Mannheim. In Köln gibt es in der närrischen Zeit etwas ganz Besonderes: einen sogenannten Geisterzug. Der „Jeisterzoch“, wie die Eingeborenen sagen, unterscheidet sich von herkömmlichen Karnevalszügen. So hagelt es keine Kamelle (also Süßigkeiten), sondern politische Botschaften. Der tollen Stimmung tut das dem Vernehmen nach keinen Abbruch.
Nun kann Mannheim als Fasnachtshochburg zwar leider nicht ganz mithalten. Doch dafür gibt es hier an vielen Tagen einen Geisterzug. Er heißt profan Straßenbahnlinie 2. Bei der Verbindung zwischen Feudenheim und der Neckarstadt, seit Oktober ohnehin durchgängig nur noch im 20-Minuten-Takt, fallen immer wieder kurzfristig Fahrten aus. Teilweise werden sie wenige Minuten vorher noch auf der elektronischen Anzeigentafel angekündigt, dann steht da plötzlich „entfällt“ oder auch – eigene Erfahrung – einfach gar nichts mehr von jener Bahn.
Die Stimmung unter den betroffenen Fahrgästen ist dann deutlich weniger prima als im rheinischen Straßenkarneval. Aber immerhin kommt man miteinander ins Gespräch, etwa mit „Wie lange warten Sie schon hier?“ oder „Da stand doch eben noch in zwei Minuten! Wieso jetzt erst in 22?“ Manche nehmen es auch mit Galgenhumor. So war die Linie 2 für Büttenreden bei den Feudenheimer „Narrebloos“ eine prima Vorlage. „Fahrschein“ bedeute, „es scheint so, dass sie fährt“, witzelte Stefanie Elett und reimte: „Stadtbahn fahren wird zum Super-GAU, thank you for travelling with RNV!“
Probleme nicht ganz behoben
Die Rhein-Neckar-Verkehrsgesellschaft (RNV) findet das vermutlich nicht ganz so lustig. Auf Anfrage bedauert Sprecher Florian Benz die Unannehmlichkeiten. Allerdings seien die Fahrplan-Einschränkungen im Oktober unvermeidlich gewesen. Die dafür verantwortlichen Probleme – Personalnöte vor allem wegen hoher Krankenstände sowie Ersatzteilmangel – hätten sich inzwischen gebessert. Daher habe man auch bei einigen Verbindungen zum alten Takt zurückkehren können. Bei der Linie 2 sei es hierfür leider noch zu früh. Doch spätestens bis zum Beginn der Bundesgartenschau am 14. April werde wieder alles seinen gewohnten Gang gehen. „Wir peilen auch schon Ende März an.“
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Immerhin kennt man bei den Zuständigen das Problem aus erster Hand: Im Oktober kam Christian Wühl, Abteilungsleiter Planung und Angebot beim Verkehrsverbund Rhein-Neckar (VRN), wegen einer ausgefallenen Linie 2 zu spät zu einem Termin in Feudenheim, ausgerechnet mit Umweltbürgermeisterin Diana Pretzell und Verkehrsdezernent Ralf Eisenhauer. Wenig später wurde auf den 20-Minuten-Takt umgestellt. Und es gibt Stammkunden, die sagen, seither sei es mit den Zugausfällen besser geworden. Das ist laut RNV-Sprecher Benz auch ein Grund dafür, warum man jetzt nicht zu früh zum regulären Fahrplan zurückkehren und einen erneuten Rückschlag riskieren wolle.
Beeinträchtigung auch bei Linie 5
Gleichwohl wünschen sich natürlich sehr viele Menschen vor allem im Mannheimer Osten die zehn Minuten zurück. Für die besonders problematische Stoßzeit vor Schulbeginn, also zwischen 7 um 8 Uhr, setzt die RNV mittlerweile auf der Linie 2 noch eine zweite Busverbindung parallel zur Bahn ein.
Ansonsten sind in Mannheim auch die Fahrpläne mancher Busse nach wie vor eingeschränkt. Bei den Straßenbahnen ist – jedenfalls soweit bekannt – aktuell neben der Linie 2 nur noch die Linie 5/5a betroffen. Doch bei der wurden als Grund die Bauarbeiten an der Haltestelle Bensheimer Straße auf Franklin genannt. Über den veränderten Takt ärgern sich gleichwohl ebenfalls einige Leser. „Ich möchte nicht 20 Minuten in der Kälte warten, wenn mir die Bahn vor der Nase wegfährt“, schreibt Paul Metzmaier aus Käfertal. „Auf solch schlechte Nahverkehrsverbindungen kann ich verzichten und fahre dann lieber mit alternativen Verkehrsmitteln.“
Hinzu kommt, dass die – eigentlich sehr zuverlässige und daher von vielen gern genutzte – Deutsche-Bahn-App in Mannheim nicht auf dem neuesten Stand ist. Sie zeigt die Linie 2 noch im Zehn-Minuten-Takt. Auf der VRN-App sind die Verbindungen korrekt, insofern sollte sich das eigentlich lösen lassen. Wer da wo was aktualisieren müsste, ließ sich bisher noch nicht in Erfahrung bringen. Vielleicht geht das nach der närrischen Zeit. Jetzt heißt es auf gut Rheinisch erstmal: „De Zoch kütt!“ Oder hier eben leider nicht.
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