsprechenden Verordnungen erstmal abzuwarten – das ist auch in Zukunft Michalkes Rat an die Betriebe. Wie es ja auch Friseur Jaci ganz richtig seinen Kunden empfohlen hat.

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