Kirche - In Neuostheim entsteht ein ökumenisches Zentrum / 50 Jahre Ostkirche „Kyrill und Methodius“

Neues ökumenisches Zentrum in Neuostheim

Von 
Martin Tangl
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Mannheim. „Ein Herr, ein Glaube, eine Taufe – wir sind eins durch ihn.“ So steht es auf den Ökumene-Glocken, die im Mai 2019 in St. Pius in Neuostheim geweiht wurden. Schon seit 50 Jahren rücken Katholiken und Protestanten, aber auch die byzantinisch geprägte Ostkirche, benannt nach den Heiligen Kyrill und Methodius, im Stadtteil immer näher zusammen. Seit 2009, als ein doppelter Wasserschaden die Neuostheimer Thomaskirche unbenutzbar machte, fand die evangelische Kirchengemeinde in St. Pius eine neue Heimat. Aus dem Gedanken, die Kirche auf Dauer gemeinsam zu nutzen, ist nun in vielen kleinen Schritten ein Modellprojekt entstanden: das ökumenische Zentrum Neuostheim.

Nach Umbau des Gebäudes sollen im Frühjahr 2022 die christlichen Konfessionen unter einem Dach vereint sein. Die Kirche wird am Sonntag, 4. Oktober, 18 Uhr, in einem feierlichen Gottesdienst geschlossen – um dann in gut eineinhalb Jahren neu als gemeinsames Gotteshaus eröffnet zu werden. Dann soll es endgültig heißen: „Wir sind eine Kirche!“

Es begann 1969 in Seckenheim. „Der neue Kaplan trägt Bart“, hieß es damals im Stadtteil. „Und als ich einmal in einer Bäckerei eine Brezel gekauft habe, gab es gleich Kritik“, erinnert sich schmunzelnd der katholische Pfarrer Gerhard Schmutz. Denn: Der Bäcker war evangelisch.

Schmutz und sein Freund Karl Heinrich Jung hatten zuvor mehrere Jahre im Collegium Russicum und im Päpstlichen Orientalischen Institut in Rom Theologie und Geschichte des christlichen Ostens studiert. Sie sind Priester des byzantinischen Ritus. 1970 wechselte Schmutz als katholischer Priester nach Neuostheim – und an Weihnachten wurde der erste ostkirchliche Gottesdienst in St. Pius gefeiert.

„Ich wollte neben meiner normalen Arbeit als Pfarrer auch etwas für die Ostkirche tun“, erzählt Gerhard Schmutz, der seit 2006 in Ruhestand ist und bis dahin mit Jung neben der katholischen Pfarrei das Zentrum „Kyrill und Methodius“ in Neuostheim leitete. Seit diesem Weihnachtsgottesdienst 1970 habe sich die Ökumene in Neuostheim entwickelt, sei viel zur Verständigung zwischen Ost- und Westkirchen getan worden. Mit dem Kontakt zur Thomaskirche sei dann der Grundpfeiler für das ökumenische Zentrum gelegt worden, berichtet Schmutz.

„Wir sind eine Kirche“

„Ich bin mit dieser Tradition groß geworden. Es war egal, ob man katholisch oder evangelisch war, es gab schon immer ein gutes Miteinander. Pfarrer Schmutz hat uns das vorgelebt“, erzählt Jutta Lindner, die sich mit ihrem Mann Bernhard in der ostkirchlichen Gemeinde engagiert. Beide singen dort auch im Chor. „Gesänge gehören zu unserer russischen Tradition, wir brauchen einen Chor“, sagt Schmutz. Dazu komme eine besondere Art der Frömmigkeit, die Mystik, das Denken in Bildern und die Ikonen. „Eben eine besondere Art des Christentums.“

„Wir sind durch Pfarrer Schmutz zur Ökumene erzogen worden und hatten schon immer guten Kontakt zur Thomasgemeinde“, betont auch Bernhard Hübner, Vorsitzender des Pfarrgemeinderates der Seelsorgeeinheit Johannes XXIII. Deshalb sei es nur ein weiterer Schritt gewesen, den Protestanten nach dem Wasserschaden in ihrer Kirche Unterschlupf anzubieten. Es entsteht schließlich die Idee, die Kirche nicht nur dauerhaft gemeinsam zu nutzen, sondern auch das ökumenische Miteinander auszuweiten. Seit dem 27. Mai 2015 ist die Thomasgemeinde nicht mehr nur Gast, sondern offiziell in St. Pius zuhause. Neben der Kirche umfasst das Projekt auch die Gemeinderäume, Kita, Pfarrbüro und das an das neue Kinderhaus angrenzende evangelische Pfarrhaus.

Taufbecken im Mittelpunkt

„Der Wasserschaden hat den Prozess sicher beschleunigt“, sagt Hübner. Was jetzt in einem ökumenischen Zentrum entstehen soll, werde „kein Einheitsbrei“, jeder behalte sein eigenes Profil. Die Frage sei immer gewesen: „Was braucht ihr?“ Die Protestanten wollen ihre Bibel auf dem Altar. Auch die kleine Orgel kommt mit ins neue Domizil. Die Katholiken brauchen eine Sakristei und einen würdigen Standort für die Statue der Heiligen Mutter Maria.

Inmitten der erneuerten Kirche soll als gemeinsames Symbol das Taufbecken stehen. Im Eingangsbereich entsteht eine Glaskapelle in elliptischer Form, die ökumenisch genutzt werden soll und deshalb eine byzantinische Ikonostase enthalten wird. Ein besonderes Zeichen der Gemeinsamkeit soll der Altar werden, der aus den Materialien der beiden bisherigen Altare bestehen wird: Sandstein aus der Thomaskirche, Muschelkalk aus St. Pius.

Getragen wird alles von der Zielsetzung: „Einander verstehen, einander annehmen, einander bestehen lassen.“ Gemeinsam wurde der Umbau der Kirche geplant, finanziert von beiden Konfessionen, alles genau in einem Vertrag festgelegt. Über die möglichen Kosten des Umbaus will sich noch niemand äußern. Hübner: „Gemeinsam eine Kirche nutzen, das ist sowohl ökumenisch wie ökonomisch.“

Gottesdienste am 4. Oktober

  • Festgottesdienst am Sonntag, 4. Oktober, 10.30 Uhr im byzantinischen Ritus in St. Pius in Neuostheim mit Ökumene-Weihbischof Peter Birkhofer zur Feier des 50-jährigen Bestehens des ostkirchlichen Zentrums „Kyrill und Methodius“. Die Besucherzahl in der Kirche ist wegen der Corona-Vorschriften begrenzt.
  • Ökumenischer Abschluss-Gottesdienst in St. Pius um 18 Uhr.
  • Während der Umbauphase finden die Gottesdienste in Neuostheim unter Corona-Hygienebedingungen im Pfarrsaal oder –soweit möglich – auf dem Platz vor der Kirche.
  • Geplante Eröffnung des Ökumenischen Zentrums: Frühjahr 2022. tan

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