Mannheim. Basteltische, Sessel und Teppiche in den Parkbuchten, DJ und Tanzfläche auf dem Parkplatz, Bobbycar fahren und Hüpfekästchen mitten auf der Straße: Der Parking Day Mannheim vermittelte am vergangenen Samstag einen Eindruck davon, wie das Leben in der Neckarstadt-Ost ohne Parkplätze und Verkehr aussehen könnte. Für einen Tag war der mittlere Teil der Langen Rötterstraße den Fußgängern vorenthalten.
Organisiert wird der Parking Day Mannheim von einem breiten Bündnis aus Verbänden, Klimabewegungen, Vereinen, Einzelhändlern, Einzelpersonen und Parteien. So waren etwa der ADFC, die Melanchthongemeinde, Surfrider Foundation, Start with a friend, Extinction Rebellion, die Freien interkulturelle Waldorfschule, der Stadtraumservice und die Klimaschutzagentur der Stadt Mannheim, Grüne Jugend und die Linke vor Ort.
Aufruf zu zivilem Ungehorsam
„Parkplätze sind eine öffentliche Fläche, die man ganz anders nutzen könnte; zum Spielen oder Fahrrad fahren, aber jedenfalls nicht als ausgelagerte Fläche von irgendwelchem Privateigentum“, macht Daniel Cox von Extinction Rebellion auf die Platzverschwendung durch Parklätze im urbanen Raum aufmerksam. Die in Großbritannien gegründete Bewegung, die ihren Stand zusammen mit der Klimaliste hat, möchte durch Aktionen wie den Parking Day auch zu zivilem Ungehorsam aufrufen. Ihre Forderungen: Die Wahrheit in Bezug auf Klimakrise und Artensterben sagen, jetzt handeln, Bürgerräte als ergänzendes Gremium in der Demokratie einsetzen.
Timo und Jan verwandelten den Seitenstreifen mit Teppichen, Sessel und Yoga-Zubehör in ein kleines Wohnzimmer – samt Wurmkiste, die für die Kompostierung von Biomüll in der Wohnung konzipiert wurde. Die wenigsten Städter besitzen einen Garten, in dem sie kompostieren können, benötigen aber hochwertige Erde für ihre Balkonpflanzen. „Ich habe zwei Wurmkisten nach den Vorbildern der beiden größten Anbieter nachgebaut. Die gekaufte Version funktioniert aber einfach besser, und viel günstiger ist das selbst bauen eigentlich nicht“, erklärt Jan.
Um Platz für Grünes ging es bei der Klimaschutzagentur. Sie berät rund um das Thema Dachbegrünung, grüne Fassaden und Vorgärten anstatt graue Flächen und Steinwüsten, Energiesparen, Umweltbildung und Mehrweg in der Gastronomie. „Alles, was wir machen, ist komplett kostenfrei – das leistet sich die Stadt Mannheim“, erklärt Caroline Golly. Am Stand der Klimaschutzagentur konnten die Besucher ermitteln, wie groß der eigene Klimafußabdruck ist.
Fressgasse als Vorbild
Auch die Initiative Start with a friend war vor Ort. Sie bringt Mannheimer in Kontakt mit Menschen, die nach Deutschland eingewandert oder geflohen sind. „Es geht nicht um ein Sprachtandem, sondern um die Begegnung auf Augenhöhe und gemeinsame Aktivitäten, die man auch mich Freunden machen würde“, erklärt Aynur Metin, die Ansprechperson für neue Freundschaften ist.
Vollig autofrei war die Lange Rötterstraße aber erst gegen Mittag, als das letzte Fahrzeug abtransportiert worden war: Die Polizei und mehrere Abschleppdienste waren den ganzen Vormittag im Einsatz, um die zehn Fahrzeuge zu entfernen, die von der Parking Day-Aktion und dem damit einhergehenden Parkverbot offenbar nichts mitbekommen hatten.
Wie der Aktionstag auch das Leben im Bereich der Langen Rötterstraße verändern könnte, zeigt sich in der Fressgasse, dem bisherigen Ort des Parking Day Mannheim. Hier werden etliche Parkplätze bereits als sogenannte Parklets, begrünte Sitzgelegenheiten aus Holz und Paletten, umgenutzt. Die Verwaltung hatte im vergangenen Jahr die Beantragung von Parklets für Gastronomiebetriebe erleichtert. Es sollte Restaurants, Bars und Cafés erleichtert werden, die gebotenen Corona-Abstandsregelungen ihrer Gäste im Freien umzusetzen, weil draußen das Infektionsrisiko geringer als in geschlossenen Räumen ist. Gastronomen des gesamten Stadtgebiets können einen entsprechenden Antrag stellen.
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