Geschwister-Scholl-Gymnasium - Zwei Mannheimer Lehrerinnen dürfen als Auszeichnung ihr Jeansprojekt in Berlin vorstellen / Interdisziplinärer Ansatz

Mit viel Erfolg "blau" gemacht

Von 
Martin Tröster
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Stoff wird zum Lehrstoff - und sie ziehen die Fäden: Die Lehrerinnen Hannelore Scheid (links) und Heike Magg. Ihre Schüler lernen dabei auch etwas zu den sozial- und naturwissenschaftlichen Hintergründen der beliebten Beinbekleidung.

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Die meisten Hosen sind gelb. Das gilt nicht nur für Fashion Weeks, die von ohnehin quietschebunten Designern regiert werden. Das gilt für die meisten Hosen dieser Hemisphäre. Die meisten Hosen, das sind Jeans. Und die meisten Jeans, die sind blau. Und damit gelb. Zumindest am Anfang: "Der Farbstoff Indigo macht den Stoff erst mal gelb. Zieht man ihn an die Luft, wird er erst grün und dann blau," erklärt Hannelore Scheid, Lehrerin am Mannheimer Geschwister-Scholl-Gymnasium.

Auch für ihre Schüler sind das faszinierende Einsichten. "Das ist nahe am Alltag dran, das interessiert alle," sagt sie. So sehr, dass sie zusammen mit ihrer Kollegin Heike Magg aus diesem Stoff erfolgreich Lehrstoff stricken konnte. In einem Projekt dürfen nun Schüler einer neunten Klasse im Fach Naturwissenschaft und Technik ein halbes Jahr lang vier Stunden pro Woche Jeansstoff herstellen. "Das fängt mit Pflanzenpflücken an und geht bei gewebtem Jeansstoff weiter", sagt Scheid und hält ein paar Bröckchen grobkörnigen Indigo im Reagenzglas gegen das Licht. Den Farbstoff haben die Schüler aus mühsam ausgerupftem Färberwaid gewonnen. Aber der Aufwand macht den Schülern nichts aus. "Sogar die Jungs weben gerne," sagt Heike Magg und kramt Arbeiten heraus, die in diesem Zwischenstadium noch recht fetzenartig wirken.

Weil in dem Projekt nicht nur Stoffstücke in Indigolösungen, sondern auch die Schüler in die sozial- und naturwissenschaftlichen Hintergründe der Jeansproduktion eintauchen, wurden die beiden Lehrerinnen nun im Rahmen des bundesweiten Wettbewerbs "Science on stage" zum Ende der letzten Woche nach Berlin eingeladen. Auf dem Campus Berlin-Buch tauschten sie sich mit etwa 75 Projekten aus dem Bundesgebiet, die aus über 300 Bewerbungen ausgewählt wurden, über Unterrichtskonzepte in den Naturwissenschaften aus. In Biologie und Geografie lernen die Schüler Wissenswertes zu den Wachstumsbedingungen der Baumwollpflanze, aber auch zu den Umweltproblemen, die das beliebte Beinkleid als ökologischer Fußabdruck mit sich bringt.

Die Lehrerinnen ergänzen sich dabei gut: Heike Magg unterrichtet Biologie und Chemie, ihre Kollegin Geografie, Chemie und Physik, die in der Farbenlehre eine Rolle spielt. Hannelore Scheid sieht in diesem interdisziplinären Ansatz einen Grund für den Erfolg des Projekts und damit auch für die Einladung nach Berlin: "Das Ganzheitliche hat schon einen positiven Effekt bei solchen Wettbewerben." Scheid muss es wissen: Sie sitzt in der Regionaljury von Jugend forscht, einem Wettbewerb für Wissenschaft an Schulen. Auch Magg ist eine Jugend-forscht-Veteranin: Sie hat schon einen Betreuerpreis gewonnen. Die Idee kam den beiden, als sie - die Redewendung kommt von der Indigoverarbeitung - "blau" gemacht haben: in der Freizeit, im Künzelsauer Jeansmuseum. "Wir wussten sofort: Das wär was für unsere Schüler," erzählt Magg.

Für Berlin erhoffen sie sich Anregungen für neue Projekte. "Natürlich freuen wir uns auch, dass wir das jetzt alles weitergeben dürfen. Da stecken viel Zeit, Arbeit und Herzblut drin," sagt Heike Magg. Die Schüler selbst tragen zum Ende des Jahres weder gelbe noch blaue Jeans aus Eigenproduktion. Hannelore Scheid lacht: "Das schaffen wir niemals, das ist alles viel zu aufwendig. Es ist schon viel erreicht, wenn am Ende eine Handytasche rauskommt." Das ginge sogar in Gelb.

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