Waltraud Kirsch-Mayer
"Von den ersten Narkoseärztinnen bis zur Klinik für Anästhesiologie und Operative Intensivmedizin am Mannheimer Universitätsklinikum". Die Idee zu dem Buch hatte Professor Dr. Klaus van Ackern. Bei seiner Verabschiedung haben die beiden Herausgeber - der Medizinhistoriker Professor Dr. Axel Bauer und die Anästhesistin Professor Dr. Grietje Beck - das reich bebilderte, 270 Seiten umfassende Werk als Geschenk übergeben und den Gästen vorgestellt.
Entstanden ist informatives, spannend zu lesendes Buch über eine medizinische Disziplin, die zunächst als Randgebiet der Chirurgie ein Schattendasein führte. Außerdem zeichnen 23 Beiträge von Zeitzeugen sowie Wegbegleitern ganz persönliche Bilder einer stürmischen fachlichen Entwicklung, an der Klaus van Ackern als Kliniker, Forscher und Lehrer Anteil hatte.
Es waren Frauen, die in den 50er Jahren am Klinikum, damals noch städtische Krankenanstalten, als Einzelkämpferinnen für Narkose zuständig waren - und das kam nicht von ungefähr. Patienten in den "Schlaf" zu versetzen, galt damals bei den Chirurgen als wenig attraktiv. Und deshalb war es üblich, dass der Chefoperateur einen seiner jüngeren Assistenten mit dem Narkose-ausführen beauftragte. Außerdem wurden Schwestern angelernt.
Schwierige Arbeitsbedingungen
Mit Dr. Gertrud Wiedhopf, die in den USA eine hochkarätige Weiterbildung absolvierte hatte, übernahm 1952 eine versierte Pionierin die erste Assistentenstelle ausschließlich für anästhesiologische Tätigkeiten. Sie hatte mit der Übersetzung eines amerikanischen Fachtextes dazu beigetragen, dass im Nachkriegsdeutschland das erste moderne Lehrbuch dieser jungen Disziplin mit dem Themenschwerpunkt Inhalationsnarkose Verbreitung fand. Allerdings mussten die frühen Narkoseärztinnen mit schwierigen Arbeitsbedingungen fertig werden. Bei großen Operationen war es noch üblich, manuell zu beatmen. Es sollte bis zum Jahre 1968 dauern, ehe die Anästhesie zu einer eigenständigen Abteilung wurde.
Als kommunaler Chefarzt wurde seinerzeit Privatdozent Dr. Horst Lutz berufen. Sein späterer Schüler und Amtsnachfolger Klaus van Ackern hatte gerade in Heidelberg, wo Lutz herkam, sein medizinisches Staatsexamen abgelegt. "Ohne Narkosearzt keine Operation mehr - 20 Anästhesisten stehen bereit", titelte der "MM" drei Jahre später, als das Fach einen Lehrstuhl bekam. In der Ära Lutz sorgte 1976 ein besonderer Patient für Schlagzeilen: Der Formel 1-Fahrer und Vorjahres-Weltmeister Niki Lauda überlebte nach einem schweren Unfall auf dem Nürburgring im Mannheimer Klinikum sein schweres Inhalationstrauma - ein kleines Wunder.
Die Narkose, mit der alles begann, ist inzwischen eine von vier Säulen - neben Intensivmedizin, Notfallmedizin und Schmerztherapie. Ein zusätzlicher Bereich ist nicht mehr wegzudenken: das OP-Management.
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