Mannheim. Die internationale Automobilwelt blickte in den vergangenen Tagen interessiert nach München zur Leitmesse IAA. Autointeressierte in der Region mussten dagegen am Samstag nur die Mannheimer Innenstadt ansteuern, um sich über Neuheiten und Trends der Branche zu informieren. Bei der Messe „Automobil“ verwandelten 18 regionale Autohäuser Planken, Kapuzinerplanken und den Platz vor dem Wasserturm in eine große Automeile, auf der sie rund 170 aktuelle Fahrzeugmodelle - so viele wie noch nie - präsentierten. Dabei gab es auch brandneue Modelle wie die E-Klasse Limousine von Mercedes zu bestaunen.
Obwohl immer mehr Menschen dazu neigen, ihr Mobilitätsverhalten zu überdenken, zeigte das Interesse bei der „Automobil“, dass Autos nichts von ihrer Faszination verloren haben. Und viele Menschen sind einfach darauf angewiesen, etwa Familie Wachter aus Hockenheim: „Als wir noch in der Innenstadt gewohnt haben, brauchten wir kein Auto. Aber wenn ich für eine Strecke mit dem Auto 25 Minuten brauche und mit dem Zug eineinhalb Stunden, ist die Sache ja klar.“
Vorurteil gegen SUV ausgeräumt
Das Ehepaar schaute sich bei der Scherer Gruppe um, die mit mehreren Marken des VW-Konzerns am Wasserturm vertreten war. „Unser Golf ist von 2008. Wir sind hochzufrieden, aber er kann schnell mal kaputtgehen.“ Deshalb wollten sie sich „einen Überblick verschaffen“ - der ihnen neue Erkenntnisse einbrachte: „Ich habe immer die SUVs verflucht, muss aber jetzt zugeben: Der Einstieg ist leichter und man sitzt schon gut.“ Fest steht für beide nur, dass es kein E-Auto wird: „Wir wohnen in einem Mehrfamilienhaus und haben keine Lademöglichkeit.“
Mit dieser Hürde ist das Ehepaar nicht allein, und trotzdem war der Trend am Samstag auszumachen: Die Autos mit vollelektrischem Antrieb werden mehr. Auch das Interesse daran steigt, wie mehrere Händler bestätigten. „Elektroautos sind sehr gefragt, hierzu kommen die meisten Anfragen“, sagte Jessica Hill, Marketingmanagerin der Torpedo Gruppe. Auch kleinere Fahrzeuge seien gefragt. „Wir haben schon einige Probefahrten vereinbart.“ André Gauch, Geschäftsführer von Auto Gauch, sprach von einer Ausgeglichenheit bei Verbrennern und E-Autos, „wobei die Tendenz eher zu Elektro und Plug-in Hybriden geht“. Interessenten stellten häufig Fragen zu Fördermöglichkeiten und den Anschaffungskosten. „Hauptthema ist aber die Reichweite der E-Autos“, berichtete Gauch.
Eine sehr große Bandbreite an Verbrenner- und Elektrofahrzeugen von Mazda und Hyundai zeigte das Autohaus Ivancan. „Der Verbrenner ist nicht ausgestorben“, stellte Geschäftsführerin Tanja Ivancan klar: „Bei den Elektroautos ist die Beratung wichtig, damit die Kunden das Prinzip verstehen.“ Denn bei den neuen Antrieben sei noch eine große Unsicherheit zu spüren. „Die Leute wollen wissen, wie groß die Reichweite ist und wie das Laden funktioniert.“ Um die Skepsis zu nehmen, bot das Autohaus vom Wasserturm aus Probefahrten an, außerdem ein Rahmenprogramm mit einer Kartbahn. Am Nachmittag wurde Handball-Profi Uwe Gensheimer zur Autogrammstunde erwartet.
Am Stand von Toyota informierte sich das Ehepaar Werthmann. Der ausgestellte Mirai, eines von nur zwei erhältlichen Autos mit Wasserstoff-Antrieb, hatte es ihnen angetan. Im Gespräch mit Verkaufsleiter Dominique Stillfried erkundigten sie sich nach Reichweite, Tankstellennetz und Tankvorgang. „Wir wollen uns auf dem Laufenden halten“, erklärte Helge Werthmann. Das Paar hat keine Eile. „Die Kosten sind nicht unerheblich. Es gibt kein großes Niedrigpreissegment bei E-Autos.“
„Sportwagen ziehen immer“
„Wichtig war uns, jedes Antriebskonzept vorstellen zu können“, erklärte Dominique Stillfried aus dem Toyota Zentrum Emil Frey und stellte fest: „Sportwagen ziehen immer. Viele interessieren sich für den Mirai, weil sie ihn noch nie live gesehen haben.“ Für viele nur ein Traum bleiben dürften die drei hochpreisigen Fahrzeuge von Bentley. „Es waren schon viele da, die sich mit den Autos fotografiert haben“, sagte Burbuqe Mahmuti von Bentley Mannheim. „Es gab aber auch zwei, drei Anfragen, die seriös sein könnten.“
Die „Automobil“, veranstaltet von der Werbegemeinschaft City, Event & Promotion und „Mannheimer Morgen“, ist nicht mehr nur eine reine Automesse. Die Trends E-Bike und Caravan waren am Paradeplatz gefragt. „Ich komme nicht mehr aus den Gesprächen raus“, sagte Florian Nord vom E-Bike Center Schreiber. „Der Trend geht klar zum E-Bike. Grundsätzlich ist das für alle Altersklassen geeignet.“ Bei Ahorn Camp stießen die Camper auf Interesse. „Der Boom ist noch vorhanden, aber die Kunden gehen jetzt bedachter an die Sache ran“, stellte Jan Kiy fest. Während der Corona-Pandemie hätten viele Kunden Notkäufe getätigt, aus Angst, leer auszugehen. „Jetzt wird erst geliehen und getestet und dann gekauft.“
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