Geistliches Wort

Passionszeit trotzt Corona

Von 
Margit Fleckenstein
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In dieser Zeit brauchen wir Hoffnungszeichen gegen Angst und Verzweiflung. Zeichen der Hoffnung sind die vielen Menschen, die in den ärztlichen und pflegerischen Diensten mitunter bis zur Erschöpfung arbeiten, die die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die Versorgung mit Arzneimitteln und den Gütern des Lebensbedarfs sichern, die in den Laboren forschen, die wertvolle Nachbarschafts- oder Bedürftigenhilfe leisten, die Verantwortlichen in Staat und Gesellschaft, die in unserem Land und über die Grenzen hinaus alles unternehmen, um die Krise zu meistern.

Die Kirchen vermitteln nach besten Kräften Trost und Ermutigung aus tiefen Glaubenserfahrungen. Gottesdienste ohne Gemeinde, Passions- und Osterzeit ohne die gewohnten Gottesdienste. Zunächst undenkbar, doch viele großartige Initiativen finden Wege, die Menschen in Wort, Musik und Bild zu erreichen. Auch wenn wir zunächst vielleicht nur mit einem Teelöffelchen daraus schöpfen; diese Mut- und Kraftquellen werden nicht versiegen.

Morgen ist Palmsonntag. Wir gedenken des Einzugs Jesu in Jerusalem, der ihm zum Weg zu Leiden und Tod wird. Aus dem „Hosianna“ wird das „Kreuzige ihn!“ Doch wir wissen: Es wird Ostern. Von dieser Verheißung lebt christlicher Glaube. Alle todbringenden Kräfte haben nicht die Macht, um am Ende zu triumphieren. Am Gründonnerstag gedenken wir des großen Dietrich Bonhoeffer, der vor 75 Jahren im KZ Flossenbürg auf Befehl Hitlers hingerichtet wurde.

Neues Bild vom Glauben

Bonhoeffer war mehr als ein mutiger Pfarrer und Widerstandskämpfer. In einer Zeit, in der alles auf dem Kopf stand, die Gerechten ins Gefängnis kamen und Lüge und Hassparolen jede Zeitungsseite beherrschten, zeichnete Bonhoeffer ein neues Bild vom Glauben in einer trostlosen Welt. Im letzten Brief an seine Verlobte sandte er sein Gedicht „Von guten Mächten wunderbar geborgen“. Im Gefängnis in den letzten zwei Lebensjahren brach sein Glaube sich immer wieder Bahn: „Mag sein, dass morgen der jüngste Tag anbricht. Dann wollen wir gern die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen – vorher aber nicht.“

Sein Glaubensbekenntnis kann uns durch diese schwere Zeit begleiten: „Ich glaube, dass Gott aus allem, auch dem Bösesten, Gutes entstehen lassen kann und will. Dafür braucht er Menschen, die sich alle Dinge zum Besten dienen lassen. Ich glaube, dass Gott in jeder Notlage so viel Widerstandskraft geben will, wie wir brauchen. Aber er gibt sie nicht im Voraus, damit wir uns nicht auf uns selbst, sondern allein auf ihn verlassen. In solchem Glauben müsste alle Angst vor der Zukunft überwunden sein. Ich glaube, dass auch unsere Fehler und Irrtümer nicht vergeblich sind und dass es Gott nicht schwerer ist, mit ihnen fertig zu werden als mit unsern vermeintlichen Guttaten. Ich glaube, dass Gott kein zeitloses Fatum ist, sondern dass er auf aufrichtige Gebete und verantwortliche Taten wartet und antwortet.“

Margit Fleckenstein, Justizrätin, Synodalpräsidentin a.D.

Freie Autorin

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