Mannheim
Bernd Model von der Geschäftsleitung der Pflege-Profis im Stadtteil Franklin bereitet die Situation große Sorgen: „Wegen der verschärften Homeoffice-Situation sind für unsere Dienstfahrzeuge bei den Patientenbesuchen kaum Parkplätze zu bekommen. Damit meine ich die erlaubten und die kostenpflichtigen mit Parkschein.“ Auch Rüdiger Friese, Geschäftsführer des Pflegedienstes Apis in Feudenheim, ist betroffen und berichtet von einer deutlichen Zunahme der Knöllchen: „Ich bin mit Strafzetteln regelrecht zugeschüttet worden.“ Für ihn und seine Mitarbeiter sei jedoch klar, dass die Patienten zeitnah versorgt werden müssten: „Natürlich müssen wir dann auch mal auf einer Ecke parken, wenn es jemandem nicht gut geht und wirklich nichts zu finden ist“, sagt Friese.
Regelmäßige Strafzettel
Bei der Caritas sind mangelnde Stellflächen ebenfalls ein Thema: „Tatsächlich ist das Parken für unsere Pflegedienste ein Dauerproblem“, teilt Julia Koch von der Pressestelle auf Anfrage mit. Besonders in der Innenstadt gebe es kaum Parkplätze, und das „nicht erst seit Corona“, betont sie. „Insofern bekommen wir auch regelmäßig Strafzettel.“
Das Land Baden-Württemberg hat schon im April 2020 aufgrund der Corona-Lage eine Handlungsempfehlung zu zeitlich begrenzten Sonderparkrechten für ambulante Dienste und Medikamentenlieferdienste verfasst. Darin erklärt das Verkehrsministerium, ambulante Pflege- und Betreuungsdienste, Medikamentenlieferdienste zu Apotheken und Arztpraxen, Fahrzeuge von ärztlichen Diensten, sonstige Krankentransporte, Arzneimittel- und Laborfahrzeuge und Apothekendienste im Zusammenhang mit der Belieferung von Covid-19 Impfstoffen von einigen Vorschriften der Straßenverkehrsordnung zu befreien. „Wir empfehlen den Straßenverkehrsbehörden, Ausnahmegenehmigungen für die genannten Fahrzeuge zu erteilen“, sagt Wenke Böhm, stellvertretende Leiterin der Pressestelle des Verkehrsministeriums Baden-Württemberg.
Das Schreiben schlägt vor, den Dienstfahrzeugen das Parken im eingeschränkten Halteverbot zu ermöglichen, ebenso das Parken an Parkuhren oder Parkscheinautomaten ohne Entgelt oder Parkschein. Auch Fußgängerzonen, verkehrsberuhigte Flächen oder Bewohnerparkplätze könnten laut Empfehlung des Ministeriums von den Diensten genutzt werden.
Streit zwischen privatem Pflegedienst und Stadt
Rüdiger Friese, Geschäftsführer des privaten Pflegedienstes Apis im Stadtteil Feudenheim, erklärt, dass es für Pflegedienste in Mannheim bis 2013 stets kostenlose Parkgenehmigungen mit mehreren Jahren Gültigkeit gegeben habe. „Ab dem Jahr 2014 ist dann alles auf ein Jahr begrenzt worden“, so der Geschäftsführer aus dem Mannheimer Osten.
Friese sei von der Stadt Mannheim „dann ganz plötzlich“ aufgefordert worden, 100 Euro pro Fahrzeug und Jahr zu zahlen: „Dann hieß es von der Stadt wieder, dass doch alles ein Missverständnis war und Pflegedienste doch nichts zahlen müssen. Es passierte erstmal nichts. Und plötzlich hatte ich für 2014 bis 2018 eine vierstellige Forderungssumme von der Stadt vorliegen“, berichtet Friese dieser Redaktion. Für 16 Fahrzeuge sollte er jeweils 100 Euro pro Jahr nachzahlen: „Von der Stadt gab es zu diesem Thema aber immer widersprüchliche Angaben. Ich hatte von einer städtischen Stelle schriftlich vorliegen, dass Pflegedienste nicht zahlen müssen, eine andere schickte mir diese Geldforderung. Da hat eine Hand nicht gewusst, was die andere macht.“
Sein Fall sei schließlich vor dem Verwaltungsgericht Karlsruhe gelandet und verhandelt worden: „Und ich musste dann auch nicht die geforderten rund 8000 Euro zahlen, sondern nur 10,20 Euro pro Auto, weil die Kostenstruktur der Stadt auch für das Gericht nicht nachvollziehbar war“, sagt Friese. „Beim Gericht kam auch nicht gut an, dass mir die Stadt zunächst einen Vergleich angeboten, dann aber wieder zurückgezogen hat“, so der Feudenheimer Geschäftsführer.
Die Pressestelle der Stadt Mannheim äußert sich zu diesem Rechtsstreit nur so: „Aus Datenschutzgründen können wir keine Angaben zu einzelnen Gerichtsverfahren machen.“ Sie verweist darauf, dass der Begriff Gemeinnützigkeit „in Deutschland rechtlich klar geregelt“ sei: „Organisationen und Vereine, die nach dieser Definition die Allgemeinheit selbstlos fördern, sind z.B. steuerlich begünstigt und in vielen Fällen von der Gebührenzahlung befreit. So auch im Falle der Sondergenehmigungen zum Parken und bei vielen weiteren städtischen Dienstleistungen. Dem entgegen stehen private Dienstleister, deren Absicht rein die Gewinnerzielung darstellt. Mit dieser Förderung der Gemeinnützigkeit trägt der Gesetzgeber dem Prinzip des Sozialstaates Rechnung.“
Bis Ende Juni verlängert
Das Verkehrsministerium schlägt vor, die Ausnahmegenehmigungen auf zwei Stunden zu begrenzen und dies mit einer Parkscheibe zu dokumentieren. Dritte dürften dadurch nicht erheblich behindert oder gefährdet werden. „Die nähere Ausgestaltung erfolgt aber durch die Straßenverkehrsbehörden in eigener Zuständigkeit. Dabei sind auch die jeweiligen örtlichen Gegebenheiten zu berücksichtigen“, erklärt Böhm. „Die Empfehlung wurde zuletzt aufgrund der anhaltenden Corona-Lage bis zum 30. Juni 2022 verlängert. Sie wurde über die Regierungspräsidien an alle Straßenverkehrsbehörden des Landes übersandt.“
Bernd Model und Rüdiger Friese können von dieser Empfehlung allerdings nicht profitieren – sie leiten private Pflegedienste. Wie die Stadt Mannheim auf Nachfrage dieser Zeitung bestätigt, unterscheidet sie nämlich zwischen gemeinnützigen und privaten Pflegediensten: In der Quadratestadt erhalten nur „eingetragene Vereine und gemeinnützige Organisationen eine kostenlose Ausnahmegenehmigung zum Parken“, so die Pressestelle: „Für alle anderen Antragsteller kostet die Erteilung dieser Ausnahmegenehmigung 100 Euro“, sagt Stadtsprecherin Désirée Leisner. Diese Regelung sei nicht befristet: „In Mannheim sind bereits seit einigen Jahren, und somit unabhängig von Corona, Ausnahmegenehmigungen für gemeinnützige Organisationen und eingetragene Vereine kostenlos“, erklärt Anja Kobbe, Sprecherin des Ordnungsamts, auf eine weitere Anfrage.
Auf ein Jahr begrenzt
Model sieht die Ausnahmegenehmigungen der Stadt kritisch: „Mal von den Kosten abgesehen, berechtigen die Ausnahmegenehmigungen nicht zum Parken auf den in der Handlungsempfehlung aufgeführten Möglichkeiten. Das Parken am Friedrichsring im eingeschränkten Haltverbot kostet uns 25 Euro. Selbst mit dieser 100-Euro-Ausnahmegenehmigung.“ Auch Friese ist mit der Situation nicht zufrieden: „Bis 2013 gab es in Mannheim für Pflegedienste immer Parkgenehmigungen für mehrere Jahre, 2014 wurde alles plötzlich auf ein Jahr begrenzt.“ Er betont: „Die privaten Pflegedienste erbringen doch dieselben Dienstleistungen wie die karitativen Einrichtungen. Ich muss von meiner Arbeit leben und Investitionen tätigen, und die Luft wird immer dünner.“
Heidelberg unterscheidet nicht
In Heidelberg sieht die Situation für mobile Pflegedienste übrigens anders aus: Wie die städtische Pressestelle auf Anfrage mitteilt, habe die Stadt „noch bevor das Landesverkehrsministerium die erste Handlungsempfehlung Sonderparkrechte für ambulante Dienste und Medikamentenlieferdienste zu Beginn der Corona-Pandemie herausgegeben hat“, zeitlich begrenzte Parkerleichterungen für die Mitarbeitenden der Kliniken und Pflegeeinrichtungen eingeräumt und dies bis heute fortgesetzt. Unterschiede zwischen privaten und gemeinnützigen Pflegediensten gebe es nicht. „Soweit die Voraussetzungen vorlagen, erhielten diese Genehmigungen auch Lieferdienste von Apotheken“, so die Heidelberger Pressestelle.
URL dieses Artikels:
https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim_artikel,-mannheim-mobile-pflegedienste-finden-in-mannheim-kaum-parkplaetze-_arid,1919492.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim/feudenheim.html
[2] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/mannheim.html
[3] https://www.mannheimer-morgen.de/orte/heidelberg.html