Trip nach Cap d‘Agde (mit Video)

Mannheimer Stadtrat Ferrat bisher zufrieden mit „Swinger-Bildungsreise“

Für seine Reise in ein FKK-Swinger Ressort hat der Mannheimer Stadtrat Ferrat ein „Bildungsprogramm“ zusammengestellt. Den „romantischen Filmabend im Porno-Kino“ gab es schon.

Von 
Steffen Mack
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Mannheims Stadtrat Julien Ferrat (Wählervereinigung „Die Mannheimer“) liegt am Ufer der Friesenheimer Insel. Hier organisierte er ein Trainingscamp für die FKK-Swinger-Reise nach Südfrankreich. © Uwe Anspach/dpa

Mannheim. Am Montagmittag geht Julien Ferrat nicht ans Telefon. Das ist ungewöhnlich für den Einzelstadtrat der selbst gegründeten Wählerinitiative „Die Mannheimer“. Doch in einem FKK-Swinger-Ressort ist es vielleicht ja auch nicht einfach, sein Handy einzustecken. Weit weggelegt hat er es jedenfalls nicht. Schon eine halbe Stunde später meldet er sich per WhatsApp und beantwortet die gestellten Fragen.

Alle der rund 30 am Samstag Abgereisten seien heil im knapp 1000 Kilometer entfernten Cap D’Adge angekommen, schreibt Ferrat. „Nachdem jetzt alle Kinderkrankheiten beseitigt wurden (jeder seinen korrekten Schlafplatz hat und niemand unabgesprochen das Bett eines anderen okkupiert hat), ist die Stimmung entspannt.“ Die ersten Punkte ihres Bildungsprogramms wurden auch schon absolviert. So berichtete in dem südfranzösischen Domizil angeblich eine „Monja“, vorgestellt als Leitende Angestellte des Weinheimer Swingerclubs „Quicky“, was einen bei einer „Gang Bang Party“ erwartet. Am Sonntagabend folgte eine „romantische Filmvorführung im Porno-Kino“.

Für die neun Tage hat Ferrat insgesamt 27 Programmpunkte zusammengestellt. Sie sollen den „Bildungscharakter“ der Tour veranschaulichen, mit dem der 32-Jährige die Einladung – bezahlen müssen die Reise aber alle selbst – im städtischen Amtsblatt verteidigte. So gibt es am Ende eine Gruppendiskussion zum Thema: „Was kann die Stadt Mannheim von der Stadt Adge lernen?“ Eine Frage, die außer dem Einzelstadtrat zwar bisher noch niemand gestellt hat. Der FKK- und Swinger-Fan beantragte jedoch schon mehrfach vergeblich im Gemeinderat, hier ähnliche Angebote zu schaffen.

Teilnehmer vor Reise ins FKK Ressort: „Bildungsprogramm? Es gibt ein Bildungsprogramm?“

Auch nicht für alle der rund 20 Männer und acht Frauen, die ihn begleiten, scheint dieser Aspekt zentral zu sein. Das zeigt sich bei einem Treffen am Freitagabend im Mannheimer Rathaus. Der „MM“ fragt vier etwas abseits vor dem Pförtnerhäuschen sitzende Männer (mittleren bis noch reiferen Alters), auf welchen Punkt im Bildungsprogramm sie sich am meisten freuen.

"Get together" vor der Abreise mit Julien Ferrat (hinten in der Mitte) im Mannheimer Rathaus. Die meisten wollten sich nicht fotografieren lassen. © Steffen Mack

„Bildungsprogramm? Es gibt ein Bildungsprogramm?“, ruft einer. Es klingt nicht begeistert. Ferrat schüttelt tadelnd den Kopf. „Du hast wieder deine WhatsApps nicht gelesen.“ Dann schauen die Vier gemeinsam aufs Programm. Einer erschrickt über „Besuch der FKK-Sportanlage (mit sportlicher Betätigung)“. Bei 30 Grad mache er das nicht mit. Nach möglichen Sportarten gefragt, zählt Ferrat etwa Tennis, Basketball und Volleyball auf. Letzteres könnten sie sich zur Not vorstellen, beschließen die Männer nach kurzer Diskussion. Auf einen Lieblingsprogrammpunkt haben sie sich mittlerweile ebenfalls verständigt: einen dreistündigen Tantra-Workshop.

Auf der anderen Seite sitzt noch ein Teil der Gruppe, der ebenfalls mehrheitlich aus Männern besteht. Darunter ist auch ein schweigendes Pärchen. Laut Ferrat sind insgesamt sechs Paare dabei, die anderen reisten individuell an. Zwei weitere Frauen sind ebenfalls schon da, eine erzählt, sie wohne in Mainz. Ferrat habe sie voriges Jahr am Mannheimer Hauptbahnhof kennengelernt, später seien sie zusammen schon mal in Cap D‘Adge gewesen. Sie freue sich zwar nun auf die Rückkehr. Auf die Frage, wie ihr die Gruppe gefalle, zeigt sie sich jedoch noch unsicher.

Dann geht es hoch ins Rathaus in einen Konferenzraum. Außer dem „MM“ ist noch ein Kameramann der Deutschen Presse-Agentur da, er filmt beim Nach-oben-Gehen. Aber nur diejenigen, die dazu bereit sind. Mit Ferrat aufs Bild für die Zeitung wollen die meisten lieber nicht.

Auch ein 44-jähriges „Erotik-Model“ ist bei der FKK-Reise von Julien Ferrat dabei

Nach einer halben Stunde macht sich das starke Gefühl bemerkbar, genug gesehen und gehört zu haben. Der Kameramann bleibt noch, er ist vor allem wegen „Mimi“ hier. So nennt sich eine verspätete 44-Jährige aus Rheinland-Pfalz. Ende Juni, als Ferrat mit einem Teil seiner Truppe ein „Trainingslager für Outdoor-Sex“ auf der Friesenheimer Insel absolvierte, schickte er danach von ihr als einziger Teilnehmerin ein Foto. Ihrem Umfeld sei bekannt, dass sie als „Erotik-Model“ arbeite. Und im Internet gebe es von ihr „noch ganz andere Bilder“.

«Mimi», Teilnehmerin einer FKK-Swinger-Reise, sitzt kurz vor der Abreise ins französische Cap d’Agde mit ihrem Koffer im Mannheimer Rathaus. © Uwe Anspach/dpa

Als „Mimi“ schließlich im Rathaus auftaucht, hat sie – wie vom Kameramann erbeten – ihren Koffer mitgebracht, mit dem sie fürs Foto posiert. Bei näherer Betrachtung fällt ein vermeintlicher Snickers-Aufkleber auf, bei dem das „Sn“ durch ein „F“ ersetzt wurde. Sie freut sich nach eigenem Bekunden ebenfalls am meisten auf den dreistündigen Tantra-Workshop.

Wer erst jetzt von einer Polarexpedition nach Hause gekommen ist: Mit seiner „Swinger-Bildungsreise“ hat Ferrat einen unfassbaren Siegeszug durch die Boulevardmedienwelt gefeiert. Nach seinen Angaben, er dokumentiert in seinen Pressemitteilungen jede Fundstelle, wurde mittlerweile auf sechs Kontinenten berichtet. Das dürfte jetzt weitergehen. Kostprobe: Ein ntv-Kolumnist textete am Sonntag vom „Ficki-ficki-Stadtrat, der nicht den Schwanz einzieht“. Auf die Frage, wie ihm das gefällt, antwortet Ferrat am Montag: „Wer polarisiert, muss auch einstecken können. Die Pressefreiheit ist in Deutschland ein hohes Gut.“

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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