Es sind die kleinen Gesten, die für Matthias Raden den Alltag als Schulleiter so schön gemacht haben. Zum Beispiel, als er einen Zettel fand, der sich als Brief eines Mädchens an eine Schulfreundin entpuppte. "Die Absenderin schrieb voller Wertschätzung über das andere Mädchen, sie sei stark und klug." Denn das sei immer sein Ziel gewesen, sagt der Pädagoge: eine werteorientierte Grundhaltung gegenüber der Gemeinschaft und der eigenen Begabung zu vermitteln.
Das Johann-Sebastian-Bach-Gymnasium ist mit 1104 Schülern Deutschlands größtes privates Gymnasium in evangelischer Trägerschaft. Gut 16 Jahre hat Raden es geleitet, jetzt nimmt er seinen Abschied als Schulleiter.
Begeistert vom Lernerfolg
Die Schule beschäftigt rund 100 Lehrer und nicht-pädagogische Mitarbeiter. Hinzu kommen 20 Fachkräfte für die Musikschule, in der Schüler Instrumente und das Spielen in der Gruppe erlernen. Als Schulleiter trug Raden neben der pädagogischen auch die wirtschaftliche Verantwortung für seine Schule. Für den gelernten Französisch- und Religionslehrer hieß das: 13 Arbeitsstunden pro Tag.
Aber ihn reizte auch die Gestaltungsfreiheit, die er an dem Privatgymnasium genoss. Als Schulleiter hat der 63-Jährige unterschiedliche Projekte begleitet oder selbst angestoßen. Bei "Schüler helfen Schülern" unterrichten sich Heranwachsende gegenseitig. "Und die Erfahrung zeigt: Davon profitieren beide", erklärt Raden. Denn der "Lehrer" müsse sich ausdenken, wie er den Stoff aufbereitet. Das fördere neben einem tieferen Verständnis auch didaktische Fähigkeiten.
Auf dem Weg zu Radens Büro begegnet man einer Theatergruppe. Eine Schülerin patrouilliert in Polizistenuniform durch den Klassenraum und spricht in ihr Funkgerät. Andere Proben auf dem Gang ihren Text. "Mit was für einer Souveränität die Kinder Theaterstücke und Musicals, also Kunstwerke, erschaffen!", staunt Raden. Diesen Lernerfolg mitzuerleben, hat ihn immer begeistert.
Heute Feststunde
Zum Schuljahresende hört der 63-Jährige als Schulleiter des Bach-Gymnasiums auf. In Zukunft will er mehr Zeit mit seiner Familie verbringen, seiner Frau die Erziehungsarbeit der neunjährigen Tochter und des 14-jährigen Sohnes erleichtern. Für die Calwer Kleinkunstbühne will er literarisch angehauchtes Kabarett machen. Und auch eine Tätigkeit in der Erwachsenenbildung kann sich der promovierte Theologe vorstellen.
Heute wird Raden feierlich verabschiedet. Seine Nachfolgerin heißt Heike Frauenknecht. Die 47-jährige Deutsch- und Englisch-Lehrerin wurde in Heilbronn geboren und arbeitete unter anderem als Geschäftsführerin des Evangelischen Bildungswerk im Kreis Rems-Murr.
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