Erinnerungsstücke

Mannheimer Sportfan schenkt seine Schätze her

Wolf Wollstadt hat jede Menge Ordner über Mannheimer Vereine und Aktive angesammelt, jetzt sucht er Abnehmer – „damit sie nicht auf dem Müll landen“

Von 
Steffen Mack
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Wolf Wollstadt mit einem Autogramm von Elisabeth Seitz. Mit der Turnerin verbindet ihn ein besonderes Erlebnis. Aber noch mehr ist Fußball sein Sport, rechts ein Ordner mit Tabellen. © Steffen Mack

Mannheim. Wolf Wollstadt bittet im roten Shirt in seine Wohnung. Vorne prangt das Logo „Mannheim2“. Hinten stehen die Hockeyvereine TSV und MHC drauf. Es ist von der Endrunde 2010 in Berlin, als beide – einmal die Damen, einmal die Herren – Deutscher Meister wurden. „Das war eines meiner schönsten Sportereignisse überhaupt.“ Aus dem Küchenregal holt er einen Becher mit Unterschriften aller Spielerinnen. Dabei kam der 77-Jährige – eine von vielen ulkigen Anekdoten, die er in den rund eineinhalb Stunden erzählt – nur zufällig zum Hockey. „Am Fernmeldeturm hatte ich einen Platten mit dem Fahrrad.“ Er habe einen Bekannten telefonisch um Hilfe gebeten und sich die Wartezeit mit Blicken auf die benachbarte TSV-Sportanlage vertrieben. „Da lief ein Damenspiel. Das hat mir gefallen!“ Daraufhin habe er sich näher mit diesem Sport befasst, auch auf der gegenüberliegenden Neckarseite beim MHC.

Eigentlich hat der Feudenheimer, der früher hauptberuflich im Auftrag der US-Armee Familienangehörigen Jobs vermittelte, einen anderen Lieblingssport: „Der Mannheimer Fußball gehört mit zu mir!“ Als Kind habe er bei Heimspielen des VfR, damals in der höchsten Spielklasse und im Stadion an der Brauerei in der Neckarstadt, auf die Mannschaften gewartet. „Wir haben den Spielern die Taschen reingetragen. Zum Dank haben sie unsere Autogrammbücher mitgenommen und in der Kabine von allen unterschreiben lassen.“

Eintrittskarte für das erste Spiel 1994 im neu gebauten Carl-Benz-Stadion. © Privat

Alle Abschlusstabellen archiviert

Die Leidenschaft für Sport und Sammeln war geweckt. Übers Wochenende habe er später meist drei, vier Spiele im Fußballkreis Mannheim gesehen, erzählt Wollstadt. Auch in Heddesheim, wo er zwischenzeitlich lebte. Dort wie hier habe er enge Bindungen zu den Vereinen. Zudem archivierte der frühere freie „MM“-Mitarbeiter fleißig alles, was er interessant fand. Davon zeugt ein dicker Ordner vor ihm mit der Aufschrift „Mannheimer Fußballer – Abschlusstabellen 91/92 bis aktuell“.

Eines der vielen Fotos an den Wänden zeigt Wollstadt Arm in Arm mit Trainerlegende Klaus Schlappner. „Das war der Dank dafür, dass ich ihm zum 75. Geburtstag Ordner mit allen ,MM’-Artikeln geschenkt habe, die in den sieben Bundesliga-Jahren über den Waldhof erschienen sind.“ Damals hatte er eine Dauerkarte für die Blau-Schwarzen. Nur in der letzten Erstliga-Saison nicht mehr. „Mir hat der Fußball, den die Trainer nach Schlappner spielen ließen, immer weniger gefallen.“

Aber als das Carl-Benz-Stadion am 25. Februar 1994 eingeweiht wurde, war Wollstadt natürlich wieder mit dabei. Er zeigt eine Eintrittskarte vom ersten Spiel, dem Zweitliga-Duell gegen Hertha (2:2). Später führt er in den Keller, dort lagern in zwei Regalen noch unzählige weitere Erinnerungsstücke. Und jetzt – der Grund für dieses Treffen – möchte er all seine Schätze loswerden. „Damit sie nicht eines Tages auf dem Müll landen.“ Er fühle sich zwar zum Glück noch ziemlich fit, aber 77 sei natürlich schon ein gewisses Alter. Daher wolle er seine Sammelordner, einzeln oder in größeren Mengen, interessierten Privatleuten und Vereinen schenken. An den ASV Feudenheim habe er schon manches abgegeben. Bei Interesse möge man ihm einfach eine Email schicken, Adresse: wo_wo@freenet.de.

Zwischendurch kommt seine Frau Karina zum Gespräch hinzu. Auf die Frage, ob sie auch so sportbegeistert sei wie ihr Mann, nickt sie tapfer lächelnd. Sie setze sich mit ihm vor den Fernseher, wenn er Fußball sehe. Das kommt nicht selten vor – in der vergangenen Saison hat er auf Magenta nur ein Waldhof-Auswärtsspiel verpasst. Wegen einer VdK-Sitzung, da ist er im Vorstand.

Meterweise im Keller

Der Schriftverkehr des Sozialverbands füllt im Keller ebenfalls meterweise Ordner. Ebenso noch mehr Sportarten als Feldhockey und Fußball. So zeigt er einen Schnellhefter über Leichtathletin Maleika Mihambo. Und zu Turnerin Elisabeth Seitz hat der 77-Jährige auch eine seiner wunderbaren Anekdoten parat. Auf dem Weg zur Reha-Gymnastik habe er vor Sportomed mal ein Notizbuch gefunden, verloren von der damals 16-jährigen Ludwig-Frank-Gymnastin. Hat er reingeschaut? „Aber natürlich“, ruft Wollstadt entrüstet über die blöde Frage, „wer macht das denn nicht?“ Nur so habe er ja herausfinden können, wem das Büchlein gehöre, und es dann natürlich zurückgegeben. Seitz bedankte sich mit einem Autogramm unter einem schönen großen Porträtfoto.

Wollstadt hat auch ein Autogramm von jemanden außerhalb des Sports, der normalerweise nie welche gibt. Den damals 17-Jährigen aus Wallstadt lernte er bei einem Schulband-Konzert kennen. Er überredete den Jungen („der war ganz bescheiden und wollte das erst nicht“) für den „Feudenheimer Anzeiger“ zu einem Interview. Es sollte Xavier Naidoos erstes sein. Neun Jahre später, als der bereits berühmt war, gab Wollstadt einem gemeinsamen Bekannten eine Kopie davon mit. Verbunden mit der Frage, ob sich Naidoo noch an ihn erinnere.

Die Antwort bekam er handschriftlich auf dem Blatt mit dem Interview: „Lang, lang ist’s her. Dein Xavier meldet sich hiermit zur Stelle. Alles Gute!!!“ So indiskutabel und verurteilenswert der spätere Werdegang des Sängers sei, stehe eines fest, sagt Wollstadt: „Auf den Menschen, den ich als 17-Jährigen kennengelernt habe, lass’ ich nichts kommen.“

Rad voller Vereinssticker

Man könnte wohl noch viele Stunden bei Wollstadt in seiner gemütlichen Küche sitzen, ohne sich zu langweilen. Aber irgendwann ist dann doch Zeit zu gehen. Er begleitet einen nach unten, vor dem Haus will er noch sein Fahrrad zeigen. Es ist quasi gepflastert mit Aufklebern ruhmreicher Vereine, nicht nur aus der Region: Dresden, HSV, Bremen 1860 und, und, und. Manche sind etwas verblichen, aber das Rad ist top in Schuss. Wie alles bei Wollstadt..

Redaktion Steffen Mack schreibt als Reporter über Mannheimer Themen

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