Mannheim. Mit dem großen Formel-1-Zirkus können sie natürlich nicht ganz mithalten, die Rennautos der Teams Cure der DHBW und Delta Racing der Technischen Hochschule Mannheim. Das soll die Leistung aber keineswegs schmälern. Ganz im Gegenteil: Denn es steckt eine Menge Ingenieurskunst in den kleinen Flitzern, die die Studierenden im vergangenen Jahr selbst konzipiert, entwickelt und angefertigt haben. Bei den Rollouts, den Präsentationen der Fahrzeuge, wird das mehr als deutlich. Nun treten die Teams mit ihren Boliden bei der diesjährigen Formula Student an, dem weltweit größten Konstruktionswettbewerb für Studierende.
Anders als in der Formel 1 geht es bei der Formula Student aber nicht nur um Geschwindigkeit und fahrerisches Können. Das ist zwar auch wichtig, allerdings nicht alles. Vielmehr dreht es sich um einen ganzheitlichen, interdisziplinären Ansatz. Die Studierenden kommen aus allen möglichen Fachrichtungen zusammen und müssen nicht nur ein Auto auf die Straße bringen, sondern ein Gesamtpaket auf die Beine stellen. Es gilt nicht nur am Motor und der Aerodynamik zu tüfteln, sondern es müssen auch Geschäfts- und Marketingstrategien entwickelt werden, die ins Gesamtergebnis miteinfließen. Das Auto, ein einsitziger Formel-Rennwagen, der mit viel Fleiß, Leidenschaft und Wissen über das Jahr hinweg entwickelt wird, ist aber der ganze Stolz der Studierenden.
Rennteam Cure der DHBW Mannheim schickt Monicar auf die Strecke
Beim DHBW-Team Cure ist das in dieser Saison der elektrobetriebene CM-25x. Besser gesagt: Monicar, wie das Auto getauft wurde. Das kann sowohl mit Fahrer als auch autonom fahren und soll sich bei den Wettbewerben in der Schweiz (11. bis 16. Juli), Tschechien (4. bis 9. August) und auf dem Hockenheimring (18. bis 24. August) beweisen. „Zwei sehr große Konzeptänderungen“ hatte sich das Team für diese Saison vorgenommen, sagt Jakob Graf, Leiter der Technischen Abteilung bei Cure. So wurde zum einen der bisherige Heckantrieb durch einen Allradantrieb mit Radnabenmotor ersetzt.
Doch insbesondere die Umstellung auf ein Monocoque-Chassis, also ein einteiliges, geschlossenes Fahrgestell, hat Cure vor Herausforderungen gestellt, nachdem das Team bislang auf einen Gitterrohrrahmen gesetzt hatte. „Das war der größte Entwicklungsschritt in diesem Jahr“, sagt Niclas Wohlfahrt, Leiter des Chassis-Teams bei Cure. Die Entwicklung habe über die vergangenen Jahre stattgefunden. Mit dem Monocoque einhergingen „vollständig neu entwickelte und gefertigte Bauteile“, erklärt Wohlfahrt weiter. Hierzu gehöre unter anderem, dass Monicar eine neue Nase bekommen hat, also einen neuen Frontflügel.
Das aufwendige Projekt habe sich aber „definitiv gelohnt“, ist sich Wohlfahrt sicher. Denn mit dem Monocoque sei das Fundament für die Zukunft gebaut worden. „Wir können über mehrere Jahre unsere Masse des gesamten Chassis und dadurch auch des Fahrzeugs deutlich reduzieren“, nennt er einen Vorteil des neuen Fahrgestells. „Damit wir uns weiterentwickeln können, zu den führenden Teams ein bisschen aufholen können und bald auch ganz oben mitspielen“, gibt Wohlfahrt die Richtung vor, die Monicar einschlagen soll.
Delta Racing der Technischen Hochschule Mannheim geht mit Elke ins Rennen
Das Team Delta Racing der Technischen Hochschule dagegen ist nach nur einem Jahr den Weg von einem Monocoque zurück zum Gitterrohrrahmen gegangen. „Ein wichtiges Learning aus der letzten Saison“ sei der Schritt gewesen, sagt Teamleiter Thomas Pinger bei der Vorstellung des Rennwagens DR25-E, der den Namen Elke trägt. Der Gitterrohrrahmen ermögliche einen besseren Zugang zu den kritischen Bauteilen, erklärt er den Grund für das Umdenken im Team.
Zudem hat Delta Racing am Akku gefeilt, der nun kleiner ausfällt als beim Vorgängermodell. Dies gehe zwar auf Kosten der Maximalgeschwindigkeit. Dafür sei Elke, die in Spanien (4. bis 10. August) und ebenso wie Monicar beim Heimspiel auf dem Hockenheimring am Start sein wird, aber leichter und agiler. Das Auto erreicht übrigens eine Höchstgeschwindigkeit von 103 Kilometern pro Stunde, die bei den Wettbewerben in der Regel aber nicht erreicht wird. Von 0 auf 100 schafft es Elke in 2,7 Sekunden.
Die bedeutendste Neuerung an dem elektrobetriebenen Boliden ist aber die Implementierung des Driverless-Systems. Erstmals kann ein Rennwagen von Delta Racing somit auch autonom seine Runden drehen. „Das ist für uns ein großer Schritt in eine noch modernere Richtung. Etwas, worauf wir stolz sein können“, sagt Pinger. Ein „Meilenstein“ sei es für das Team im Herbst des vergangenen Jahres gewesen, als „das System zum ersten Mal tatsächlich erkennen konnte, wie die Hütchen positioniert sind und die Fahrtroute gewählt werden muss“.
Das Ganze funktioniert aufgrund der am Wagen verbauten LiDAR-Technik, was für „Light Detection and Ranging“ steht, erläutert Aurelio Strazzeri, der bei Delta Racing für das Driverless-System verantwortlich ist. „Der scannt einmal sein ganzes Sichtfeld ab, mit mehreren Lasern. Vereinfacht gesagt: Wir schießen Laserstrahlen raus und gucken, wie lange die gebraucht haben, um zurückzukommen und können dann sagen, wie weit weg der Punkt vom LiDAR ist“, erklärt Strazzeri für den Laien, wie das Auto Hindernisse erkennt und daraufhin in der Lage ist, seinen Weg selbst zu finden. Auf rund 65.000 Zeilen Code kommt die dafür geschriebene Software. „Das ist schon sehr ausgereift, was da auf die Beine gestellt wurde“, sagt Strazzeri.
Formula Student: Punkte nicht nur fürs sportliche Abschneiden
Wie ausgereift das ist, wird sich bei den Wettbewerben zeigen. Dann müssen sich sowohl Elke als auch Monicar mit ihren Teams in verschiedenen Kategorien beweisen, um möglichst viele Punkte für das Gesamtergebnis zu ergattern. Zunächst werden die Fahrzeuge abgenommen und auf Sicherheit geprüft. Parallel dazu stehen die sogenannten Static Events an. Einerseits wird das Auto hierbei von einer Jury technisch genau unter die Lupe genommen. Kritische Fragen bleiben dabei nicht aus. Andererseits stellen die Teams ihre Businesspläne vor. Auch zu den Themen Kostenbewusstsein und Effizienz müssen sie sich erklären.
Nur wenn die Teams die technische Abnahme und die Static Events bestehen, dürfen sie bei den Dynamic Events antreten – das große Ziel beider Teams. Somit würde es für Monicar und Elke also endlich auf die Strecke gehen und sie könnten zeigen, was sie draufhaben. Mehrere Disziplinen würden dann anstehen. Beim Beschleunigungsrennen geht es etwa darum, auf 75 Metern die schnellste Zeit zu erreichen. Die wichtigste Disziplin ist das Langstreckenrennen über 22 Kilometer.
„Vielleicht sind andere besser“, sagt Klaus Beck, Prorektor für Studium, Lehre und Nachhaltigkeit an der Technischen Hochschule. „Aber der Rennwagen ist jetzt schon ein Sieger“, fügt er an. „Weil er einfach zeigt, was wir gemeinsam mit Leidenschaft, Wissen und Kompetenz erreichen können. Das ist eine ganz große Leistung“, begründet Beck. Worte, die sich nicht nur Delta Racing, sondern auch das Team Cure auf die Fahnen schreiben kann.
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