„Hundeprofi“ Martin Rütter kommt wieder nach Mannheim. Am Freitag präsentiert der TV-Experte in erneut sein Programm „Freispruch“ in der SAP Arena. Dort hat ihn Komiker Bülent Ceylan schon einmal schwer gefoppt, wie Rütter im Interview mit dem „MM“ erzählt.
Herr Rütter, wie groß war denn der Proteststurm nach Ihrem Silvester-Tipp, ängstliche Hunde mit Eierlikör zu beruhigen?
Martin Rütter: Minimal. Ich empfehle das auch seit zehn Jahren, nach der Devise - Achtung, Wortwitz! - „steter Tropfen höhlt den Stein“.
Keine empörten Mails mehr?
Rütter: Wenn mir 200 Leute schreiben „Der Rütter ist nicht ganz dicht im Kopf!“, schreiben mir 2000: „Das war das erste Mal, dass mein Hund an Silvester gut geschlafen hat.“
Geht auch anderer Alkohol?
Rütter: Theoretisch ja, aber wir haben mit einer kleinen Menge Eierlikör gute Erfahrungen gemacht.
Allzu viel sollte es wohl nicht sein?
Rütter: Natürlich nicht! Die Dosis hängt vom Gewicht ab. Ein 30-Kilo-Golden-Retriever nimmt keinen Schaden, wenn Sie ihm einmal im Jahr ein Schnapsglas Eierlikör geben. Dann schläft er wunderbar.
Unser Hund hat schon Tage vor und Tage nach Silvester Panik.
Rütter: Dann ist Eierlikör nichts für ihn. Sie wollen Ihren Hund ja nicht zum Alkoholiker machen! Für viele ist die Böllerei in den Tagen vorher und nachher in der Tat noch schlimmer. Ich rate daher immer, Hunde in dieser Zeit nur an der Leine zu führen. Da kann überall ein Jugendlicher stehen und plötzlich einen Kanonenschlag zünden.
Was ist, wenn der Hund in dieser Zeit an der ersten Ecke pinkelt und direkt heim will? Sollte man ihn zu einer größeren Runde zwingen?
Rütter: Bloß nicht! Wenn das Tier so gestresst ist, tut man ihm damit keinen Gefallen. Dann wird sich seine Angst nur noch verfestigen. Besser beschränkt man die Gassigänge in dieser Zeit auf das Allernötigste.
Die wachsende Kritik an Silvesterfeuerwerken begrüßen Sie sicher?
Rütter: Absolut. Das ist ja nicht nur für Hunde eine Katastrophe. Ich wohne neben einem Reiterhof. Was meinen Sie, was hier los ist, wenn die Raketen fliegen? Von Wildtieren oder Vögeln ganz zu schweigen.
Also die Knallerei besser verbieten?
Rütter: Ja. Mein Vorschlag: Warum macht man statt Feuerwerk nicht an zentralen Punkten der Städte große Lasershows mit Musik? Das wäre doch ein guter Kompromiss!
Unser Hund wäre froh. Dem hätten wir übrigens gerade fast versehentlich vegetarische Leckerli gekauft. Was halten Sie davon?
Rütter: Wenn er davon mal eines bekommt, fällt er nicht tot um. Auch mit gewissen Früchten kommt er ja klar. Aber generell ist rein vegetarische oder vegane Nahrung für Hunde totaler Quatsch. Das sind Fleischfresser, die werden krank davon.
Dennoch scheint das ein zunehmender Trend zu sein . . .
Rütter: . . . weil viele ihren Hund viel zu sehr vermenschlichen. Sie glauben, ihre Ernährung müsse auch für ihn gut sein. So ein Unfug! Bei anderen Tieren macht man das doch auch nicht. Ich kenne niemanden, der gern Bratwürste isst und deshalb seinen Hamster damit füttert.
Solche Hundehalter kämen in Ihrem Programm „Freispruch“, das Sie am Freitag in der SAP Arena zeigen, auf die Anklagebank?
Rütter: So ist es. Dieses Programm ist dadurch entstanden, dass ich in den vergangenen 25 Jahren immer mehr das Gefühl bekommen habe, der Anwalt der Hunde zu sein. Die Leute kommen mit Tieren zu mir, die angeblich gestört sind. Dabei sind sie es, die sich falsch verhalten. In meiner Show lese ich Anklageschriften gegen Hunde vor. Am Ende lasse ich das Publikum als Geschworene abstimmen: Freispruch oder Tierheim. Das Ergebnis ist immer eindeutig.
Wobei vermutlich auch einige Täter im Publikum sitzen, oder?
Rütter: Ich sage zu Beginn: Schuld ist nie der Hund. In zweieinhalb Stunden wisst ihr, wer Schuld ist. Dann lachen die schon. Eigentlich wissen wir ja alle, wie es ist.
Hundehaltern ihre Schuld vor Augen zu führen, scheint Ihrem Programm nicht zu schaden. In Mannheim ist „Freispruch“ nun zum zweiten Mal zu sehen. Wieso?
Rütter: Meine Programme laufen immer zweieinhalb Jahre. Da sind große Städte am Anfang und noch mal am Ende dran. Manche, denen es beim ersten Mal gut gefallen hat, gehen auch noch ein zweites Mal hin und bringen jemanden mit.
Verbinden Sie besondere Erinnerungen mit Mannheim?
Rütter: Oh ja, an Bülent Ceylan. Der hat Angst vor großen Hunden. Ich sollte ihm mal für einen Dreh erklären, wie die Tiere funktionieren. Da habe ich ihm nur Schwachsinn beigebracht: im Zickzack wegrennen, wenn der Hund näher kommt, sich auf den Boden werfen, um sich das Gesicht ablecken zu lassen, und, und, und. Immer das Gegenteil von dem, was stimmt. Dann habe ich ihn mit von mir bestellten Hunden auf der Neckarwiese richtig gefoltert.
Wie hat er reagiert?
Rütter: Was ich nicht wusste: Das hatte mein Team mit ihm nur als Vorgeplänkel vereinbart, um mich an dem Abend in der SAP reinzulegen. Ich habe in meiner Show große Hundepuppen. In eine schlüpfte in der Pause Bülent rein. Erst machte er hinten von mir unbemerkt Quatsch. Dann stand er plötzlich auf und tanzte auf der Bühne rum. Ich habe ihm schließlich den Deckel vom Kostüm genommen - als da auf einmal Bülent stand, war in Mannheim natürlich die Freude groß.
Ist er auch am Freitag dabei?
Rütter: Sie werden lachen: Jedes Mal, wenn ich nach Mannheim komme, rufe ich ihn vorher an - um herauszufinden, ob er gerade in der Stadt ist und ich mir Sorgen machen muss. Aber das ist zwischen uns nur Geflachse, wir mögen uns wirklich sehr.
Das ist als Erlebnis zwar schwer zu toppen, aber verbinden Sie noch mehr mit Mannheim?
Rütter: Offen gestanden: nein.
Dann zum Schluss noch zu einem ernsteren Thema: Hier in Baden-Württemberg wurde kürzlich ein Pilotprojekt gestartet, Opfern den Auftritt im Gerichtssaal zu erleichtern, indem man ihnen große Hunde mitgibt. Gute Idee?
Rütter: Wenn man mit den Hunden den Betroffenen nur ein Gefühl der Sicherheit vermitteln und die Täter gleichzeitig einschüchtern will, finde ich das nicht gut. Geht es aber darum, die Opfer spüren zu lassen, da ist jemand vorbehaltlos an der Seite, der dich begleitet und vor dem du keine Scham haben musst, dann kann das sehr sinnvoll sein.
In Freiburg werden Hunde mittlerweile auch im Strafvollzug eingesetzt, indem man Gefängnisinsassen ermöglicht, mit ihnen Gassi zu gehen. Was halten Sie davon?
Rütter: Das finde ich sehr sinnvoll. Ich habe vor Jahren schon mal ein Konzept für das Nürnberger Gefängnis entworfen, Sträflinge in der Hundeausbildung einzusetzen. Das ist dann an den Kosten gescheitert. Sehr bedauerlich. Selbst jemand, der immer nur Randale gemacht hat, kann unheimlich verantwortungsvoll werden, wenn man ihm die Verantwortung für ein Tier überträgt. Das sieht man auch an Obdachlosen, die unheimlich fürsorglich mit ihren Hunden umgehen. Die sind für sie oft der letzte Strohhalm. Tiere können da Enormes leisten.
Bekannt aus dem Fernsehen
- Martin Rütter, Jahrgang 1970, ist in Dortmund geboren. Seine große Leidenschaft war Fußball, nach dem Abi studierte er in Köln Sportpublizistik.
- Auch für Hunde interessiert er sich „seit früher Jugend“. 1992 befasste sich Rütter bei einem Australienaufenthalt eingehend mit Dingos.
- Später sattelte er auf Tierpsychologie um und gründete nach Abschluss seines Studiums in Köln sein „Zentrum für Mensch und Hund“.
- Dort hat Rütter nach eigenen Angaben bereits mehr als 190 Hundetrainer ausgebildet. Daraus sei ein Netzwerk von mehr als 100 Hundeschulen (auch in Österreich, der Schweiz und in Südtirol) entstanden.
- Seit 2003 ist er in diversen TV-Formaten zu sehen, das bekannteste ist „Der Hundeprofi“ auf Vox.
- Für seinen Auftritt in der SAP Arena am Freitag um 20 Uhr gibt es noch Restkarten (ab 45 Euro) an allen bekannten Vorverkaufsstellen sowie eventuell an der Abendkasse.
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